Rendezvous mit Mr Darcy
Jacke vom Leib riss, sie über die Schultern von Grace legte und vorsichtig ihre Brust bedeckte.
Fische denken, aber nicht schnell genug , dachte Chloe. Sie hob die auseinandergefallene Kartoffel von ihrem Schoß und flüsterte Henry zu: »Und, was sagt das Ihrer Meinung nach über ihren Charakter aus?«
Henry antwortete nicht, sondern winkte einen der Diener herbei, um Chloes Kartoffel abzutragen. Es war, als würde Grace gar nicht existieren.
Diese schlang Sebastians Jacke um sich und eilte zusammen mit ihrer Anstandsdame hinter einen bemalten Paravent am anderen Ende des Raums. Sie hatte es geschafft, das Versagen eines strategischen Kleidungsstücks zu inszenieren, was nicht so bald in Vergessenheit geraten würde. Alle Frauen hatten in den vergangenen Tagen darüber gescherzt, wann ihre Mieder wohl einmal nach unten rutschen würden, doch nichts dergleichen war je passiert. Chloe schüttelte den Kopf. Grace musste ihr Korsett mit einer Schere bearbeitet haben, um dieses Kunststück zu vollbringen. Nachdem alles wieder eingepackt war, führte Sebastian Grace zu ihrem Platz am Tisch.
Sowohl Sebastian als auch Henry hatte der Vorfall die Röte ins Gesicht getrieben, und sie sprachen fast über die gesamte Länge des Tischs hinweg nur über den Wein.
Gillian sah Grace mit zusammengekniffenen Augen an.
Grace hielt ihr Weinglas hoch ins Kerzenlicht. »Er hat einen großartigen Körper, finden Sie nicht auch?«
Chloe hob ihr Glas. »Ja, aber er ist eher flach im Abgang.«
Gillian lächelte.
Könnte sie doch nur das Bild der Brust von Grace aus ihrem Kopf bekommen – und aus dem von Sebastian.
Ein Diener schwenkte eine Platte mit einem Fasan darauf, einschließlich dessen purpurnem Gefieder, ringsherum gebratene Hasen, deren pelzige Köpfe wieder angefügt worden waren.
»Besteht noch Hoffnung auf das, was wir in Amerika ›Salat‹ nennen?«, flüsterte Chloe zu Henry.
»Wie Sie wissen, ist so etwas schädlich für Ihre Verdauung, und Tomaten sind giftig.«
Chloe hatte keine Spitze parat, mit der sie hätte zurückschießen können. Sie war überrascht und beeindruckt von seiner Kenntnis des englischen Regency. Aber vielleicht konnte sie, statt mit ihm über Belanglosigkeiten jener Zeit zu sprechen, Informationen über Sebastian erlangen. »Sie haben völlig Recht mit dem Salat. Wie komme ich nur auf so einen Gedanken? Vielleicht können Sie mich aber im Hinblick auf ein anderes Thema aufklären: Ihren Bruder. Geht er wirklich gerne jagen?«
Henry legte sein Messer hin. »Die meisten Gentlemen vom Land jagen und fischen, Miss Parker, und tun dies sowohl aus Gründen des Zeitvertreibs als auch zur Beschaffung von Essen, doch hört es sich bei ihm nach mehr an, als tatsächlich dahintersteckt.«
» Bon appétit «, verkündete Grace. Sie legte sich eine Scheibe Hasenfleisch auf den Teller.
»Wollen Sie damit etwa andeuten, dass sein Verhalten mit Machismo zu tun hat? Ist Ihr Bruder übermäßig um sein Bild als Mann besorgt?«, fragte Chloe.
»Mir war weder klar, dass amerikanische Erbinnen mit spanischen Wörtern wie Machismo vertraut sind, noch dass sie wie Journalisten in listiger Fragestellung geschult worden sind.«
Chloe wand sich in ihrem Stuhl. Es würde nicht einfach sein, aus Henry Informationen herauszubekommen, doch war es die Mühe wert. Außerdem machte es Spaß, sich mit ihm zu kabbeln. Dennoch beruhigte es sie zu wissen, dass Sebastian übertrieb, was sein Jagdkönnen betraf, um die Frauen zu beeindrucken. Immerhin musste er dem Ruf eines Gutsherrn des Regency gerecht werden.
Sebastian stand auf, und sämtliche Blicke wanderten zu ihm hinüber. »Nun, Bon appétit , und ich möchte alle Damen, und natürlich auch Henry, zu einer Scheinfuchsjagd am Sonntagmorgen um neun Uhr einladen. Meine Damen, machen Sie sich keine Sorgen, wir werden keinen echten Fuchs jagen.«
Chloe schaute hinüber zu den Fenstern. Der Fuchs war Nebensache. Diese Einladung bedeutete, dass sie im Damensattel reiten musste, was zweifelsohne eine weitere Aufgabe dieser Reality-Show darstellte, bei der es Vielseitigkeitspunkte zu gewinnen gab, die, falls nicht daran teilgenommen wurde, dazu führen konnte, dass man den Wettbewerb verlassen musste.
Julia wippte förmlich auf ihrem Stuhl hin und her, und ihre Anstandsdame schaute sie solange finster an, bis sie damit aufhörte.
»Eine Jagd«, erklärte Grace.
Sicherlich, dachte Chloe, entsprach Miss Parkers gesellschaftlicher Rang nicht dem einer Dame, die reiten
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