Rendezvous mit Mr Darcy
war King, mein Wüstenbussard. Wüstenbussarde sind um einiges umgänglicher und gelassener als Wanderfalken.«
Sie schien immer etwas von ihm lernen zu können. »Ich hätte wissen müssen, dass es ein Wüstenbussard ist.«
Henry lachte, doch sah er nicht sie an, sondern den Kameramann. »Guter Mann, würden Sie bitte aufhören zu filmen und der Dame einen Regenschirm von Bridesbridge holen?! Verbindlichsten Dank!«
Der Kameramann kam der Aufforderung nach, sehr zum Erstaunen von Chloe, und sauste los nach Bridesbridge. Die Frauen hatten so häufig versucht, das Kamerateam zu bewegen, mit dem Filmen aufzuhören, doch waren ihre Bemühungen stets vergebens gewesen.
»Was ist los, Miss Parker?«
Chloe hielt ihre Tränen zurück. »Ich würde gerne etwas über die Falknerei lernen. Sie verfügen über ein unglaubliches Talent darin. Könnten Sie es mir beibringen? Wäre es eine angemessene Freizeitbeschäftigung für eine Dame?«
»Nun, Miss Parker, wie Sie wissen, zählt die Falkne-rei nicht wirklich zu den weiblichen Beschäftigungsarten. Vielleicht wäre es möglich, würde Mrs Crescent sich uns anschließen, aber nein, es wäre wohl eher angebracht, mein Bruder würde Ihnen eine Lehrstunde erteilen.«
Der Kameramann kam in der Ferne mit zwei Regenschirmen unter dem Arm auf sie zugelaufen.
Chloe verstummte.
»Aber – Sebastian kennt sich mit der Falknerei nicht sehr gut aus.« Henry sah sie aufmerksam an. »Irgendetwas hat Sie durcheinandergebracht. Was ist es? Ich würde Ihnen gerne helfen.«
Während sie an dem griechischen Tempel oben auf dem Hügel vorbeigingen, ließ der Regen langsam nach.
»Habe ich hier irgendeine Chance, Henry?«
In seinen braunen Augen flackerten goldene Punkte auf. »Persönlich denke ich, dass Sie von allen die beste Chance haben, je nachdem, was Sie zu gewinnen hoffen.«
Chloe empfand seine Antwort als etwas allgemein gehalten und wollte ihn noch mehr bedrängen, entschloss sich dann aber dazu, es sein zu lassen, da sie sich ermutigend angehört hatte. Der Kameramann, völlig außer Atem, gab Henry die Regenschirme, der beide öffnete, während Chloe ihren Sonnenschirm zuklappte. Die Regenschirme bestanden, wie im neunzehnten Jahrhundert üblich, aus Seide, welche ebenfalls schnell durchnässt war. Inzwischen hatten sie den Gemüsegarten erreicht, und Chloe erspähte mehrere, auf sie gerichtete Kameras hinter den Fenstern von Bridesbridge.
»Ich werde gehörigen Ärger mit meiner Anstandsdame bekommen.«
»Nein, werden Sie nicht«, entgegnete Henry, während er sie die Treppe in die Spülküche neben der Küche hochführte. »Dafür werde ich sorgen.« Er öffnete ihr die Tür, und der Duft von Rosmarin hüllte sie ein. Als Chloe ihren Regenschirm schloss, fielen das Bild von Abigail und der Antrag vom Gericht aus ihrer Armbeuge auf die Stufe, und sie erstarrte.
Die Köchin kam zur Tür, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Kein Sterbenswörtchen, Köchin!«, sagte Henry, als er die Papiere aufhob und sie Chloe gab, ohne einen Blick darauf zu werfen. »Ich stehe Ihnen zu Diensten, Miss Parker, sollte dies notwendig sein.«
Chloe zögerte, dann platzte es aus ihr heraus. »Henry, ich brauche George. Ich muss telefonieren. Es ist etwas zu Hause passiert.«
»Natürlich. Sie müssen nichts weiter sagen, ich kümmere mich darum.«
»Danke, Henry. Vielen Dank.« Sie gab ihm seinen Mantel zurück und schaute auf ihre nassen Stiefel. Als sie wieder zu ihm hochsah, waren ihm dunkelblonde Strähnen in die karamellfarbenen Augen gefallen. Sein Gesicht war zwar kantig, jedoch einladend, mit einem charmanten Lächeln.
»Alles wird gut«, sagte er.
Er hatte sich seinen Mantel über die Schultern gelegt, und sein weißes Hemd und die gelbbraune Reithose waren völlig durchnässt, wodurch ihr sein sehniger Körper überdeutlich auffiel. Dennoch erinnerte sie sich daran, zu knicksen.
Er verbeugte sich, drehte sich um und eilte davon.
Als sie oben auf der Treppe ankam, bemerkte sie, dass die rote Farbe von Abigails Bild auf den Umschlag abgefärbt hatte.
Um schneller anrufen zu können hatte Chloe Mrs Crescent überredet, sie auf der Fahrt mit der Kutsche zum Eingangstor zu begleiten, wo sie George treffen würden.
Da es mittlerweile aufgehört hatte zu regnen, stand Chloe am Eisentor, während Mrs Crescent in der Kutsche auf ihre Taschenuhr schaute. Das Tor, das ungefähr drei Meter hoch war, besaß scharfe Spitzen am oberen Ende und schwarze Gitterstäbe, die sie
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