Rendezvous mit Mr Darcy
Buchs umblätterte, während sie Fifi streichelte.
»Ah, sie kann mich nicht hören, somit kann ich sagen, weshalb ich gekommen bin.«
Chloe konnte sich absolut nicht vorstellen, was das sein sollte.
»Sie müssen wissen, Miss Parker, dass ich erheblich mehr von Ihnen weiß als Sie von mir, und das versetzt mich in eine weitaus vorteilhaftere Lage. Ich kann Ihnen im Vertrauen sagen, dass wir bestens zueinander passen. Ich kenne nicht nur Ihr Bewerbungsvideo, sondern hatte auch Einsicht in die schriftlichen Aufzeichnungen der Gespräche zwischen Ihnen und unserem Produzenten.«
Er hielt einen Moment inne. »Gewisse Haarsträhnen wollen sich einfach nicht bändigen lassen, was ich überaus charmant und sehr bezeichnend für Ihren Charakter finde.«
Chloe wusste nicht, wie lange sie noch still bleiben konnte. Ihre Lippen öffneten sich, und ihre Wimpern zuckten.
»Ich hatte auch die Möglichkeit, über Sie im Internet nachzulesen, da ich Ihren vollständigen Namen kannte und wusste, wo Sie lebten.«
Sie schluckte. Das war genau die gleiche Art von Cyberstalking, vor der auch Emma nicht zurückschrecken würde. So viel zu einer sich langsam entwickelnden Brautwerbung des Regency. Er besaß zu viele Informationen, währenddessen sie – gar nichts hatte.
»Das ist der Vorteil des heutigen Zeitalters. Mit ein paar Klicks können wir so viel erfahren.«
Und genau das war es eben, was sie nicht ausstehen konnte. Einen Tag, nachdem man jemanden kennengelernt hatte, wusste man über Twitter oder Facebook, was derjenige am Abend zuvor gegessen hatte. Wo blieb da das Geheimnisvolle? Wo die Romantik? Das Werben ?
Er hielt noch einmal inne und trat einen Schritt von der Zeichnung ihrer Silhouette zurück, blieb dabei jedoch in ihrem Blickfeld. Er studierte den Schatten an der Wand und nicht direkt sie, sodass ihr Blick entspannt über seine breiten Schultern in dem eng anliegenden Gehrock, der Halsbinde und weiter hinunter zu seiner Weste wandern konnte, deren beiden unteren Knöpfe offen standen, bis hin zu der aufreizenden Reithose und den Stiefeln, die oben umgeschlagen waren.
»Ja, ich denke, ich werde mit Ihrem schlanken Hals und Ihrer Büste fortfahren, auch wenn ich damit Gefahr laufe, Mrs Crescents Missfallen zu erregen.«
Chloe gab sich Mühe, langsam ein- und auszuatmen.
»Nun, wie sich herausstellte, haben wir sehr viel gemeinsam, Miss Parker, besonders bei unseren wohltätigen Projekten und der Freizeitgestaltung. Architektonische Denkmalpflege, die Oper, das Theater, Vernissagen, Galas in Museen und Feinschmeckerrestaurants. Ich sehe uns beide zusammen, Sie an meinem Arm, vielleicht sogar als meine Frau, in meinem Stadthaus in London. Oder meinem Haus in Bath. Oder hier in Derbyshire, oder überall an diesen Orten.«
Chloe tat alles, um ihren Mund unter Kontrolle zu halten. Sie konnte sich ein solches Leben noch nicht einmal vorstellen.
»So.« Er trat wieder einen Schritt zurück, die Hände auf den Hüften, und betrachtete sein Werk. »Nicht so gut wie das Original, aber …«
Er konnte tatsächlich ein bisschen zu charmant sein. »Also wirklich, Mr Wrightman!«
Dann löste er das Blatt Papier von der Wand, nahm die Schere, zog einen Chippendale-Stuhl heran, setzte sich ihr gegenüber und schaute sie lange an. »Aber wahr, alles davon ist wahr.« Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Dürfte ich eine Haarlocke von Ihnen haben?« Er hielt die Schere in der Hand.
Meinte er das ernst?
»Nur zu«, sagte sie.
Sie hielt ihm ein paar Haarenden entgegen, woraufhin er ihr mit einer sehr verführerischen Geste das Haar glattstrich und behutsam ein paar Zentimeter davon abschnitt.
Es war erstaunlich, welche Intimität in diesem Moment lag, vor allem, weil er die Locke in seine Hosentasche stecken musste, bevor Mrs Crescent, sich den Bauch reibend, zu ihnen herüberkam.
»Ein sehr gutes Porträt, Mr Wrightman, wenngleich ich es durchaus ein wenig schockierend finde, wie weit Sie den Oberkörper dabei miteinbezogen haben. Ich wage zu behaupten, dass dies noch einiger Korrekturen bedarf.«
Er rollte das Papier ein. »Keine Sorge, Mrs Crescent. Ich werde es zu Hause zurechtschneiden und schwärzen.« Er verbeugte sich. »Und jetzt ruhen Sie beide sich für den großen Tag morgen aus. Bis dahin!«
Chloe knickste, und er ging.
»Hat er eine Haarlocke von Ihnen haben wollen?«, fragte Mrs Crescent.
Chloe glaubte nicht, dass es gut wäre, zu bejahen.
»Sie müssen mir nicht antworten. Die Antwort
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