Rendezvous mit Mr Darcy
Strumpf an dem einen Fuß, hüpfte sie in den Wagen und schaute nach dem Kutscher.
Ihre Sinne waren so angespannt, dass sie die Geräusche der Nacht wahrzunehmen schien. Sie entdeckte keinen Kutscher, und der Stallbursche gab ihr selbst die Zügel in die Hand.
»Verdammt! Natürlich ist kein Kutscher da! Ich bin ein Diener! Ich bin der Kutscher!«, flüsterte Chloe in einem kurzen Selbstgespräch.
Der Stalljunge sah sie von der Seite an, wie ein Hund, der zwar wusste, dass man mit ihm sprach, aber die Worte dennoch nicht verstehen konnte. Er hängte zwei leuchtende Öllaternen vorne an den Wagen. »Lass ihn einfach morgen früh zurückbringen!«
Der Sitz fühlte sich kalt und hart an. Der Stallbursche steckte ihr die Peitsche zu. Das Pferd atmete durch seine Nüstern ein und gab ein Schnauben von sich. Sie hatte doch noch nie ein Pferdegespann gelenkt! Chloe schaute zurück zu den brennenden Fackeln rechts und links von den großen Eingangstüren von Dartworth Hall. Da öffneten sich die Türen, und dahinter tauchten zwei Videokameras und ein Mann mit einem Mikrofon auf. Henry ging im Seitenschritt die Treppe herunter und bückte sich, um ihren Schuh aufzuheben, als ein Kameramann die Stufen hinunterraste.
»Könnest du, würdest du mich zurück nach Bridesbridge bringen?«, fragte sie den Stallburschen. »Ich bin neu und kann diese Wagen noch nicht fahren.«
Der Stallbursche zuckte mit den Schultern und sprang hoch zu ihr auf den Kutschbock. Mit einer schnellen Bewegung seines Handgelenks veranlasste er die Pferde, sich ruckartig in Bewegung zu setzen, und schon bald blieb das Kamerateam hinter ihnen zurück.
Der Mond schien mittlerweile hoch vom Himmel herab, und sie hätte diese romantische Nacht genießen können, hätte sie nicht zusammengekauert in Männerkleidern dagesessen, den Blick auf das Hinterteil eines Pferds gerichtet. Sie empfand sich hin- und hergerissen zwischen Männern und Geld, Vergangenheit und Gegenwart, dem Beugen und Brechen von Regeln.
Schweigend näherten sie sich Bridesbridge.
»Vielen Dank, dass du mich hergebracht hast. Das war wirklich nett.«
Der Stallbursche zuckte wieder mit den Schultern, doch als Chloe ausstieg, sah sie, wie sich das Kamerateam ihr auf einem Geländewagen näherte.
Gerade als sie dachte, ihr kleines Täuschungsmanöver würde doch noch auffliegen, öffnete die Küchenmagd die Tür, und die Köchin hielt eine Kerze in die Nacht. »Komm herein, Diener! Der Teekessel steht auf dem Herd«, rief sie.
Die Köchin machte die Tür ganz auf, und Chloe stolperte in Richtung des Kerzenlichts und der vagen Aussicht auf heißen Tee. Sie schlich sich in die Küche, wo ein Teekessel auf dem offenen Herd stand. Der Geruch von Kartoffelschalen und Hefe hüllte sie ein.
»Hier gibt’s nichts zu sehen«, sagte die Köchin und verriegelte die Tür, sodass das Kamerateam nicht hereinkommen konnte.
Chloe ließ sich auf einen Stuhl am Kieferntisch fallen. Der Steinboden fühlte sich durch ihre nassen Strümpfe hindurch kalt an.
Die Köchin betrachtete sie und verzog das Gesicht, das so rot war wie eine frische Tomate. Chloe wusste, dass sie in die Mangel genommen würde, ergab sich aber in ihr Schicksal.
»Ich sollte Sie auf der Stelle verpfeifen.« Die Köchin riss Chloe die Brille von der Nase. »Sie haben mir meine Brille gestohlen. Wissen Sie eigentlich, wie teuer eine Brille für eine unterbezahlte Köchin ist?« Chloes Augen stellten sich nur langsam wieder auf das Sehen ohne Brille ein. »Wissen Sie, wie lange es dauert, bis eine Brille fertig ist? Bestimmt nicht. Und bestimmt ist es Ihnen auch egal. Sie sind eine hochnäsige Amerikanerin, die sich um nichts auf dieser Welt Gedanken macht …«
»Das bin ich nicht!«, unterbrach sie Chloe und versank immer tiefer in ihrem Stuhl. »Es tut mir leid wegen Ihrer Brille. Wirklich. Es ist einfach nur so, dass …
»Mich halten Sie nicht zum Narren.« Die Köchin sprang auf und zog mit ihren bloßen Händen den dampfenden Kessel vom offenen Herd und stellte ihn auf den Tisch. Der nach oben ziehende Dampf half Chloe, einen klaren Kopf zu bekommen. Die Köchin griff nach einem Holzkästchen mit benutzten Teeblättern, das in einem Regal stand. Sie musste die Teeblätter aufbewahren, da Grace den Schlüssel für die Teedose mit den frischen Teeblättern besaß. Bedienstete hatten den schlaffen zweiten Aufguss zu trinken. Sie warf Chloe einen Blick aus ihren blauen Augen zu. »Mich halten Sie nicht zum Narren, auch wenn
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