Rendezvous mit Mr Darcy
Sie als Diener verkleidet sind.« Sie mischte die Teeblätter, legte sie in einen gelöcherten Löffel über einem Teekessel aus Keramik und goss das kochende Wasser darüber. »Und Sie halten mich auch nicht zum Narren, wenn Sie da oben in Ihren Kleidern und Handschuhen herumlaufen, behängt wie ein Weihnachtsbaum.«
Chloe senkte den Kopf. Die Köchin hatte Recht, sie war eine Schwindlerin und könnte nie eine Erbin sein, noch nicht einmal eine aus einer Industriellenfamilie aus Amerika.
Die Köchin stellte eine Teetasse vor sie auf den Tisch hin. »Sie sind einfach nur eine neureiche Amerikanerin mit vielen törichten Ideen und nicht die Richtige. Nicht die Richtige für einen blaublütigen englischen Verlobten.«
Warum nahm sie diese Frau nur derart ins Gebet, fragte sich Chloe, als die Köchin ein weiteres verschlossenes Holzkästchen von dem Regal nahm, das sie mit einem anderen Schlüssel öffnete, der an ihrer Schürze hing, und in dem sich ein großer kegelförmiger Laib hellbraunen Zuckers befand. Auf Dartworth Hall gab es weißen Raffinadezucker, den teuersten seinerzeit, während er hier auf Bridesbridge Place hellbraun war. Sie nahm die Zuckerzange und brach zwei Stücke von dem Zucker ab, ließ sie in die Tasse fallen, goss den Tee hinein und rührte um. »Wissen Sie, wie lange das Küchenpersonal und ich uns mit den Pralinen abmühten, mit denen Sie und Grace sich im Salon bewarfen, als wären es Tennisbälle?«
»So war es nicht wirklich. Und ja, ich weiß, wie viel Arbeit hinter dem Kochen hier steckt. Ich habe die Erdbeertarte und die Weincreme gemacht, erinnern Sie sich?«
Chloe versank noch tiefer in ihrem Stuhl. Selbst die zum zweiten Mal aufgegossenen Teeblätter und der nicht ganz so gute Zucker rochen fabelhaft. »Ich dachte nicht …«
»Nein, Sie dachten nicht, was! Wenn Sie mein Schützling wären, wüsste ich nicht, was ich täte.«
Schuldbewusst streckte Chloe ihre Hände aus, um sie um die warme Tasse zu legen, doch die Köchin zog diese plötzlich weg.
»Wie kommen Sie darauf, dass dieser Tee für Sie ist?« Sie stellte die Tasse auf ihre Seite des Tisches. Ihre eisblauen Augen wanderten forschend über Chloes Gesicht. »Früher haben Sie uns Bediensteten geholfen, doch jetzt haben Sie sich daran gewöhnt, von vorne bis hinten bedient zu werden. Sie denken, es würde Ihnen zustehen.«
»Das stimmt nicht.«
Die Köchin warf einen Stoffbeutel mit Mehl auf den Tisch, und Staub stieg auf, der wie eine Gewitterwolke aussah. »Wissen Sie, dass ich um diese Uhrzeit den Teig für Ihren Toast vorbereite?«
»Ich wusste nicht …«
»Sie wissen so vieles nicht. Mehr als achttausend echte Engländerinnen hatten sich beworben. Und er hat sie alle abgelehnt für jemanden wie Sie.«
Chloe musste aus diesem Fleischwolf heraus. »Es tut mir wirklich leid, dass ich so viel Ärger gemacht habe. Ich habe es vermasselt, indem ich mich verkleidete. Ich wollte einfach nur etwas klären – mit Henry.« Sie schaute auf die Tee- und Zuckerdose, als wäre es das letzte Mal.
Die Köchin knallte eine große Rührschüssel aus Keramik auf den Tisch, woraufhin ein Hauch von Hefeduft die Luft erfüllte. »Was kümmert Sie Henry?«
»Ich verstehe nicht, warum ihn alle wie einen Bürger zweiter Klasse behandeln. Er ist ein großartiger Mensch. So, jetzt ist es raus. Ich war ihm gegenüber unhöflich und wollte mich nur bei ihm entschuldigen. Darum habe ich mich als Diener verkleidet, da Frauen nach elf Uhr ja nicht aus dem Haus dürfen. Und eine Nachricht konnte ich ihm auch nicht schreiben – genauso wenig wie ihm eine Botschaft per Facebook, E-Mail oder Twitter zukommen lassen oder ihn anrufen! Wenn der Wunsch, sich zu entschuldigen, ein Verbrechen ist, bitte schön, dann bin ich schuldig, und Sie können mich gerne verpfeifen.« Sie hielt der Köchin ihre Handgelenke hin, als ob diese sie in Handschellen legen könnte.
Die Köchin fügte Mehl und Wasser in die Schüssel und vermischte die beiden Zutaten mit einem großen Holzlöffel. »Ich sollte Sie verpfeifen, aber das werde ich nicht tun. Auch ich habe eine Schwäche für Henry.«
Chloe stolperte zur Tür und wich dem Anblick ihres Spiegelbildes aus, das sie in den aufgereihten Kupfertöpfen und -pfannen ansah. Sie hatte schon zu viel gesagt.
»Sie gehen am besten ins Bett«, meinte die Köchin zu ihr, nahm eine Dose mit Salz von dem Regal über dem Waschbecken und öffnete den Deckel mit ihrem Daumennagel. »Aber tun Sie mir einen
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