Rendezvous mit Rama
der Sonne zu schützen. Der Schiffsrumpf entwickelt bereits gefährliche Überhitzungsstellen, und wir mussten an manchen Stellen bereits Abschirmungen anbringen. Tut mir leid, ich wollte dir nicht mit meinen Problemen auf die Nerven gehen ... Wir haben also gerade noch Zeit für einen Trip nach Rama, und ich beabsichtige herauszuholen, was nur geht. Aber hab keine Angst - ich werde kein Risiko eingehen.«
Er stoppte die Aufzeichnung. Der letzte Satz verschleierte, um es gelinde zu sagen, die Wahrheit. Denn jeder Augenblick innerhalb Ramas war voller Gefahren und Ungewissheiten; kein Mensch konnte sich dort jemals wirklich zu Hause fühlen angesichts dieser Kräfte, die das Begriffsvermögen überstiegen. Und Norton beabsichtigte auf diesem letzten Trip, jetzt, da er wusste, dass sie danach nie wieder zurückkehren würden und dass also keine künftigen Aktionen aufs Spiel gesetzt werden könnten, sein Glück ein bisschen starker auf die Probe zu stellen.
»In achtundvierzig Stunden werden wir also diese Mission zu Ende gebracht haben. Was dann geschieht, ist noch nicht sicher; wie du ja weißt, haben wir praktisch unseren gesamten Treibstoffvorrat aufgebraucht, um auf diese Bahn zu gelangen. Ich warte immer noch darauf, dass man mir erklärt, ob und wo ein Tankschiff zu uns stoßen kann, und zwar rechtzeitig, sodass wir zur Erde zurückkehren können, oder ob wir beim Mars eine Schwerkraftlandung machen müssen. Auf jeden Fall dürfte ich gegen Weihnachten wieder zu Hause sein. Sag dem Junior, es tut mir leid, dass ich ihm keinen Baby-Bioten mitbringen kann; so was gibt es nämlich nicht...
Es geht uns allen gut, aber wir sind ziemlich ausgepumpt. Ich habe mir einen langen Urlaub verdient, nach alledem, und wir werden die verlorene Zeit wettmachen. Was immer sie auch über mich sagen mögen, du kannst mit Recht behaupten, mit einem Helden verheiratet zu sein. Wie viele Frauen haben schon einen Mann, der eine Welt gerettet hat?«
Wie gewohnt hörte er das Band sorgfältig ab, ehe er es kopierte, um sicherzugehen, dass es für seine beiden Familien passte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, nicht zu wissen, welche von beiden er zuerst wiedersehen würde; im Normalfall stand sein Terminplan mindestens ein Jahr im Voraus fest, da er durch die unerbittlichen Bewegungen der Planeten bestimmt wurde.
Doch dies hatte für die Zeit vor Rama gegolten. Nun würde nichts mehr so sein wie früher.
42 Der gläserne Tempel
»Wenn wir es versuchen«, sagte Karl Mercer, »glauben Sie, die Bioten werden uns daran hindern wollen?«
»Vielleicht. Das gehört zu den Dingen, die ich herausfinden möchte. Warum sehen Sie mich so komisch an?«
Mercer setzte sein träges verstecktes Grinsen auf, das gewöhnlich sekundenschnell von irgendeinem privaten Witz ausgelöst werden konnte, den er mit seinen Schiffskameraden teilte oder auch nicht.
»Es ist mir nur so durch den Kopf gegangen, Skipper, ob Sie vielleicht glauben, dass Rama Ihnen gehört. Bisher haben Sie jeden Versuch, in die Gebäude einzudringen, strikt verboten. Wieso dieser Gesinnungswandel? Haben die Hermianer Ihnen einen Floh ins Ohr gesetzt?«
Norton lachte, brach aber gleich wieder ab. Es war eine gescheite Frage, und er war nicht sicher, ob die naheliegenden Antworten auch die richtigen waren.
»Vielleicht war ich bloß zu vorsichtig - ich wollte Arger vermeiden. Aber jetzt haben wir die letzte Chance. Wenn wir zum Rückzug gezwungen werden sollten, haben wir nicht allzu viel verpasst.«
»Vorausgesetzt, wir ziehen uns geordnet zurück.«
»Selbstverständlich. Aber die Bioten haben sich bisher nie feindselig gezeigt; und außer den Spinnen gibt es da meiner Ansicht nach nichts, was uns einholen oder fangen könnte - falls wir abhauen müssen.«
»5 A können ja rasch abhauen, Skipper, ich jedenfalls beabsichtige, mich mit Würde zu verabschieden. Übrigens, ich glaube, ich weiß, warum die Bioten uns so höflich behandeln.«
»Neue Theorien kommen ein bisschen spät, nicht wahr?«
»Trotzdem, hier haben Sie sie: Sie glauben, wir seien Ramaner. Sie können keinen Unterschied machen zwischen einem Sauerstoffatmer und einem anderen.«
»Ich glaube nicht, dass sie so dumm sind.«
»Es hat nichts mit Dummheit zu tun. Sie sind für ihre speziellen Aufgaben programmiert worden, und wir tauchen in ihrem Bezugssystem eben überhaupt nicht auf.«
»Vielleicht haben Sie recht. Und vielleicht werden wir das ja feststellen können - sobald wir mit der Arbeit in London
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