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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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präzises Zeitgefühl entwickelt hatte und sich eigentlich gar nicht mehr auf seiner Uhr vergewissern musste.
    Auf dem Merkur würden sie jetzt sehen, wie er zielstrebig auf ihre Bombe zusteuerte. Jetzt war er weniger als zwei Kilometer von ihr entfernt, und es gab für die Hermianer sicher nicht den geringsten Zweifel, was Leutnant Rodrigo beabsichtigte. Und wahrscheinlich fragten sie sich beunruhigt, ob er seine Aufgabe bereits durchgeführt hatte.
    Rodrigo hatte mit dem zweiten Kabelstrang so wenig Schwierigkeiten wie mit dem ersten. Wie alle guten Handwerker hatte auch er seine Werkzeuge gut ausgewählt. Die Bombe war jetzt entschärft. Oder - um präzise zu sein - sie konnte nicht mehr durch Fernsteuerung gezündet werden ...
    Allerdings gab es noch eine andere Möglichkeit, und Boris Rodrigo durfte sich nicht erlauben, sie zu übersehen. Es gab jetzt zwar keine äußeren Kontaktzündungen mehr, doch es konnte eingebaute geben, die durch Aufprall aktiviert werden würden. Die Hermianer waren noch immer in der Lage, die Flugbahn ihrer Trägerrakete zu bestimmen, und sie konnten sie zu einem Zusammenstoß mit Rama manövrieren, wann immer sie wollten. Rodrigos Aufgabe war noch immer nicht völlig beendet.
    In fünf Minuten würde man ihn in einer Kontrollkabine irgendwo auf dem Merkur auf den Bildschirmen sehen, wie er an der Außenseite ihrer Rakete entlang kroch, die schlichte Drahtschere in der Hand, die die gewaltigste Waffe, die die Menschheit jemals zum Einsatz bringen wollte, wirkungslos gemacht hatte. Fast fühlte Boris sich versucht, der oder den Kameras zuzuwinken, doch es schien ihm dann doch ein wenig würdelos: Immerhin war er gerade dabei, Geschichte zu machen, und Millionen von Menschen würden künftig diese Szene im Fernsehen verfolgen. Das hieß natürlich, sofern es die Hermianer nicht vorzogen, in einem Anfall von Pikiertheit die Bänder zu vernichten.
    Er war jetzt an der Verankerung der Interspace-Antenne angekommen und hangelte sich Meter für Meter bis zu ihrem
    Ende, der großen Rundstrahlantenne, vor. Seine zuverlässige Drahtschere wurde auch mit dem multiplen Infosystem leicht fertig und kappte die Kabel ebenso leicht wie die LaserOrtungsmechanismen. Als er den letzten Draht durchgeschnitten hatte, begann die Antenne langsam zu kreisen. Diese überraschende Bewegung verwirrte ihn einen Moment, doch dann wurde ihm klar, dass er die automatische Fixierung auf den Merkur unterbrochen haben musste. Fünf Minuten später würden die Hermianer jeden Kontakt mit ihrem Sklaven verloren haben. Denn dieser Sklave war jetzt nicht nur aktionsunfähig, er war auch blind und taub geworden.
    Rodrigo kletterte langsam wieder in seinen Skooter zurück. Er löste die Verankerung und wendete das Fahrzeug, bis die Vorderstoßstangen gegen die Rakete gepresst waren, und zwar so dicht an ihrem Masseschwerpunkt wie möglich. Dann zog er den Schub auf volle Kraft, so viel die Zellen nur hergaben, und hielt ihn dort etwa zwanzig Sekunden lang.
    Da der Skooter es mit einer Masse zu tun hatte, die die seinige um ein Mehrfaches überstieg, reagierte er sehr langsam. Als Rodrigo den Antrieb auf null drosselte, nahm er zugleich eine sorgfältige Analyse des neuen Geschwindigkeitsvektors der Bombe vor.
    Jetzt würde das Geschoss weit an Rama vorbei zielen. - Außerdem könnte man es künftig nach Belieben wieder orten. Schließlich handelte es sich um ein äußerst wertvolles Stück Ausrüstung.
    Und Leutnant Rodrigo war ein Mann von nahezu pathologischer Ehrlichkeit. Er wollte den Hermianern keinesfalls die Chance bieten, ihn der Veruntreuung ihres Eigentums zu beschuldigen.

41 Der Held
    »Liebling«, begann Norton, »dieser Quatsch hat uns über einen Tag gekostet, aber wenigstens bekomme ich so die Gelegenheit, mit dir zu reden.
    Ich bin noch immer im Schiff, und wir gehen jetzt zurück zur Polarachse. Wir haben Rod vor einer Stunde aufgenommen. Er sah aus, als hätte er gerade eine ruhige Wache hinter sich gebracht und gehe jetzt in Freiwache. Ich vermute, keiner von uns beiden wird je wieder den Merkur besuchen können, und ich frage mich, ob man uns als Helden oder als Schurken behandeln wird, wenn wir auf die Erde zurückkommen. Aber mein Gewissen ist rein; ich bin sicher, wir haben das Richtige getan. Ich bin neugierig, ob die Ramaner jemals >danke schön< sagen werden.
    Wir können nur noch zwei Tage länger hier bleiben; im Gegensatz zu Rama verfügen wir nicht über eine kilometerdicke Haut, um uns vor

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