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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Wissen Verwendung finden könnte...
    Wir sehen uns jetzt einer Technologie gegenüber, die Hunderte, ja vielleicht Tausende von Jahren weiter fortgeschritten ist als die unsere - und einer Kultur, zu der es möglicherweise überhaupt keine Berührungspunkte gibt. Wir haben das Verhalten der biologischen Roboter studiert - der so genannten Bioten -, soweit dies aus den Filmen, die Commander Norton vom Inneren Ramas übermittelte, möglich war, und wir sind zu bestimmten Schlussfolgerungen gelangt, die wir Ihnen hier unterbreiten wollen.
    Wir auf dem Merkur haben wahrscheinlich Pech, dass wir keine lokalen Lebensformen zur Beobachtung haben. Doch verfügen wir natürlich über vollkommen umfassende Aufzeichnungen über die irdische Zoologie, und dort entdeckten wir eine frappierende Parallele zu Rama.
    Und zwar handelt es sich um die Termitenkolonie. Wie bei Rama existiert auch dort eine künstliche Welt mit einer kontrollierten Umwelt. Wie bei Rama hängt die Funktionsfähigkeit von einer ganzen Reihe hoch spezialisierter biologischer Maschinen ab - Arbeitern, Baumeistern, Bauern und - Kriegern. Und wenn wir auch nicht wissen, ob Rama eine Königin hat, so möchte ich doch die Vermutung äußern, dass die Insel, die als New York bekannt ist, eine ähnliche Funktion erfüllen dürfte.
    Es wäre selbstverständlich absurd, den Vergleich zu weit voranzutreiben; er ist in vielen Punkten nicht stichhaltig. Aber ich erlaube mir, ihn Ihnen aus folgenden Gründen zu unterbreiten:
    Bis zu welchem Grad würde jemals zwischen menschlichen Wesen und Termiten eine Zusammenarbeit oder eine Verständigung möglich sein? Wenn es keinerlei Interessenkonflikte gibt, tolerieren sich die beiden Spezies. Doch wenn eine von beiden entweder das Territorium oder die Hilfsmittel der anderen Gattung benötigt, wird kein Pardon gegeben.
    Dank unserer Technologie und unserer Intelligenz sind wir stets in der Lage zu siegen, wenn wir dazu nur stark genug entschlossen sind. Doch manchmal fallt dies nicht leicht, und manch einer ist überzeugt, dass auf lange Sicht der Sieg doch noch den Termiten zufallen wird ...
    Bedenken Sie dies, und erwägen Sie nun die furchtbare Bedrohung, die Rama für die menschliche Zivilisation bedeuten könnte. Ich sage >könnte< - nicht muss. Und welche Schritte haben wir unternommen, um dem Schlimmsten zu begegnen, falls es eintreffen sollte? Überhaupt keine. Wir haben nur geredet und spekuliert und gescheite Abhandlungen verfasst.
    Nun, meine Herren Mitabgeordneten, der Merkur hat mehr als dies getan. Gemäß den Bestimmungen der Klausel 34 des Weltraumabkommens von 2057, denen zufolge wir berechtigt sind, alle nötigen Schritte zu unternehmen, um die Unversehrtheit unseres Solarraums zu erhalten, haben wir ein hochpotenziertes Nukleargeschoss in die Nähe Ramas gebracht. Ich muss sagen, dass wir äußerst glücklich wären, wenn wir es nicht einsetzen müssten. Doch jetzt sind wir wenigstens nicht mehr hilflos, wie dies zuvor der Fall war.
    Man könnte anführen, dass wir einseitig gehandelt hätten, ohne vorherige Konsultationen. Wir geben dies zu. Doch kann einer sich hier vorstellen - ich bitte um Vergebung, Herr Vorsitzender -, dass wir eine derartige Übereinkunft in der uns zur Verfügung stehenden Zeit hätten erreichen können? Wir halten dafür, dass wir nicht nur in unserem eigenen Interesse handelten, sondern in dem der ganzen menschlichen Rasse. Alle kommenden Generationen werden uns vielleicht eines Tages für unsere Vorsicht danken.
    Wir waren uns natürlich darüber im Klaren, dass es eine Tragödie -j a sogar ein Verbrechen - sein würde, ein so wunderbares Artefakt wie Rama zu zerstören. Und wenn es irgendeinen Weg gibt, dies ohne Risiken für die Menschheit zu vermeiden, würden wir uns glücklich schätzen, diesen Weg kennen zu lernen. Wir jedenfalls haben keinen gefunden, und die Zeit wird knapp.
    Innerhalb der nächsten paar Tage - ehe Rama das Perihelium erreicht - müssen wir die Entscheidung fällen. Wir werden der Endeavour selbstverständlich rechtzeitig und ausführlich Nachricht geben - doch wir würden Commander Norton anraten, sich ständig bereitzuhalten, innerhalb einer Sekunde abzudocken. Es ist durchaus denkbar, dass Rama jeden Moment weitere dramatische Veränderungen durchmachen kann.
    Das ist alles, Herr Vorsitzender, meine Herren Kollegen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und ich rechne auf Ihre bereitwillige Unterstützung.«

39 Entscheidungsschwierigkeiten eines

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