Rendezvous mit Übermorgen
sorg wenigstens dafür, dass du alles dabei hast, was nötig ist, wenn du ihn findest.
Das Packen der persönlichen Dinge war Routine, und sie hätte das im Schlaf gekonnt. Aber sie beschnitt ihre Nahrungs- und Wasserreserven, um ganz sicherzugehen, dass sie alles mitnahm, was Takagishi benötigen würde, falls er krank oder verletzt war. Was ihre Teamgefährten für die Suche betraf, so waren ihre Gefühle gemischt, doch der Gedanke kam ihr keinen Augenblick lang in den Sinn, dass diese Gruppierung absichtlich und planvoll sein könnte. Es war allgemein bekannt, wie fasziniert Takagishi von New York war. Und unter diesen Umständen war es kaum erstaunlich, dass Brown und Sabatini die Ärztin in den wahrscheinlichsten Suchbereich begleiten würden.
Sie wollte gerade gehen, als sie direkt vor ihrer Tür auf Richard Wakefield stieß. »Kann ich 'nen Moment reinkommen?«, fragte er.
»Aber sicher.«
Er bewegte sich ganz untypisch linkisch, wie wenn er verwirrt oder verlegen wäre. »Na, was ist denn?«, fragte Nicole nach einem peinlich langen Schweigen.
Er lächelte dümmlich. »Also ... vorhin hab ich mir gedacht, es ist eine gute Idee. Aber jetzt - kommt es mir ziemlich blöd vor, ja fast kindisch.« Nicole merkte, dass er etwas in der rechten Hand versteckte. »Ich hab Ihnen was geben wollen«, sprach er weiter. »Einen glückbringenden Talisman, oder so. Und ich hab mir gedacht, den könnten Sie bei sich tragen, wenn Sie nach New York gehen.«
Wakefield öffnete die Hand. Nicole erkannte die kleine Roboterfigurine des Prince Hai. »Man kann ja sagen, was man will, von wegen Tapferkeit und Vorsicht, und was jeweils wovon das bessere Teil sei, aber manchmal kann ein bisschen Glück wichtiger sein.«
Zu ihrer Verblüffung war Nicole gerührt. Sie nahm das Figürchen aus seiner Hand und betrachtete voll Bewunderung die Feinheit der Gestaltung. »Besitzt der Prinz irgendwelche besonderen Eigenschaften, die ich wissen sollte?«, fragte sie lächelnd.
»Oh, aber sicher.« Richard Wakefield begann zu strahlen. »Er verbringt mit Wonne seine Nächte in Kneipen und witzelt mit feisten Landbaronen und anderen anrüchigen Zeitgenossen herum. Oder er bekriegt abtrünnige Herzöge und Grafen. Oder er ... umgirrt schöne Prinzessinnen ... aus Frankreich.«
Nicole spürte die leichte Röte, die ihr ins Gesicht stieg. »Und falls ich mich einsam fühle und möchte, dass der Prinz mich aufheitert, was mach ich dann?«
Richard trat dicht neben Nicole und zeigte ihr das Miniaturschaltpult, das dicht über dem Gesäß des Prinzen Heinrich lag. »Er reagiert auf zahlreiche Befehle«, versicherte Richard und reichte ihr ein sehr kleines, etwa stecknadellanges Stäbchen. »Dies passt haargenau in alle Schlüssel-Löcher. Versuchen Sie's mit >T< für Text oder >A< für Action, wenn Sie möchten, dass er seine Show abzieht.«
Nicole steckte den kleinen Prinzen und den Dirigierstab in eine Tasche ihres Flugdresses. »Richard, danke«, sagte sie. »Das ist wirklich sehr lieb.«
Wakefield errötete vor Verlegenheit. »Also, ehrlich, wissen Sie, es ist nichts. Bloß, wir haben grad so eine Pechsträhne gehabt, und da hab ich eben gedacht, vielleicht...«
»Danke, wirklich, Richard«, unterbrach Nicole ihn. »Ich weiß Ihre Fürsorge zu würdigen.« Gemeinsam gingen sie hinaus.
34 Seltsame Gefährten
Dr. Brown war einer jener abstrakten Wissenschaftler, die Maschinen weder mögen noch ihnen trauen. Seine veröffentlichten Arbeiten befassten sich vorwiegend mit Theorien, denn er verabscheute den »Formelkram« und die Detailgenauigkeit der empirischen Wissenschaft. Empiriker müssten sich mit Versuchsapparaten und - schlimmer noch - mit Technikern herumplagen. Und diese Letzteren hielt Dr. Brown für sozusagen nichts weiter als hochgejubelte Tischler und Klempner. Ihre Existenz tolerierte er nur, weil sie nötig werden konnten, wenn seine Theorien je durch Faktenmaterial gestützt werden sollten.
Als Nicole ihn in aller Unschuld mit ein paar Fragen zur technischen Funktionsweise des Eismobils überfiel, konnte Francesca ein keckerndes Lachen nicht unterdrücken. »Er hat nicht die blasseste Ahnung«, sagte sie, »und es ist ihm auch völlig egal. Würden Sie es für möglich halten, dass der Mann noch nicht einmal ein Elektrobuggy fahren kann? Ich hab ihn mal beobachtet, wie er eine halbe Stunde lang einen simplen Essensroboter anstarrte und vergeblich versuchte, die Bedienung zu kapieren. Wenn ihm keiner hilft, verhungert er
Weitere Kostenlose Bücher