Rendezvous mit Übermorgen
besonders in dieser letzten Woche, die für Sie so voller persönlicher Seelenunruhe war. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, was Sie tun müssen. Ich habe die Lösung ebenso wenig wie Sie. Wir können nur gemeinsam hoffen, dass Gott uns in Seiner Weisheit auf unsere Gebete und Bitten unzweideutige Antwort zuteil werden lassen möge.
Was jedoch einige Ihrer religionsspezifischen Fragen betrifft, da kann ich Ihnen etwas sagen. Ich biete Ihnen meine Überlegungen an, in der Erwartung, dass sie Ihnen nützen ... Ich vermag nicht zu sagen, ob diese Stimme, die Sie hörten, tatsächlich die des heiligen Michael war oder ob Sie dabei ein transzendentales Erlebnis hatten, wie man das bezeichnet. Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass es einen menschlichen Erlebnisbereich gibt, den man in Ermangelung einer genaueren Begriffsbestimmung religiös nennt, es gibt das, und es lässt sich nicht mit bloßen rationalen, wissenschaftlichen Begriffen erklären. Saulus von Tarsos erlebte eindeutig diese Blendung durch ein Licht aus der Höhe, und es wurde wesentlicher Bestandteil seiner Bekehrung zum Christentum und entscheidend, dass er der Apostel Paulus werden konnte. Die Stimme, die Sie hörten, kann die Stimme des hl. Michael gewesen sein. Nur Sie selbst können das entscheiden.
Wir sprachen bereits vor drei Monaten darüber: Ja, GOTT hat unzweifelhaft auch die Ramaner erschaffen, wer immer sie gewesen sein mögen. Aber er schuf auch die Bakterien und Viren, obwohl sie den Menschen Leid und Tod bringen. Wir können GOTT nicht gebührlich lobpreisen - weder als einzelner Mensch noch als Gattung wenn wir nicht überleben. Mir erscheint es als wenig wahrscheinlich, dass GOTT von uns erwarten sollte, dass wir überhaupt nichts unternehmen, wenn unser Überleben direkt bedroht ist.
Eine mögliche Vorläuferrolle, die Rama als Künder der Wiederkunft Christi spielen könnte, ist ein schwieriges Thema. Es gibt in der Kirche Priester, die auf der Seite Sankt Michaels stehen, allerdings sind sie deutlich in der Minderheit. Die meisten unter uns glauben, dass diese Rama-Maschinen spirituell dermaßen unfruchtbar sind, dass sie kaum göttliche Boten sein können. Sie sind unerhörte technische Wunderwerke, gewiss, aber nichts an ihnen deutet aufWärme hin, auf Mitgefühl oder irgendeine Messiasqualität, wie wir sie mit unserem Heiland und Erlöser verbinden. Es ist darum wohl sehr unwahrscheinlich, dass Rama irgendwelche religiöse Bedeutung beizumessen ist.
Aber schließlich bleibt Ihre Entscheidung doch ganz allein bei Ihnen. Sie dürfen nicht ablassen in Ihren Gebeten, und ich weiß, Sie werden es nicht tun ... Aber vielleicht sollten Sie kein großes Posaunengetöse erwarten, wenn GOTT Ihnen Antwort gibt. ER spricht nicht zu allen mit der gleichen Stimme. Und nicht jede SEINER Botschaften für Sie wird in gleicher Weise überbracht. Und bitte vergessen Sie noch eines nicht: Während Sie in Rama auf der Suche nach dem Willen Gottes sind, werden die Gebete vieler Menschen auf der Erde Sie begleiten. Seien Sie gewiss, dass GOTT Ihnen eine Antwort zukommen lassen wird; SEINE Forderung Ihnen gegenüber lautet nur, dass Sie sie erkennen und richtig deuten.«
Die Übertragung aus dem Vatikan beendete der Papst mit seinem Segen und einem feierlich vorgetragenen Paternoster. General OToole kniete automatisch dabei nieder und sprach die Gebetsworte simultan (wenn auch zeitverschoben) mit seinem geistlichen Führer. Nachdem der Bildschirm wieder leer war, überdachte OToole noch einmal, was der Stellvertreter Gottes auf Erden zu ihm gesagt hatte. Er fühlte sich in seiner
Überzeugung bestärkt. Ich muss auf dem richtigen Weg sein, sagte
er sich. Aber ich darf mir keinen feierlichen Proklamationsakt mit Fanfaren erwarten.
Auf die heftige Gefühlsreaktion, die Rama in ihm auslöste, war O'Toole nicht vorbereitet. Vielleicht rührte dies von der bloßen Dimension des Raumschiffs her - es war so gewaltig viel größer als alles jemals von Menschenhand Gebaute. Möglich auch, dass das lange Eingesperrtsein in der Newton und sein exaltierter Gefühlszustand die Intensität seiner Eindrücke verstärkten. Wie immer, Michael OToole war von dem Schauspiel vollkommen überwältigt, als er sich allein nach Rama aufmachte.
Es war keine besondere Einzelheit, die ihn vordringlich beeindruckt hätte. Mehrmals schnürte sich ihm die Kehle zu und füllten sich seine Augen vor Staunen mit Tränen, während er nun endlich zum ersten Mal im Sessellift nach
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