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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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war?
    Nicole holte ihr Köfferchen mit persönlichen Sachen aus dem schmalen Schrank. Sie öffnete es zu hastig, und der Inhalt verstreute sich in der Luft. Sie grapschte nach ein paar Familienfotos über ihrem Kopf. Dann sammelte sie auch den restlichen Inhalt ein und stopfte ihn wieder in den Behälter. Sie behielt nur den Datenkubus zurück, den King Henry ihr damals bei Davos gegeben hatte.
    Sie zögerte ein wenig, ehe sie den Würfel ins Lesegerät schob. Schließlich holte sie tief Luft und tat es dennoch. Auf dem Monitor erschienen sofort achtzehn Wahlmöglichkeiten. Sie konnte beliebig jedes der zwölf Einzeldossiers der Kosmonauten abrufen, aber auch sechs verschieden kompilierte Besatzungsstatistiken. Nicole holte sich das Dossier über Janos Tabori. Es gab drei Untergruppen in seiner Biographie: Persönliche Daten, Chronologische Zusammenfassung, Psychologische Einstufung. Aus der Angabe über den Umfang der gespeicherten Daten ersah Nicole, dass die Chronologische Zusammenfassung am meisten Einzelinfos enthalten würde. Aber sie holte sich zuerst die Persönlichen Daten herein, um sich mit dem Format der Dossiers vertraut zu machen.
    Aus dem kurzen Aufriss erfuhr sie nicht viel Neues. Janos war einundvierzig und lebte allein. Wenn er nicht für die ISA arbeitete, bewohnte er eine Apartmentwohnung in Budapest, ganze vier Blocks von seiner zweimal geschiedenen, ebenfalls als Single lebenden Mutter entfernt. Die Ungarische Universität hatte ihm 2183 das Ingenieursdiplom verliehen. Neben trivialen Angaben wie körperlicher Größe und Gewicht, Zahl der Geschwister erschienen noch zwei interessante Ziffern: die für Intelligence Evaluation und Socialisation Coefficient. Taboris Werte waren hier: +3.37 IE und 64 SC.
    Dann wandte sich Nicole wieder dem Haupteintrag zu und rief das Glossar ab, um sich über IE und SC wieder genau zu informieren. Die IE-Ziffern stellten eine Kompositmesszahl der Gesamtintelligenz dar, die auf der Vergleichsgrundlage einer ähnlichen weltweiten Studentenpopulation errechnet war. Alle Studenten unterzogen sich zwischen dem zwölften und zwanzigsten Lebensjahr einer Reihe von Standardtests. Der Index war im Grunde die Hochzahl einer Dezimalmessung. Ein Quotient von Null-IE bezeichnete den Durchschnitt. Die Angabe
    + 1.00 besagte, dass der Proband 90 % über dem Bevölkerungsmittel lag; +2.00 bedeutete 99% darüber; +3.00 dann 99.9% usw. Negative IE-Zahlen bezeichneten unterdurchschnittliche Intelligenz. Die + 3.37 bei Janos platzierten ihn im Mittelfeld des oberen Zehntels von einem Prozent aus der Testpopulation.
    Die SC-Ziffer erklärte sich etwas direkter. Auch sie basierte auf standardisierten Testserien bei sämtlichen Schülern zwischen zwölf und zwanzig, aber die Auswertung war in diesem Fall leichter zu begreifen. Höchste Punktzahl war 100 SC. Wer in der Nähe von 100 Punkten bewertet wurde, war bei fast allen Mitmenschen beliebt und geachtet, würde in nahezu jede Gruppe leicht integrierbar sein, war fast niemals streitsüchtig oder launenhaft, galt als sehr zuverlässig. Eine Fußnote in der Erläuterung der SC-Bewertung besagte einschränkend, dass schriftliche Tests nicht in allen Fällen Persönlichkeitsmerkmale exakt bemessen könnten, sodass die Bewertung hier mit Diskretion vorgenommen werden sollte.
    Nicole nahm sich vor, irgendwann einmal eine Vergleichsübersicht der IE- und SC-Werte aller Kosmonauten abzufragen. Dann stieg sie in Janos Taboris chronologische Datenzusammenstellung ein. Die folgende Stunde brachte Nicole so etwas wie ein Offenbarungserlebnis. Als die verantwortliche Biowissenschaftlerin an Bord hatte sie selbstverständlich die offiziellen Personalbögen der ISA für die ganze Besatzung gelesen. Wenn jedoch die Information auf dem Datenkubus, den ihr König Henry übergeben hatte, korrekt war, dann war die ISA-Dokumentation bedauerlich unvollständig.
    Sie hatte gewusst, dass Janos zweimal zum »Besten Studenten« seiner Fakultät an der Ungarischen Universität gekürt worden war; sie hatte allerdings nicht gewusst, dass er vier Semester lang Vorsitzender der Gay Students Association, des Verbands homophiler Studenten in Budapest gewesen war. Sie wusste, dass er 2192 an die Space Academy gekommen war und nach nur drei Jahren bereits Examen machte (wohl wegen seiner vorherigen Erfahrungen bei bedeutenden sowjetischen Konstruktionsprojekten); niemand hatte ihr gesagt, dass er sich vorher zweimal schon um die Zulassung an die ISA bemüht hatte und

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