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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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diesem Moment krächzte Doc: »Doc Sahneschnitte!«
    Nachdenklich sagte ich: »Ich hab darüber nachgedacht, was du heute Morgen zu mir gesagt hast.«
    Er deutete mit dem Kopf zum Schlafzimmer hinüber, wo noch das Kleid lag. »Ich merks. Du bist in dich gegangen.«
    Ich lächelte. »Wahrscheinlich. Aber egal. Ich denke, du hast recht. Vielleicht hätte ich nachgiebiger sein sollen. Glaubst du, es wäre möglich, Dr. Sable anzurufen und ihn zu bitten, doch noch mal zu kommen?«
    Gil grinste und zog den Schweinebraten aus dem Ofen. »Ich habe ihm heute auf den AB gesprochen. Ach, übrigens – morgen früh gehen wir Schuhe kaufen. Zu diesem Kleid passen keine Birkenstocks.«
    Am nächsten Abend beschloss ich, die vier Blocks zum Tangos, einem argentinischen Steakhouse, das ich besonders gern mochte, zu laufen. Nach anderthalb Blocks wünschte ich mir sehnlich, ich hätte das Auto genommen, denn in den Acht-Zentimeter-High-Heels, die Gilley mich gezwungen hatte zu kaufen, streikten meine Füße schon jetzt. Und das hautenge Folterinstrument von Kleid rutschte nach mehr als vier Schritten regelmäßig nach oben. Beim Tango’s angekommen, stand für mich fest, dass ich mir für den Rückweg ein Taxi leisten würde. Als ich durch die Tür trat, schüttelte ich den Kopf, um die üppigen Locken, die Gilley mir heute gedreht hatte, noch stärker aufzuplustern, und knöpfte meinen Mantel auf. Ich wurde vom Besitzer des Lokals begrüßt, der sich nach dem ersten Blick die Hand aufs Herz presste. »Senorita! Sie sind atemberaubend! Darf ich Ihnen einen Tisch am Fenster anbieten? Dann wäre mir heute Abend ein Ansturm der Bostoner Männer sicher.«
    Ich kicherte und warf mein Haar nochmals nach hinten. »Hallo, Estevan. Eigentlich bin ich hier mit jemandem verabredet, also setze ich mich wohl an den Tisch, den Sie ihm gegeben haben.« Beiläufig ließ ich den Blick durch das Restaurant wandern.
    »Mit wem sind Sie denn verabredet?«, fragte Estevan.
    »Äh …«, sagte ich, da mir einfiel, dass ich nicht einmal den Namen meines Kavaliers kannte. »Tja, gute Frage. Wissen Sie, das Treffen wurde von Mama Dell eingefädelt. Ist hier ein einzelner Herr, der durch ihre Vermittlung auf jemanden wartet?«
    »Aber ja, sicher!« Estevan studierte seinen Sitzplan. »Gerade vor ein paar Minuten habe ich einem Herrn einen Tisch gegeben, der auf seine Traumfrau von Mama Dells wartet.«
    Ich war bereits genervt. »Es ist noch nicht raus, ob ich seine Traumfrau bin«, sagte ich schnell. »Das ist unser erstes Treffen.«
    »Verstehe«, sagte Estevan und nahm mir den Mantel ab. »Nun, wenn er sieht, wie wunderschön Sie heute Abend aussehen, dürfte er Sie wohl als solche betrachten, oder?«
    »Hoffentlich nicht«, sagte ich. Mein Magen zog sich zusammen. Ich hasste Männer, die zu forsch rangingen.
    »Hier entlang, bitte.« Estevan führte mich in einen dämmrigeren Teil des Restaurants. Als wir uns dem Tisch näherten, biss ich die Zähne zusammen, um meine Enttäuschung zu verbergen. Der Mann am Tisch hatte Geheimratsecken, große Ohren und Lippen wie ein Fisch. Er war dünn, hatte schmale Schultern und einen nervösen Blick. Seine Kleidung bestand aus einem leuchtend grünen Wildlederjackett, einem weißen Rollkragenpullover und schwarzen Hosen. Die Sachen passten zu ihm. Er hatte was von einer Schildkröte.
    Als er meiner ansichtig wurde, blieb ihm der Mund offen stehen. Ich brachte ein künstliches Lächeln zustande, während ich mir im Stillen schwor, Mama Dells fortan bis in alle Ewigkeit zu boykottieren. Estevan blieb vor dem Tisch stehen. »Señor, Ihre Dame ist angekommen.«
    »Oh«, sagte die Schildkröte, ohne den Blick von mir zu wenden.
    Weiter starr lächelnd, streckte ich ihm die Hand entgegen. »Hallo. Ich bin M.J. Schön, Sie kennenzulernen.«
    »Oh«, wiederholte die Schildkröte.
    Estevan rückte mir einen Stuhl zurecht, und ich nahm Platz und fragte mich, wie ich den Abend mit diesem Ausbund an Eloquenz durchstehen sollte. »Ihr Jackett gefällt mir«, machte ich einen Vorstoß.
    »Oh.«
    Ich nickte, faltete meine Serviette auf und breitete sie über den Schoß. »Ja, das haben Sie jetzt schon ein paarmal gesagt.«
    Die Schildkröte schluckte hörbar.
    Ich unterdrückte einen Seufzer und versuchte es mit Smalltalk. »Ich hatte eigentlich jemanden in Schwarz erwartet. Ich meine, Mama Dell sagte mir, Sie würden Schwarz tragen.«
    Die Schildkröte starrte mich schweigend an. Seine Augen wanderten von meiner Brust zu meinem

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