Rendezvous um Mitternacht
sterbenslustig.«
»Versuch doch wenigstens, ein bisschen Spaß zu haben«, sagte Mama mit leicht flehender Stimme.
Ich unterdrückte meinen Sarkasmus und nahm ihre Hand. »Entschuldige, Mama. Ich versuche mein Bestes, ja?«
»Ich hab wirklich ein gutes Gefühl bei ihm«, sagte sie.
Ich erinnerte sie nicht daran, dass sie bei den vorigen fünf Losern auch ein gutes Gefühl gehabt hatte, sondern nickte nur. »Okay. Ich bin um halb sieben dort. In Schwarz.«
Mama wirkte erleichtert. Sie beugte sich vor und umarmte mich. »Gut so.«
»Aaahhh. Ein Anblick fürs Familienalbum«, ertönte da eine Stimme. Hinter Mama sah ich Gilley auftauchen. »Was hab ich verpasst?«, fragte er, während er sich auf den Platz fallen ließ, wo Teeko gesessen hatte.
Mama ließ mich los. »Ich habe für M. J. ein Rendezvous eingefädelt.«
»Was, und das hat sie zugelassen?«, fragte Gilley und zwinkerte mir zu.
»Sie hatte keine Wahl. Karen und ich haben sie in die Enge getrieben.«
»Oho. Ihr spielt ganz schön hart. Und wann findet das freudige Ereignis statt?«
»Sonntag Abend. Gilley, sorgst du bitte dafür, dass sie pünktlich gestiefelt und gespornt ist?«
»Wie lautet der Dresscode?«, fragte er.
»Hallo, ich bin auch da, direkt vor eurer Nase«, beschwerte ich mich.
Mama beachtete mich nicht. »Schwarz. Ich weiß genau, dass sie am liebsten eine Hose und einen weiten Pulli anziehen würde, aber vielleicht kannst du sie zu was mit ein bisschen mehr oh là là überreden?«
»Überlass das nur mir, Mama. Ich sorge sogar noch für eine Prise Wow!«
Ich stand auf. »Ich geh dann mal.«
»Du gehst nirgendwohin, M.J. Wir haben was zu klären«, sagte Gilley streng.
Mama warf einen Blick auf ihn, dann auf mich. Dann sagte sie: »Ich sollte mal zurück an die Theke und dem Captain helfen. Der Mittagsansturm kann jeden Moment kommen.« Und schon war sie weg.
Widerstrebend setzte ich mich wieder hin und sah meinen Geschäftspartner an. Er war unverkennbar sauer. Klar, es war nicht die feine Art gewesen, ihm im Vorbeigehen zuzurufen, dass wir den Fall Sable nicht übernehmen würden, und mich durch die nächste Tür davonzumachen. »Was ist denn, Gil?«
»Jetzt red nicht drumherum, M.J. Wir hatten das mit Dr. Sable schon fast in trockenen Tüchern. Was, zum Teufel, ist passiert?«
Ich nahm unauffällig einen Schluck von dem inzwischen kalten Starbucks-Kaffee und zuckte die Schultern. »Wir konnten uns nicht einigen.«
»Auf den Preis? Wir können ihm ja ein besseres Angebot machen.«
»Nein, es war nicht der Preis.«
Gilley wartete. Ich tat mein Bestes, um die unheilschwangere Stille zu ignorieren, indem ich meinen Kaffee schwenkte.
»Ich warte«, sagte Gilley nach einer kleinen Weile.
Ich seufzte und sah ihm in die Augen. »Er wollte bei der Jagd dabei sein.«
Gilley starrte mich verständnislos an. »Ja und?«
»Nichts und.« Ich sah wieder ins Feuer. »Ich wollte ihn nicht im Weg haben, also hab ich abgelehnt.«
Ein paar Sekunden brachte Gilley nur unzusammenhängende Laute heraus, dann kiekste er einige Oktaven zu hoch: »Das ist nicht dein Ernst!«
Ich schaute ihn finster an. »Doch, ist es.«
»M.J.«, begann er in finsterem, gereiztem Ton. »Ist dir klar, dass wir seit Wochen keinen wirklich lukrativen Auftrag mehr hatten?«
»Ich hab gerade das Geld für die Kettleman-Sache bekommen«, unterbrach ich.
»Was knapp unsere laufenden Ausgaben deckt«, stöhnte Gilley heiser. Als er merkte, dass sich einige Gesichter in unsere Richtung wandten, räusperte er sich und versuchte es noch einmal. »So was können wir uns nicht leisten«, erklärte er. »Ich bin in diese Sache eingestiegen, weil ich der Meinung war, sie hätte Potenzial, aber vom ersten Tag an hast du ihr Grenzen gesetzt, die unsere Einnahmen drastisch einschränken. Wir haben eine Hypothek abzuleisten, du nicht weniger als ich!«
»Ich bin mir über meine finanziellen Verpflichtungen vollkommen im Klaren«, blaffte ich zurück.
»Warum dann das, M.J.? Warum schlägst du ein so gutes, profitables Angebot aus?«
Mit gerunzelter Stirn suchte ich nach einem Grund, den Gilley akzeptieren würde. »Darum«, war alles, was mir einfiel.
»Warum darum?«, bohrte er.
»Weil wir allein arbeiten, Gil! In dem Moment, wo wir unsere Kunden einladen, an der Geisterjagd teilzunehmen, geht die Einmischung los!«
Gil schüttelte vehement den Kopf. Ich spürte, dass er mit seiner Geduld am Ende war. »Es kann nicht immer alles nach deiner Nase gehen,
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