René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Geschäft kommen.
In seiner Vernehmung in Bochum im Dezember 2010 macht Marijo Cvrtak eine längere Einlassung. Der fränkische Kroate, der als seinen Beruf Automatenaufsteller angibt, war bereits wegen Raubes, Bandendiebstahls und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Er hat dunkles Haar und breite Schultern und kann gut reden. Manchmal verzettelt er sich in Widersprüche, aber niemand hält seine umfangreichen Aussagen für reines Gequatsche. Das Landgericht verurteilt ihn schließlich zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten.
In seiner Einlassung geht es Cvrtak um den FC St. Pauli und um die angebliche Manipulation eines Spieles, von
der René Schnitzler nach eigenen Angaben nichts wusste: St. Pauli gegen Alemania Aachen. Cvrtak erzählt, in der Zockerszene im Ruhrgebiet sei bekannt gewesen, dass ein Paul aus Holland Spiele verschiebe. Er selbst habe ihn in Holland besucht und ihm angeboten, ehrlich miteinander zu sein und in Asien Mix-Parley zu spielen – auf verschobene Spiele.
Mix-Parley sind Kombinationswetten, bei denen die Quoten multipliziert werden. Wenn Mannschaft A gegen Mannschaft B spielt und C gegen D und der Wetter zum Beispiel 100 Euro als Mix-Parley setzt und vom Buchmacher eine Quote von 2.0 darauf erhält, dass A gewinnt, und eine Quote von 2.0 darauf, dass C gewinnt, gewinnt er bei entsprechendem Spielausgang 400 Euro. Würde er beide Wetten einzeln mit 100 Euro Einsatz wetten, könnte er bei gewünschtem Spielausgang seinen Einsatz nur auf 200 Euro verdoppeln. Das Risiko bei Mix-Parley-Wetten ist, dass beide Spielausgänge auch eintreffen müssen. Tippt der Spieler nur einmal richtig, gewinnt er gar nichts.
Rooij sagte, er wolle sich das Angebot überlegen. Er wollte auch wissen, ob Cvrtak sich an Bestechungsgeldern beteiligen würde. Seine Spieler, lässt Rooij daraufhin Cvrtak wissen, bekämen pro Spiel 150 000 Euro ausgezahlt. Die Namen der gekauften Spieler könne er aber nicht nennen. Den Bochumer Beamten erklärt Cvrtak später, dass er Rooij aus diesem Grund geglaubt habe: weil der die Namen nicht gleich beim ersten Treffen verraten habe.
Vor dem vorletzten Spieltag der Saison 2007/2008 rief laut Cvrtaks Aussage Rooij bei ihm an. Er wollte loslegen. Als Cvrtak einverstanden war, fragte Rooij, ob er mit Geld nach Amsterdam kommen könne. Doch Cvrtak war zu diesem Zeitpunkt nicht flüssig.
Beide tippten auf einen Sieg von Alemania Aachen, dem eindeutigen Außenseiter. Die Quote war deshalb höchst attraktiv. Und Aachen gewann tatsächlich.
Cvrtak gratulierte Paul, und derteilte ihm mit, dass es nächstes Wochenende gleich weitergehen solle, wiederum mit einer Wette gegen St. Pauli. Die Namen der angeblich involvierten St. Pauli-Spieler behält Rooij erneut für sich. Laut Cvrtak war die Partie Mainz gegen St. Pauli dann wirklich manipuliert. Er habe gemeinsam mit Paul 100 000 Euro gewonnen, nicht in Asien, sondern gestückelt auf dem deutschen Wettmarkt.
AUSWÄRTSSPIELE
Am sechsten Spieltag der neuen Saison, an einem Freitag im September 2008 um 18 Uhr, wird im Ostseestadion in Rostock die Zweitligapartie FC Hansa Rostock gegen FC St. Pauli angepfiffen. Beide Teams sind nur mittelmäßig in die neue Spielzeit gestartet, Rostock ist Neunter, St. Pauli Achter. Wer gewinnt, hält Anschluss an das obere Tabellendrittel. Die Begegnung der benachbarten Klubs ist aber nicht nur deshalb von hoher Brisanz: Rechtsradikale Rostock-Fans nutzen sie schon seit Jahren, um sich Schlägereien mit linken St. Pauli-Anhängern zu liefern. René Schnitzler, Uli Hamanns und Paul Rooij wiederum wollen das Spiel nutzen, um Geld zu verdienen – jeder auf seine Weise.
Auf die Partie in Rostock nämlich haben sie sich ein paar Tage zuvor geeinigt. Der Pate hat gezahlt und Schnitzler, glaubt Rooij, hat mit dem Geld auch Mannschaftskameraden gekauft. So viele, wie es eben braucht, um eine klare Niederlage zu kassieren.
Anders als in Mainz steht Schnitzler in Rostock selbst auf dem Platz. Er spielt schwach, und St. Pauli verliert deutlich mit 0:3. Die Tore fallen in der 30., in der 71. und in der 87. Minute. »Wenn ich die Chance gehabt hätte, das 1:0 für uns zu schießen, ich hätte das gemacht«, beteuert Schnitzler heute. »Auch wenn Paul dann seine Kohle verloren hätte, egal. Er hat mich zu dem Zeitpunkt ja noch nicht bedroht. Und ich hatte ihm auch noch keine Namen von Spielern genannt, die ich mit seinem Geld angeblich bestochen hatte.«
Rooij kündigt an, dass man
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