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Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
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Amulett.
    Der harte Beton ist
furchtbar unbequem, und ich setze mich so zurecht, dass ich die Beine vor mir
ausstrecken und die Knöchel überkreuzen kann. So ist es zwar nicht möglich,
meine Knie zu bedecken, aber Bequemlichkeit ist im Moment wichtiger als
Sittsamkeit.
    Gavin beobachtet,
wie mein Rocksaum sich in die Höhe schiebt, dann starrt er hastig auf seine
Schnürsenkel. »Du erinnerst dich also an alles?« An der Art, wie er die Frage
stellt, kann ich erkennen, dass er das nicht glaubt.
    Verlegen gebe ich
zu: »Nein.«
    Â»Und trotzdem bist
du der Meinung, dass sie dich nicht gerade einer Konditionierung unterziehen?«
    Hoffentlich.
Garantiert. Vielleicht.
    Laut sage ich: »Ich
bin die Tochter des Volkes.«
    Kurz scheint es so,
als wolle er noch einmal nachhaken, doch dann fragt er: »Wie bist du eigentlich
die Tochter des Volkes geworden? Ist Mutter deine richtige Mom? Es kommt mir
nämlich nicht so vor.«
    Er ist viel zu
aufmerksam. Ich schüttele den Kopf. »Mutter hat mich adoptiert. Sie hat immer
auf die genetisch perfekte Kandidatin gewartet. Schließlich hat sie mich zu
ihrer Tochter gemacht und mir jeden Wunsch erfüllt. Von mir erwartet man nur
eines: dass ich mich binnen einer gewissen Frist verpaare – also, fortpflanze«,
erkläre ich, als er mich verwirrt ansieht. »
Es ist eine Ehre für mich, meine Pflicht
zu erfüllen und sicherzustellen, dass in Elysium nur die Besten geboren werden.
Schließlich müssen wir mein genetisches Erbe weitertragen. Es gibt also keinen
Grund, meine Gedanken zu kontrollieren. Ich verlasse nur selten den
Palasttrakt, und wenn ich es tue, habe ich stets Wachen bei mir.«
    Gavin schweigt eine
Weile. Es herrscht jetzt Stille in der Zelle, aber es ist nicht unangenehm.
Nicht wie bei meinen Besuchen bei Mutter, wenn der einzige Laut von den
tickenden Uhren kommt.
    Â»Wie ist das mit
dieser Verpaarung?« Seine Frage kommt so unvermittelt, dass ich zusammenfahre.
»Tut mir leid«, entschuldigt er sich kichernd, als er es bemerkt.
    Â»Es ist eine Ehre für mich, meine Pflicht zu
erfüllen und sicherzustellen, dass in Elysium nur die Besten geboren werden.«
Irritiert runzele ich die Stirn.
Warum klingt es so seltsam, wenn ich das sage? In meinen Gedanken schien es
genau richtig.
    Er lächelt
nachsichtig, als wäre damit alles gesagt. »Und das hier? Die Sache mit mir?
Deine Mutter ist bestimmt nicht begeistert darüber, dass du so gar nichts über
mich in Erfahrung bringst.«
    Nachdenklich
kräusele ich die Lippen. »Ich bin auch nicht begeistert darüber, dass ich
nichts über dich in Erfahrung bringe.« Dann sehe ich ihm direkt in die Augen.
»Allerdings aus ganz anderen Gründen.«
    Er grinst, dann
fragt er: »Erinnerst du dich noch an unser erstes Gespräch, das wir hier geführt
haben?«
    Nein , denke ich. Und das ist das
Schlimmste. Das ist immer das Schlimmste. Nicht zu
wissen, was ich gesagt oder getan habe. Unbewusst kaue ich auf meiner
Unterlippe herum, zwinge mich dann aber, damit aufzuhören.
    Â»Bruchstückhaft«,
sage ich schließlich.
    Und wieder scheint
er zu erraten, was ich nicht ausgesprochen habe. »Das ist schon öfter passiert,
oder? Und läuft immer gleich ab?«
    Diesmal antworte ich
nicht. Es läuft tatsächlich immer gleich ab. Er sieht mich weiter durchdringend
an, und plötzlich begreife ich, was er mir zu sagen versucht.
    Â»Ich verstehe, was
du meinst.« Eigentlich sollte ich die nächste Frage nicht stellen, aber ich
kann nicht anders. Ich muss es einfach wissen. »Und du denkst … das wäre etwas
Schlechtes?«
    Sein offener Mund
verrät mir, wie perplex er ist. »Na ja … schon. Die löschen deine
Vergangenheit! Wie kannst du denn wissen, wer du bist, wenn du dich nicht daran
erinnerst, wer du einmal warst?«
    Nun sackt meine
Kinnlade herab, doch bevor ich etwas erwidern kann, fährt er fort: »Willst du
denn wirklich den Rest deines Lebens in diesem Zustand verbringen?«
    Ich schüttele den
Kopf. »Aber … was soll ich denn tun? Wie kann ich es beenden?«
    Er tippt
nachdenklich mit den Fingern auf sein Knie. »Wie oft gehst du zu deinem
Therapeuten?«
    Â»Immer wenn Mutter
der Meinung ist, dass ich mit jemandem reden sollte. Also eigentlich jeden Tag,
aber …« Ich berühre kurz mein Amulett. »Ich glaube, seit Neuestem besteht sie
nicht mehr auf jede

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