Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
Vom Netzwerk:
doch.«
Sie nickt fröhlich. »Ich wusste, dass du irgendwann zu uns zurückfinden würdest
und die alte Hexe dich nicht ewig unter der Knute halten kann.« Sie nimmt mir
die Testausrüstung mit den Proben ab. »Ich fange sofort damit an, Miss Evelyn«,
erklärt sie laut und zwinkert mir verstohlen zu. »Sag Mutter, dass sie in etwa
einer Stunde die Ergebnisse haben wird.«
    Lautlos hauche ich
ein Dankeschön und erwidere dann ebenso gut hörbar: »Sehr schön. Wir wissen
deine Hilfe in dieser Angelegenheit wirklich zu schätzen.«
    Der Wachmann
erwartet mich bereits, als ich das Labor verlasse. Auf dem Heimweg wirft er mir
immer wieder verstohlene Blicke zu. Unwillkürlich frage ich mich, ob er wohl
gelauscht hat, aber eigentlich kann er nichts gehört haben. Doch vermutlich
wird er Mutter berichten, dass ich mich viel zu lange mit Macie unterhalten
habe.
    Â»Es war schön, sie
mal wiederzusehen«, sage ich, ohne ihn anzusehen.
    Â»Wie bitte, Miss
Evelyn?«
    Â»Ich sagte, es war
schön, Macie mal wiederzusehen. Wir haben uns so lange nicht mehr getroffen, da
war einiges nachzuholen. Ich bedauere es aufrichtig, dass du so lange warten
musstest.«
    Der Wachmann grinst
mich fröhlich an. »Kein Problem. Eine Dame sollte sich stets Zeit lassen.«
    In diesem Moment bin
ich dankbar für die Benimmkurse, an denen auf Mutters Geheiß hin jeder schon im
Kindesalter hatte teilnehmen müssen. Gute Manieren machen
ein zivilisiertes Volk aus.
    Eine Stunde. Länger
muss ich nicht warten, nur eine Stunde. Das kriege ich hin.
    Dann muss Mutter
sich nur noch an unsere Vereinbarung halten.

Eine
Vollstreckerin muss bereit sein, innerhalb
von Sekundenbruchteilen zu reagieren.
    Selbst die kleinste Verzögerung kann darüber
entscheiden, ob jemand lebt oder ob er … stirbt.
    Statuten
der Vollstreckerinnen 105 b.4 –
    Genau eine
Stunde und fünfzehn Minuten später erscheint Mutter persönlich, um mich zu
holen. Sie wirkt erfreut, was mich wiederum zutiefst beunruhigt.
    Â»Gute Neuigkeiten«,
verkündet sie und klatscht sogar freudig in die Hände. »Das Labor hat mir mitgeteilt,
dass Gavin Hunter tatsächlich eine perfekte Partie ist.«
    Ich bin unglaublich
erleichtert, sage aber nur: »Das sind wirklich gute Neuigkeiten.«
    Â»Da du allerdings
die Angewohnheit hast, des Öfteren deine Meinung zu ändern, und ich nicht noch
mehr Zeit mit dieser Angelegenheit vergeuden will, habe ich einen Entschluss
gefasst«, fährt sie fort. Mir wird flau im Magen. »Die Verpaarung wird heute
Nacht vollzogen.«
    Plötzlich scheint in
meinem Bauch ein Schwarm Schmetterlinge herumzuflattern, ich gebe mich jedoch
widerwillig. »Aber … der Papierkram … es dauert doch Tage, bis der erledigt
ist.«
    Mutter lächelt
breit. »Ich bin diejenige, die die Lizenzen erteilt, und deine habe ich bereits
ausgestellt.«
    Ich ringe mir ein
bedrücktes Seufzen ab. »Also gut, Mutter. Dann bereite ich mich nun auf heute
Abend vor.« Damit will ich in mein Quartier verschwinden, doch Mutter hält mich
zurück: »Nicht so schnell. Du wirst Gavin über unsere
Pläne informieren. Ich werde mich sicher nicht noch einmal an diesen
schmutzigen Ort begeben, einmal war mehr als genug.«
    Â»Wie du wünschst,
Mutter.« Ich verkneife mir ein Grinsen. Es gibt so einiges, worüber ich ihn
informieren werde.
    Unten in der
Zelle kauern Gavin und ich uns in eine Ecke. Obwohl ich nicht sicher bin, ob
das jetzt noch nötig ist, schirme ich ihn wieder vor der Kamera ab. Hat Mutter
uns überhaupt beobachtet? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass sie ein
solches Wissen nicht gegen mich verwendet hätte. Oder sie spielt mit mir wie mit
einer Marionette, beobachtet jede unserer Bewegungen und wartet nur darauf, im
richtigen Moment zuzuschlagen. Dieser Gedanke stimmt mich nicht gerade
zuversichtlich.
    Â»Und?«, fragt Gavin.
    Er wirkt seltsam
entspannt, man sieht ihm nicht an, dass sein Leben und seine Freiheit von
dieser Information und dem Plan abhängen, den ich mir in diesem Moment erst
zurechtlege. Er hat die Beine ausgestreckt, die Knöchel gekreuzt und die Arme
locker auf seinem Bauch gelegt – genauso gut könnte er sie hinter dem Kopf verschränken.
Nicht einmal von seinem Blick lässt sich etwas ablesen. Das ist fast schon
unheimlich. Nur Vollstreckerinnen gelingt es, ihre Emotionen so gut

Weitere Kostenlose Bücher