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Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
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atme ich einmal tief durch, bevor ich die Leiter erklimme. Da mein
rechter Arm noch immer nicht so will wie ich, ist das ziemlich mühsam, aber
immerhin haben die Medikamente, die Gavin mir verabreicht hat, die Schmerzen so
weit gelindert, dass ich mich langsam in die Höhe ziehen kann. Gavin folgt mir
und zieht das Türchen hinter sich zu. Es rastet mit einem lauten Scheppern ein,
das durch den Tunnel hallt. Ich zucke erschrocken zusammen und kann nur hoffen,
dass sich hier gerade niemand aufhält, der uns hören könnte.
    Als wir auf halber
Höhe der Leiter sind, stößt Gavin einen leisen Fluch aus. »Was ist denn?«,
flüstere ich und halte inne.
    Â»Einfach
weiterklettern«, erwidert er angespannt.
    Â»Hast du jemanden
gesehen?« Sofort ziehe ich das Tempo an. Eigentlich glaube ich nicht, dass sie
uns schon gefunden haben. Dafür waren die Drähte nicht lange genug gekappt, das
Ganze hat nicht einmal fünfzehn Sekunden gedauert.
    Â»Nein. Geh weiter.«
    Erleichtert schließe
ich für einen Moment die Augen, klettere aber schnell weiter. »Was ist es
dann?«
    Ich bekomme so lange
keine Antwort, dass ich schließlich zu ihm hinunterspähe. Er starrt angestrengt
auf die Mauer hinter der Leiter und tastet blind nach der nächsten Sprosse.
    Â»Gavin?«
    Â»Ich kann dir unters
Kleid schauen, okay? Das ist … irritierend.«
    Ich laufe rot an und
klettere hastig weiter. Als ich endlich den oberen Tunnel erreiche, setze ich
mich hin und rufe Gavin zu, dass alles sicher ist. Daraufhin späht er zu mir
hinauf, und ich schenke ihm ein ermutigendes Lächeln. Er erwidert es zwar
nicht, kommt aber zügig zu mir.
    Dieser neue Tunnel
ist zwar nicht breit genug, um nebeneinander zu gehen, aber zumindest ich kann
aufrecht stehen, also laufe ich hinter Gavin her. Ununterbrochen lausche ich
auf Hinweise, ob sich noch andere Menschen in den Tunneln aufhalten. Ein paar
Mal muss ich stehen bleiben und warten, bis sich mein Herzschlag ein wenig
beruhigt hat, da er so laut in meinen Ohren dröhnt, dass mir sonst etwas
entgehen könnte. Als wir eine Weggabelung erreichen, signalisiert mir Gavin,
dass ich vorangehen soll. Ich quetsche mich an ihm vorbei, obwohl ich keine
Ahnung habe, wo wir uns befinden. Aber irgendeine gute Seele hat auf dem Boden
des Tunnels Richtungsangaben hinterlassen: Links geht es zum Palasttrakt,
rechts zu den Wohngebieten, dem medizinischen und dem wissenschaftlichen
Sektor. In der Hoffnung, dass Macie nicht auf dem Freudenfest ist, entscheide
ich mich für rechts. Ich habe keinen blassen Schimmer, was uns am Ende des Tunnels
erwartet oder wo genau wir herauskommen werden; ich kann nur hoffen, dass es
nicht direkt vor einer Selbstschussanlage sein wird.
    Â»Diese Freundin von
dir«, beginnt Gavin ein paar Minuten später, »warum hat sie das schon einmal
für dich getan?«
    Ohne nachzudenken,
erwidere ich: »Sie dachte, ich wäre in dich verliebt.«
    Gavin packt mein
Handgelenk und zwingt mich so, stehen zu bleiben. »Wie kam sie auf den
Gedanken?«
    Peinlich berührt
erkenne ich meinen Fehler, drehe mich aber trotzdem kurz zu ihm um. »Sie meinte
nur, sie spräche aus Erfahrung.« Damit wende ich mich wieder ab. »Wir müssen
weiter. Ich weiß nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt, bis hier ein
Wartungstechniker auftaucht. Wahrscheinlich werden die Tunnel nicht oft
benutzt, aber …«
    Doch Gavin lässt
mich nicht los. »Was hat sie damit gemeint?«
    Seufzend drehe ich
mich wieder um. »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich, weil sie in ihren erwählten
Partner verliebt ist und deshalb glaubt, es auch bei anderen sehen zu können.«
    Â»Und, hat sie
recht?« Er sieht mich durchdringend an, doch seine Miene ist unergründlich. Ich
weiß zwar nicht so genau, was ich für ihn empfinde, bin mir aber ziemlich
sicher, dass ich mein Leben nicht für jemanden riskieren würde, den ich einfach
nur mag . Und ich habe auch keine Zeit, mir darüber
den Kopf zu zerbrechen. Ich brauche meine volle Aufmerksamkeit, um uns lebend
hier rauszubringen. Also wende ich mich ab, damit er mein Gesicht nicht sieht,
und sage nur: »Komm jetzt, wir müssen uns beeilen.«
    Er zögert noch kurz,
doch dann lässt er mich los, und ich laufe weiter.
    Wir stoßen noch auf
mehrere Abzweigungen – manche Tunnel führen senkrecht nach oben, andere auch
nach unten – und auf

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