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Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Renner & Kersting 01 - Mordsliebe

Titel: Renner & Kersting 01 - Mordsliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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Geistesabwesend hielt sie ihre Zigarette unangezündet in der Hand. „Aber es klingt logisch! Irgendwie.”
    Stille. Jede hing ihren Gedanken nach. Helga überlegte, welcher Art die Misshandlungen sein mochten, die ein kleines Mädchen zur Kindermörderin heranwachsen ließen, und sie begann zu ahnen, dass die Täterin vielleicht doch nicht die allein Schuldige war. Die Umwelt, in diesem Fall wohl die Familie, hatte zu der tragischen Entwicklung ganz sicher ihren Teil beigetragen. Ilse dachte über den Widerspruch nach, dass eine Frau, die anscheinend Kinder liebte, diese umbringen konnte. War so etwas überhaupt möglich? Sie beschloss, mit Hans darüber zu reden. Auch wenn sie seine amateurhaften Auslassungen häufig belächelte, so war er doch der einzige in ihrem Bekanntenkreis, der Bücher über Psychologie las und sich ein wenig auskannte. Ali suchte immer noch nach Zusammenhängen und weiteren Erklärungen. Plötzlich schrie sie auf.
    „Wenn wir Recht haben und Vernachlässigung tatsächlich das entscheidende Kriterium ist, dann muss die Frau die Kinder wirklich sehr gut kennen. Sie musste wissen, dass die Mütter keine Zeit für sie hatten. Ich meine, es laufen ja auch noch andere Kinder nachmittags auf der Straße herum. Außer im Park und auf dem Schulhof gibt es schließlich keine Spielmöglichkeiten hier. Und die einzige Gemeinsamkeit, die wir feststellen konnten, ist die Schule. Untereinander kannten sich nur Sandra und Benjamin. Marcel war zwar kurze Zeit mit Sandra in einer Klasse, hatte aber sonst mit den beiden nichts zu tun. Und Frau Große kannte ihn auch nicht. Es bleibt also nur die Schule, in der der Kontakt zwischen Täterin und Opfern hergestellt werden konnte.”
    Helga stieß einen Laut des Entsetzens aus, als ihr klar wurde, welche Folgerungen dieser Gedanke implizierte. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, wurde sie von Ilse unterbrochen: „Mir ist noch etwas eingefallen. Ich wusste doch, da war noch was! Die ganze Zeit schon hatte ich das Gefühl, Wichtiges übersehen zu haben. Helga hat mich völlig durcheinander gebracht mit ihrem Mord aus Liebe. Jetzt weiß ich’s wieder. Marcel wurde am vierzehnten dieses Monats getötet und Benjamin genau vier Wochen vorher und Sandra wieder vier Wochen davor.”
    „Natürlich!” Ali sprang auf. „Du willst einen Kalender, richtig?” Und schon kramte sie in einer Schublade, während Helga noch verständnislos von einer zur anderen starrte.
    „Mensch, Helga, die Morde geschahen alle vier Wochen.”
    „Ja und?”
    „Volltreffer!”, rief Ali, die vor der Schublade hockte und einen kleinen Taschenkalender in Händen hielt. „In allen Nächten schien der Vollmond. Folglich ist die Täterin nicht nur geistig gestört, sondern auch anfällig für die Macht des Vollmondes.”
    „Du glaubst doch nicht, dass sie schlafwandelt oder so?”, fragte Helga ungläubig.
    „Niemand weiß genau, wie der Vollmond sich auf die Psyche mancher Menschen auswirkt, manche schlafwandeln, andere können gar nicht schlafen. Fest steht jedenfalls, dass er Einfluss besitzt”, gab Ilse im Brustton der Überzeugung zurück. „Er bewegt die Masse der Weltmeere, und auch der Mensch besteht zum größten Teil aus Wasser. Bei Gelegenheit werde ich dir einmal erzählen, welche Versuche mit Pflanzen und Tieren schon angestellt wurden, um die Macht des Mondes zu beweisen. Unsere Großeltern wussten über solche Dinge noch Bescheid. Man darf jahrhundertealte Erfahrungen nicht einfach übergehen, nur weil die Wissenschaft momentan keine Erklärung findet.”
    Helga zweifelte an der Mitschuld des Himmelskörpers, wollte die Idee aber auch nicht als blanken Unsinn abtun. „Da wir es offensichtlich mit einer Geisteskranken zu tun haben, ist es doch ziemlich egal, ob der Mond beteiligt ist oder nicht”, meinte sie deshalb.
    „Du hast offenbar immer noch nicht begriffen.” Ungeduldig lief Ilse mit kleinen Schritten durch das Zimmer. Bei jeder Drehung schwang ihr langer, weiter Rock in elegantem Bogen. „Nur mal angenommen – auch wenn du nicht überzeugt bist – aber stell dir vor, der Vollmond ist tatsächlich der Auslöser, dann wissen wir, wann sie das nächste Mal zuschlagen wird. Wir werden im Westpark patrouillieren und aufpassen und sie auf frischer Tat erwischen.”
    „Was?” Helga schnappte nach Luft. „Wenn … wenn das stimmt, dann müssen wir der Polizei Bescheid sagen. Sofort. Die Verantwortung ist viel zu groß. Falls tatsächlich etwas

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