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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut
Autoren: Angelika Schroeder
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sie nun doch ...?« Ali verstummte, als sie Helgas bösen Blick bemerkte.
    „Ausgeschlossen, sie wollten heiraten. Sie liebten sich. Andrea nervte schon das Kollegium mit ihren Lobeshymnen auf Josef. Jeder zweite Satz begann mit ›Josef hat gesagt‹. Für sie gab es nur noch ihn. Kannst du dir vorstellen, dass so eine Frau ihre Meinung von einer Sekunde zur nächsten ändert und ihren Freund umbringt?«
    Ali hob die Schultern. „Wer weiß?« Sie rauchte mit kurzen hastigen Zügen. Ihre freie Hand rückte zum wiederholten Male die Kaffeetasse zurecht.
    Ungläubig, mit offenem Mund starrte Helga ihr Gegenüber an. Sie hatte Zustimmung, wenn nicht sogar Begeisterung über Raesfelds Auftrag erwartet. Damals war es Ali gewesen, die sie mit ihrer Energie und Tatkraft mitgerissen hatte. Sogar zu den Prostituierten war Ali gegangen, um sie auszufragen. Und jetzt zeigte sie kaum Interesse. Das entsprach ganz und gar nicht der Frau, die Helga kannte.
    „Was ist los? Weißt du etwas über die Michalsen oder ihren Freund? Ich dachte, du würdest mir helfen! Allein schaffe ich das nicht.«
    „Nein, natürlich weiß ich nichts über die beiden, woher auch? Es ist nur so, dass ...« Sie zögerte, schien unentschlossen und drückte dann übertrieben kraftvoll die Zigarette aus, als wollte sie die Kippe zermalmen. Anscheinend hatte sie eine Entscheidung getroffen.
    „Was ist mit dir?«, fragte Helga erschrocken. „Hast du Probleme mit den Kindern? Oder ist was mit deinem Mann?«
    Ali schüttelte den Kopf, dann zog sie eine hilflose Grimasse.
    „Es wär zum Lachen wenn es nicht zum Heulen wär. Ich hab Probleme mit mir. Ich ... ach zum Teufel, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich liebe Herbert nicht mehr.«
    „Waas?« Helga schnappte nach Luft. Ali gehörte zu den wenigen Frauen, die sie um ihre Ehe beneidete, denn die lebte mit ihrem Mann, nicht neben ihm. Wenn sie von Herbert sprach, dann stets in liebevollem Ton. Sie hatte ihn selten kritisiert und wenn, dann mit Verständnis und Humor. Sie wusste seinen Verdienst ebenso zu schätzen wie seine Toleranz. Nie hatte er etwas gegen ihre vielfältigen Aktivitäten eingewendet, selbst dann nicht, wenn das Essen aus der Tiefkühltruhe oder vom Imbiss stammte, auf den Möbeln Staub lag und man durch die Fenster kaum noch etwas sehen konnte. Er kannte die Eigenheiten seiner Ali und akzeptierte sie. Und diese hatte stets den Eindruck erweckt, mit ihrem Leben rundum zufrieden zu sein. Jetzt schluchzte sie fast. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Als wir neulich abends gemeinsam vor dem Fernseher saßen, da ... da hatte ich auf einmal das Gefühl, da sitzt ein ganz fremder Mann neben mir. Ich empfand nichts, als ich ihn ansah. Gar nichts. Er war mir absolut gleichgültig. Genauso gut hätte Raesfeld neben mir sitzen können.«
    Helga kicherte: „Nicht der olle Raesfeld. Überhaupt verstehe ich das Ganze nicht. Man kann doch nicht von einer Sekunde zur anderen alle Gefühle für einen Menschen verlieren? Für einen Menschen, mit dem man jahrelang so vertraut ist. Da muss doch etwas vorgefallen sein?«
    „Nein, nichts. Das ist es ja eben. Plötzlich war alles weg. Einfach so.« Sie schnippte mit den Fingern.
    „Einfach so?«, wiederholte Helga ungläubig fragend.
    „Ganz genau. Die Wärme, das Gefühl der Geborgenheit, all das, was ich früher immer gespürt habe, wenn wir zusammen waren, ist nicht mehr da. Deshalb dachte ich, dass deine Kollegin vielleicht auch ... schon gut, schon gut.« Abwehrend hob sie die Hände, als sie Helgas Gesichtsausdruck sah.
    „Andrea wollte heiraten«, gab diese betont zurück. „Sie freute sich auf das, was du hinter dir hast, ein erfülltes Eheleben. Du kannst euch beide nicht vergleichen.«
    „Wohl nicht. Vermutlich hast du Recht. Weißt du, seitdem ich nichts mehr für Herbert empfinde, fühle ich mich einsam, alt und verbraucht.«
    „Du bist weder alt noch verbraucht. Und was die Einsamkeit angeht, da kannst nur du entscheiden. Entweder bleibst du bei ihm und versuchst das Beste aus der Misere zu machen, was ich allein wegen der Kinder vernünftig fände, oder du verlässt ihn und suchst dir jemand anderen.«
    „Du klingst so schrecklich vernünftig.« Sie schob ihre Tasse in die Mitte des Tisches. „Jetzt brauche ich was Süßes. Nervennahrung.« Damit stand sie auf und ging nach vorn zur Kuchentheke. Da die Suppe Helga nicht wirklich gesättigt hatte, folgte sie der Freundin. Zwar hatte sie sich vorgenommen, ein wenig
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