Renner & Kersting 02 - Mordswut
anderen. Bald hatte sie die Kanne zur Hälfte geleert, aber ihre Nervosität nahm eher zu. Ehrlicherweise musste sie gestehen, dass es nicht die Neugier auf Heinz Sauermann war, jedenfalls nicht nur, die Eifersucht plagte sie weitaus schlimmer. Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus, stand auf, zog ihre Jacke über und verließ die Wohnung.
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Zuerst fuhr sie nach Hohenlimburg. Klaus’ Auto stand immer noch am selben Platz. Verdammt! Das tat weh! Dabei hatte sie es von Anfang an gewusst. Er hatte immer mit offenen Karten gespielt. Blöde Kuh, schimpfte sie sich selbst. Warum musste sie sich Hoffnungen machen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt waren? Natürlich kannte sie die Antwort. Sie hatte sich verliebt. Wie ein dummer Teenager hatte sie ihren Gefühlen nachgegeben und sich verliebt. Und als er nach Wochen immer noch kam und sie besuchte, war sie fest davon überzeugt, er empfinde ebenso. Aber Männer dachten da wohl anders. Der Beweis ihrer Männlichkeit besaß offensichtlich Priorität. Dabei hatte sie geglaubt, Klaus sei anders als die anderen. Sie hätte es besser wissen sollen bei ihren Erfahrungen. Aber ihre Gefühle für ihn waren so intensiv, dass sie glaubte, von sich auf ihn schließen zu dürfen.
Wieder einmal unterdrückte sie die Tränen. Mit diesen peinigenden Gedanken mochte sie nicht allein zu Haus sitzen. Also fuhr sie zur Wohnung von Sauermann. Da die alten Häuser weder Tiefgarage noch Parkplätze in den Hinterhöfen besaßen, betrachtete sie die am Straßenrand stehenden Autos, ob sie Sauermanns dicken BMW finden würde. Als sie die zweite Runde drehte, entdeckte sie ihn direkt unter einer Straßenlaterne. So ein Auto fiel auf in dieser Gegend. Helga fand keinen Parkplatz in der Nähe. Entweder drehte sie weiter Runde um Runde oder parkte ein Stück entfernt und ging zu Fuß zurück. Dann würde sie ihn womöglich verlieren, falls er auf die Idee kam, noch wegzufahren. Sie hoffte sehr, dass er es tun würde, sie brauchte eine Beschäftigung, die sie ablenkte, so dringend wie der Fisch das Wasser. Gerade als sie sich zu einer weiteren Runde entschlossen hatte, sah sie im Rückspiegel einen Mann aus dem Haus kommen, und am BMW leuchteten die Blinker auf. Was nun? Der Wagen fuhr in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Diese Probleme gab es in den Krimis nicht, dachte Helga, schon wieder leicht amüsiert. Weder James Bond noch der brave Inspektor Derrick würden einen Verdächtigen aus den Augen verlieren, weil sie keinen passenden Parkplatz fanden. In Wirklichkeit sah es anders aus. Sie müsste Klaus mal danach fragen. Aber nein, das ging ja nun nicht mehr. Wieder stiegen Tränen hoch. Der BMW beschleunigte. Um diese Zeit, es ging auf 22.00 Uhr zu, war nicht mehr viel Betrieb, so dass sie es wagte, auf der Straße zu wenden. Er fuhr Boelerstraße Richtung Kabel zur Hohensyburg. Helga kannte das Spielcasino. Einmal war sie aus Neugier dort gewesen. Allerdings hatte sie die Atmosphäre als zu gespannt empfunden. Zu viele verbissene Spieler, zu hohe Summen. Ihr gefielen die kleineren Casinos, wo die Leute hingingen, um sich zu unterhalten, ihre Kleider auszuführen und einfach einen netten Abend zu genießen. Helga überlegte, ob ihre Kleidung den Ansprüchen genügen würde. Männer konnten sich Krawatten und Jacketts leihen, für Frauen war ähnliches nicht vorgesehen. Zum Glück hatte sie die angeschmutzte Jeans gegen eine schwarze Hose getauscht. Der dünne Pullover darüber wirkte nicht gerade elegant aber auch nicht zu leger. Sie folgte Sauermann in einigem Abstand. Der sah auch nicht aus, als gehörte er hierher, obwohl er zielstrebig das Untergeschoss mit den Automaten durchquerte und die Treppe zu den Spieltischen hinaufeilte. Er tauschte einen Haufen Scheine um und setzte sich an einen der Roulettetische, die hohe Einsätze verlangten. Nichts für sie. Da alle Tische dicht umlagert waren, konnte sie sich hinter einem breiten Rücken verbergen und Sauermann im Auge behalten. Er hielt mit, und der Stapel Jetons vor ihm verringerte sich zusehends.
Helga versuchte, logisch zu überlegen. Das Haus, in dem er wohnte, sah alt und leicht verkommen aus, entsprechend günstig würde die Miete sein, was wiederum bedeutete, dass er nicht wirklich wohlhabend war. Woher stammte dann das Geld, das er hier verspielte? Sie beobachtete, wie sich seine Züge verzerrten, wenn der Croupier die Einsätze wegfegte. Er setzte stets auf volles Risiko, selten mal eine Reihe oder ein Caree. Seine
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