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Renner & Kersting 03 - Mordsgier

Renner & Kersting 03 - Mordsgier

Titel: Renner & Kersting 03 - Mordsgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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dass der Wohlfang, also dass der umgebracht worden ist. Stimmt das?«
    »Ja, das ist richtig. Warum fragst du?«
    »Na ja«, verlegen trat sie von einem Fuß auf den anderen. »Der Wohlfang, war das so ein dünner Langer mit Locken auf dem Kopf?«
    »Das stimmt. Woher kennst du denn den Doktor Wohlfang? Hat deine Schwester mit dir über ihn gesprochen?«
    »Nein, hat sie nicht.« Sie blickte zum Fenster, legte unbewusst die Stirn in Falten, drehte sich halb um und machte Anstalten zu gehen.
    »Na komm’ Veronika, du hast doch etwas auf dem Herzen. Was ist los, Mädchen?«
    »Wenn man weiß, wer der Mörder ist, muss man das dann unbedingt sagen?«
    Helga blieb fast das Herz stehen. Aber dann sagte sie sich, dass die Kleine vermutlich etwas überinterpretierte. Vielleicht hatte sie eine Beobachtung gemacht, aber wissen konnte sie nichts.
    »Wenn du etwas gesehen hast, was der Polizei hilft, den Täter zu finden, dann musst du es schon sagen.«
    »Auch, wenn ...« Wieder schwieg sie. Helga begann sich zu fragen, warum ihr das Sprechen so schwer fiel.
    »So schlimm kann das doch nicht sein, was du sagen willst. Was hast du gesehen?«
    »Den ... den Thode. Er hat gesagt: ›Ich bring’ dich um‹. Und dabei hat er ganz komisch geguckt.«
    »Das musst du mir genauer erzählen.« Helga setzte sich, um ihre Augen auf gleiche Höhe mit denen des Kindes zu bringen. »Wann war das? Und woher kennst du Herrn Thode?«
    »Das war ... Sie sind aber nicht böse, nein?«
    »Nein, das verspreche ich dir.« Sie umschlang das Kind vorsichtig mit einem Arm und spürte, wie Veronika sich in die Umarmung kuschelte. Ein Zeichen, dass sie Streicheleinheiten vermisste.
    »Also, das war ganz am Anfang. Ich und Mehtap sind in der Pause durch das Haus gelaufen.« Halb schuldbewusst, weil sie genau wusste, dass sie Verbotenes getan hatte, halb pfiffig, weil die Lehrerin versprochen hatte, nicht böse zu werden, schaute sie Helga an. »Und dann hörten wir zwei Männer, die sich ganz laut stritten. Der eine war dünn und lang, der andere war auch dünn, aber nicht so lang und hatte rote Haare. Und am Schluss hat der geschrieen, dass er den anderen umbringen werde. Und Franziska meint, das hätte er jetzt auch getan.« Am Schluss zitterte ihre Stimme hörbar. Sie schniefte, und Helga reichte ihr eines der Papiertaschentücher, die immer griffbereit im Pult lagen. Sie wartete, bis Veronika sich wieder beruhigt hatte.
    »Vielleicht hat er es getan, das wird die Polizei herausfinden. Aber vielleicht ist er auch unschuldig. Jeder sagt im Zorn schon mal Dinge, die er nicht so meint. Wie oft hat der Niklas schon gesagt: ›Ich mach’ dich kalt‹. Aber in Wirklichkeit würde er das nicht tun. Wenn man ganz doll wütend ist, sagt man schon mal solche Sachen. – Oder hast du Angst?«
    Veronika zögerte einen Moment, dann nickte sie.
    »Soll ich mit deiner Mutter sprechen?« Sie hatte die Frage noch nicht beendet, als Veronika auch schon aufschrie: »Bloß nicht! Sie dürfen nicht mit Mama darüber reden! Bitte, bitte, das müssen Sie mir versprechen! Bitte! Sagen Sie, dass Sie nicht mit Mama reden!«
    So aufgelöst hatte Helga das Mädchen selten erlebt. Veronika zitterte am ganzen Körper, riss sich aus der Umarmung und starrte aus angstgeweiteten Augen zur Lehrerin. »Bitte, Sie dürfen nicht mit Mama darüber reden! Bitte nicht!«
    Für Helga war das ein deutliches Zeichen, wie sehr das Kind unter den häuslichen Verhältnissen litt. Früher herrschte Vertrauen zwischen Veronika und ihren Eltern. Es gab nichts, was sie ihrer Mutter nicht erzählt hätte. Langsam schüttelte Helga den Kopf. »Gut, wenn du es nicht möchtest, werde ich nichts sagen. Aber deine Mutter könnte dir helfen. Sie kann Franziska bitten, mit dir zusammen heimzugehen und auch in der Pause auf dich aufzupassen.«
    »Nein, ich komme schon klar. Außerdem kann ich Franziska selbst fragen. Bitte, bitte sagen Sie nichts.« Flehend blickte Veronika sie an. Tränen standen in ihren Augen. Die Angst schien tief zu sitzen, und Helga wiederholte ihre Zusage mehrfach, bis Veronika endlich beruhigt zur Tür ging. Die Lehrerin ließ sich das Gespräch durch den Kopf gehen. Wovor fürchtete sich das Mädchen bloß so? Normalerweise begegneten die Grundschüler den Gymnasiallehrern eher selten, falls sie nicht gerade ungehorsam waren und durch das Gebäude liefen. Oder hatte Thode die Mädchen gesehen? Sie bedroht? Sie musste morgen mit Mehtap reden, nahm Helga sich vor. Vielleicht war die

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