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Renner & Kersting 03 - Mordsgier

Renner & Kersting 03 - Mordsgier

Titel: Renner & Kersting 03 - Mordsgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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und verständnisvoll von Anna, kurz und knapp von Helga und verschwand. Helga trug die Teekanne hinüber und fragte nach Tassen. Anna stand auf und deckte den Tisch. Die Bewegung schien ihr gut zu tun.
    »Ich glaube, die Polizei meint, Dieter habe Selbstmord begangen«, erklärte Anna, sobald sie wieder saß. »Aber das stimmt nicht. Natürlich hat er sich Vorwürfe gemacht, aber er war auch so vernünftig, dass er einsah, dass er keine Schuld trug. Und das andere, dieses ... wie sagte der Arzt doch? Ach ja, dieses posttraumatische Durchgangssyndrom ... Dieter wusste, dass das eine normale Unfallfolge war und wollte sich auch behandeln lassen. Er hatte keine Schuldgefühle, ganz bestimmt nicht. Hubertus saß am Steuer. Wenn überhaupt jemand Schuld hat, dann er. Und er ist tot. Alle, die vorne saßen, sind tot. Hubertus, seine Frau, sogar Brigitte. Brigitte Rescheid, kanntest du sie?«
    Helga schüttelte den Kopf.
    »Ihr Name stand oft in der Zeitung, sie malte und hatte häufiger Ausstellungen. Sie nahm ihre Arbeit sehr ernst. Wenn man von einem Hobby sprach, konnte sie fuchsteufelswild werden. Alles vorbei. Alfons liegt noch im Krankenhaus. Warum musste das passieren? Ausgerechnet die Drei. Für Hubertus war es eine Art zweite Hochzeitsreise. Die beiden waren noch nicht so lange verheiratet. Trotz des Altersunterschieds liebte Julia ihn, das sah man bei jeder Gelegenheit. Sie waren so glücklich. Und jetzt ...« Wieder weinte sie leise. Helga versuchte es mit Ablenkung. »Möchtest du Milch in den Tee oder soll ich Zitrone holen? Ich habe in der Küche eine gesehen.«
    Anna sah auf, fischte ein neues Papiertaschentuch aus der Tüte und wischte sich die Augen. »Ach Helga, du bist so gut zu mir. Es tut mir leid, dich belästigt zu haben. Aber ich wusste nicht, wen ich anrufen sollte. Wir haben nicht viele Freunde, weißt du. Dieter sagte immer, dass wir uns genügen.« Ein unkontrolliertes Schluchzen. »Ich glaube fast, es war Schicksal, dass wir uns gestern getroffen haben. Sonst hätte ich wohl nicht gewagt, dich anzurufen und säße jetzt allein hier. Ich glaube, dann ... dann würde ich Dieter folgen. Vielleicht tue ich es auch. Was soll ich so allein?«
    »Um Himmels willen, sag’ so etwas nicht. Du bist jung, Anna. Das Leben liegt vor dir. Auch mit vierzig kannst du noch einmal glücklich werden. Sieh mich an. Ich habe die Liebe meines Lebens auch erst mit Anfang vierzig getroffen. Es gibt so viel Schönes zu entdecken. Wirf dein Leben nicht weg. Versprich mir, dass du es nicht tust. Bitte. Sonst kann ich dich heute Nacht nicht beruhigt allein lassen. Oder soll ich bleiben? Das könnte ich auch. Allerdings nur bis morgen früh.«
    »Nein, ich komme schon zurecht. Mach’ dir keine Sorgen.« Genau das tat Helga aber. Zwei derartige Erlebnisse so kurz hintereinander, erst drei Freunde, dann ihren Mann verloren, kein Wunder, dass sie am Ende war. Am liebsten hätte Helga einen Krankenwagen gerufen. Sie hoffte, dass die Beruhigungsspritze des Arztes bald wirken würde. Sie würde erst gehen, wenn sie Anna ruhig und sicher im Bett wusste. Sie fühlte sich hilflos und der Lage nicht gewachsen. Wenn Anna nun wahr machte, was sie vorhin angedeutet hatte? »Gibt es jemanden, den ich anrufen könnte? Jemand, der dir helfen kann, wenn ich arbeiten muss?«
    Trotz Annas Kopfschütteln fragte sie weiter. »Du musst doch Verwandte haben oder Freunde, die nicht mit auf Gran Canaria waren? Bitte Anna, ich lass dich nicht allein hier mit deinen trüben Gedanken.«
    »Ich verspreche dir, ich lege mich ins Bett, sobald du die Tür hinter dir geschlossen hast. Morgen kannst du ja nach der Schule kurz vorbeikommen.« Sie stand auf, um anzudeuten, dass sie allein gelassen werden wollte. Schweren Herzens respektierte Helga Annas Entschluss, erhob sich, zog Anna noch einmal in die Arme und ging. Während der Heimfahrt dachte sie die ganze Zeit darüber nach, was sie hätte tun können. Nichts, dachte sie, nichts, womit Anna einverstanden gewesen wäre. Man kann niemandem helfen, der sich nicht helfen lassen will. Wie gut, dass sie sich gestern getroffen hatten und Anna wenigstens sie, Helga, hatte anrufen können. Manchmal ging das Schicksal schon seltsame Wege.
    Es war spät, als sie heimkam. Resigniert starrte sie auf die Hefte, die noch bearbeitet werden wollten. Heute nicht mehr, beschloss sie. Sie würde morgen ein paar Blätter mit Linien kopieren, damit die Kinder schreiben konnten. Die meisten besaßen nur ein Heft, oder

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