Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
spontan reagiert, sehr liebevoll und zärtlich. Aber nun saß sie da wie schockgefrostet. Ihrem Gesicht war keine Gefühlsregung anzusehen.
„Hast du geschäftlich hier zu tun, oder warum bist du hier?“ wollte Barbara wissen.
„No, es ist rein privat. Ich wollte meine Leni wieder sehen. Dich natürlich auch“, fügte er charmant hinzu.
Er zog Leni an sich und sah ihr tief in die Augen.
„Es gab ein Problem mit der Adresse, die du mir gegeben hast. Gut, dass ich noch den Zettel von Barbara hatte.“
„Ach so.“
Das erklärte natürlich einiges. Leni warf Barbara einen wütenden Blick zu.
„Es war nur wegen der Fotos“, stotterte die. „Ich hätte doch nie gedacht, dass er wirklich hier auftaucht.“
Luis runzelte die Stirn. Seine dunklen Augen blitzten.
„Wenn ich nicht willkommen bin, gehe ich sofort.“
In die allgemeinen Beteuerungen, dass er keinesfalls störe, stimmte auch Leni ein. Sie freute sich sehr, Luis wieder zu sehen. Oft hatte sie in der Zwischenzeit an ihn denken müssen. Aber jetzt fühlte sie sich von der Situation völlig überfordert. Wie hatte Barbara nur so etwas tun können?
„Die Fotos!“
Luis zog einen dicken Umschlag aus seiner Anzugjacke. Die Bilder wurden herumgereicht, es hagelte Kommentare und Gelächter. Arthur sah, dass auf den meisten Fotos Leni war, immer wieder sie, lachend, verträumt, am Strand, an eine Pinie gelehnt. Ein Portraitfoto gefiel ihm besonders gut. Dieser weiche Blick, galt er dem Fotografen oder der malerischen Landschaft? Unauffällig nahm er das Foto vom Tisch und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden. Kurz darauf stand er auf.
In seinem Schlafzimmer betrachtete er das Foto ganz genau. Irgendwie fühlte er sich betrogen von Leni. Aber er hatte doch keinerlei Rechte. Verwirrt legte er das Bild in die Schublade seines Nachttischs. Er kam sich albern und kindisch vor.
Er ging in die Küche und starrte aus dem Fenster. Es war ihm nicht danach zumute, auf die Terrasse zurück zu kehren. Leni war eine attraktive Frau. Es war nicht überraschend, dass sich ein Mann zu ihr hingezogen fühlte. Außerdem war sie erwachsen und niemandem Rechenschaft schuldig, auch ihm nicht.
Die Erwachsenen hatten in dem Trubel die beiden Kinder ganz vergessen.
„Gibt es da auch Palmen?“, fragte eine zaghafte Stimme.
Melanie sah den fremden Mann mit großen Augen an. Er sah interessant aus, ganz braun gebrannt, und so einen schönen, geflochtenen Hut hatte sie noch nie gesehen. Luis lachte.
„Ja, meine Kleine, viele Palmen. Und das Meer, so blau, wie du es dir gar nicht vorstellen kannst. Und einen Strand, der ganz schwarz ist.“
Ein schwarzer Strand, den wollte Melanie gerne einmal sehen. Sie wartete darauf, dass er weiter erzählte. Aber da mischte sich Rick ein.
„Wir müssen jetzt nach Hause“, erklärte er, den Fußball im Arm und bereit zum Gehen. Melanie erhob sich. Ihr Bruder hatte Recht, es war schon ziemlich spät.
Es war das Zeichen für den allgemeinen Aufbruch. Barbara fiel ein, dass man Luis ja etwas zu essen anbieten musste, und machte sich auf den Weg in die Küche, um ein paar Schnittchen zu zaubern. Leni stand auch auf, murmelte etwas Unverständliches und verschwand im Haus. Plötzlich wurde es ruhig, und am Tisch saßen nur noch Linse und Luis. Der senkte den Kopf.
„Es war ein Fehler“, sagte er leise.
„Vielleicht nur etwas überraschend.“
Linse war im Bilde. Es hatte ihn total erwischt, das war nicht zu übersehen.
„Bleiben Sie noch ein paar Tage“, schlug sie vor.
„Dann werden Sie sehen, ob sie Ihre Gefühle erwidert.“
Luis nickte. Diese Frau hatte Recht, jedenfalls hoffte er es sehr. Hals über Kopf hatte er sich in die lebensfrohe, deutsche Frau verliebt, nun kam er sich vor wie ein Idiot. Aber so schnell gab er nicht auf. Er erhob sich.
„Ich danke Ihnen, vielen Dank. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn ich morgen wiederkomme. Dann hat Leni etwas Zeit, sich von der Überraschung zu erholen. Ich gehe in mein Hotel zurück.“
Mit einem Handkuss verabschiedete er sich von Linse, die ihn durch den Garten bis vor das Haus begleitete.
„Hasta manana.“
Nachdenklich ging sie auf die Terrasse zurück. Luis tat ihr leid. Er schien ein netter Kerl zu sein, und er war sehr verliebt in Leni.
Barbara kam mit einem Teller belegter Brote heraus.
„Wo ist er denn?“
„Gegangen. Er kommt morgen wieder.“
Kopfschüttelnd sah Barbara zu, wie Linse in Richtung Pavillon verschwand. Vielleicht hatte sie
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