Replay - Das zweite Spiel
Stuart sprechen, Melinda«, erwiderte der Arzt mit sanfter Stimme.
»Schon in Ordnung.« Sie lächelte freundlich. »Am Mittwoch kommt mich jemand besuchen, nicht wahr?«
»Ja, am Mittwoch kommt Ihre Schwester.«
»Ich könnte Stuarts Gästen aber etwas Tee und Kuchen bringen, ja?«
»Wenn sie etwas möchten, natürlich.«
Melinda stieg von ihrem weiß hinterlegten Thron herunter. »Möchten Sie Tee und Kuchen?«, fragte sie höflich.
»Ja, danke«, sagte Pamela. »Das wäre sehr nett.«
»Dann geh ich ihn holen. Der Tee ist in der Küche und der Kuchen ist in meinem Zimmer. Meine Mutter hat ihn gebacken. Werden Sie warten?«
»Natürlich, Melinda. Wir werden hier sein.«
Sie verließ das Zimmer durch eine Nebentür, dann entfernten sich ihre eiligen Schritte über eine Treppe. Jeff und Pamela sahen sich um: Behagliche Ledersessel, in einem Halbkreis um den Backsteinkamin arrangiert, in dem zwei Scheite brannten; gedämpfte blaue Tapeten mit einem zarten Lilienmuster; eine Tiffany-Lampe, die in der gegenüberliegenden Zimmerecke über einem Mahagonitisch mit dem halb fertig gestellten Puzzle eines Chrysippusfalters hing. Hinter aufgezogenen dunkelblauen Plüschvorhängen sah man auf eine verschneite Hügelkuppe.
»Das ist recht hübsch«, sagte Jeff. »Es sieht gar nicht aus wie…«
»Wie das, was es ist?« Der Arzt lächelte. »Nein, wir sind auf eine möglichst normale und angenehme Umgebung bedacht. Keine Gitterstäbe vor den Fenstern, wie Sie sehen können. Keiner der Angestellten trägt Uniform. Ich glaube, dass die Atmosphäre den Gesundungsprozess beschleunigt und die Rückkehr ins Alltagsleben viel leichter macht, wenn ein Patient so weit ist, dass er wieder nach Hause zurückkehren kann.«
»Was ist mit Stuart? Glauben Sie, er wird bald so weit sein, dass er hier weg kann?«
Pfeiffer spitzte die Lippen und sah aus dem Fenster auf den fallenden Schnee. »Seit seiner Einlieferung hat er ausgezeichnete Fortschritte gemacht. Ich setze große Hoffnungen auf Stuart. Es gibt natürlich Komplikationen, eine Reihe juristischer Hürden, die …«
Ein schmächtiger, blässlicher Mann Anfang dreißig kam in den Raum, gefolgt von einem muskulösen jungen Mann in Jeans und einem grauen Wollpullover. Der blasse Mann trug blaue Freizeithosen, tadellos polierte italienische Schuhe und ein weißes Frackhemd mit offenem Kragen. Sein Haar wies Geheimratsecken auf und war auf dem Kopf bereits etwas schütter.
»Stuart«, sagte der Doktor freundlich. »Sie haben unerwarteten Besuch. Geschäftspartner, glaube ich. Aus New York. Jeff Winston, Pamela Phillips - Stuart McCowan.«
Der Mann mit dem schütteren Haar lächelte erfreut und streckte die Hand aus. »Endlich«, sagte er und schüttelte erst Jeff und dann Pamela die Hand. »Ich habe lange auf diesen Moment gewartet.«
»Ich weiß, wie Ihnen zumute ist«, erwiderte Jeff ruhig.
»Also«, sagte Dr. Pfeiffer, »ich werde Sie jetzt allein lassen. Ich fürchte, Mike wird bleiben müssen. Das ist eine Bedingung, die uns gerichtlich auferlegt wurde, ich habe in dieser Hinsicht keine andere Wahl. Aber er wird Sie nicht stören. Sie können so vertraulich miteinander sprechen, wie Sie wünschen.«
Der stämmige Wärter nickte, setzte sich an den Tisch unter der Tiffany-Lampe und nahm sich das Puzzle vor, während der Arzt den Raum verließ.
»Nehmen Sie Platz«, sagte Stuart, auf die Sessel vor dem Kamin deutend.
»Mein Gott«, entfuhr es Jeff in spontanem Mitgefühl, »wie schrecklich muss das für Sie sein.«
Stuart runzelte die Stirn. »Es ist gar nicht so schlimm. Viel, viel besser als manch andere Orte.«
»Ich meine nicht den Ort an sich, ich meine die Tatsache, dass Ihnen das überhaupt passiert ist. Wir werden alles tun, was wir können, um Sie so bald wie möglich hier herauszuholen. Ich habe einen ausgezeichneten Anwalt in New York. Ich werde mich darum kümmern, dass er sich gleich morgen ins Flugzeug setzt. Er kann das in Ordnung bringen.«
»Ich weiß Ihre Anteilnahme zu schätzen. Es wird aber eine Weile dauern.«
»Wie sind Sie…«
»Tee und Kuchen«, verkündete Melinda munter, als sie mit einem Silbertablett durch die Tür trat.
»Danke, Melinda«, sagte Stuart. »Das ist sehr lieb von dir. Ich möchte dir Freunde von mir vorstellen, Jeff und Pamela. Sie sind aus meiner eigenen Zeit, von 1980.«
»Oh«, erwiderte das Mädchen erfreut. »Stuart hat mir alles über die Zukunft erzählt. Über Patty Hearst und die SLA und was in Kambodscha
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