Replay - Das zweite Spiel
Bändern geschmückt, und die vergangene Woche über hatte Gretchen die Nachrichten vom Ende des Geiseldramas mit einem so starken Interesse verfolgt, wie es die meisten Kinder sonst nur für die Zeichentrickfilme am Samstagmorgen aufbrachten. Jeff hatte sich wegen ihrer Faszination von den Ereignissen in Teheran zunächst Sorgen gemacht, hatte sie vor der möglicherweise traumatisierenden Wirkung der Bilder dieses rabiaten, ›Tod den USA!‹ schreienden Mobs schützen wollen; doch er hatte gewusst, dass die Episode ein friedliches, versöhnliches Ende nehmen würde, deshalb entschied er sich, den frühreifen Griff seiner Tochter nach der Welt zu respektieren und auf ihre emotionale Robustheit zu vertrauen.
Er liebte sie in einem Maße, das er nicht für möglich gehalten hätte, ja ertappte sich dabei, sie gleichzeitig von allem Bösen beschützen und alles Schöne mit ihr teilen zu wollen. Gretchens Geburt hatte sich allerdings nicht förderlich auf seine Ehe mit Diana ausgewirkt. Vielmehr war sie verstimmt wegen der Einschränkungen, die das Kind ihrem Leben auferlegte. Gretchen aber war Ursprung und Gegenstand einer tiefen, bedingungslosen Zuneigung.
Jeff beobachtete, wie sie ein weiteres Band aus einem der Puppenhausbäume nahm und den fetten alten Chumley damit neckte. Der Kater war müde, wollte nicht mehr spielen, er legte flehentlich eine weiße Pfote auf Gretchens Wange, und diese barg das Gesicht an seinem wolligen goldfarbenen Bauch, liebkoste das Tier zu seiner vollen Zufriedenheit. Jeff konnte sein Schnurren quer durch das Zimmer hören, untermalt vom leisen Lachen seiner Tochter.
Die Sonne fiel schräg durch die hohen Erkerfenster, warf leuchtende geriefelte Strahlen auf den polierten Boden, wo Gretchen die Katze streichelte. Dieses Haus, dieser stille, waldige Ort in Duchess County waren gut für sie; seine heitere Atmosphäre war Balsam für jede menschliche Seele, ob jung oder alt, ob unschuldig oder sorgenbeladen.
Jeff dachte an seinen alten Zimmergenossen Martin Bailey. Er hatte Martin kurz nach Gretchens Geburt angerufen, so den Kontakt, der in diesem Leben irgendwie abgebrochen war, wiederhergestellt. Jeff hatte es zwar nicht geschafft, ihn von seiner Ehe abzubringen, die sich als besonders unglücklich erweisen würde und den Mann ursprünglich zum Selbstmord getrieben hatte, doch er hatte dafür gesorgt, dass Martin eine sichere Stellung bei der Future Inc. und ab und zu ein paar ausgezeichnete Aktientipps bekam. Sein Freund war wieder geschieden, was an und für sich traurig war, aber wenigstens war er am Leben und obendrein noch solvent.
Jeff dachte in diesen Tagen selten an Linda oder an seine frühere Existenz. Inzwischen erschien ihm jenes erste Leben als Traum; die emotionale Sackgasse mit Diane war jetzt die Realität, die Glückseligkeit, bei Gretchen, seiner Tochter zu sein, und die verschiedenen Annehmlichkeiten, die sein ständig wachsender Reichtum und seine Macht mit sich brachten. Sein Wissen und alles, was es ihm eingebracht hatte, waren die Realität - im Guten wie im Schlechten.
Das Bild auf dem Monitor zeigte eine rein organische Bewegung. Ruhig durch gewölbte Kammern hindurchfließende Flüssigkeit, Expansion und Kontraktion, die einander in stetigem, ruhigem Rhythmus ablösten.
»… bei keiner der beiden Herzkammern ist eine Blockade feststellbar, wie Sie sehen können. Und selbstverständlich hat das EKG während der vierundzwanzigstündigen Untersuchung keinen Hinweis auf das Vorliegen einer Tachykardie erbracht.«
»Und worauf läuft das alles im Endeffekt hinaus?«, fragte Jeff.
Der Kardiologe schaltete das Videogerät aus, das die Ultraschalluntersuchung von Jeffs Herz wiedergegeben hatte, und lächelte.
»Das bedeutet, Ihr Herz ist in einem so perfekten Zustand, wie es sich ein dreiundvierzigjähriger Amerikaner männlichen Geschlechts nur wünschen kann. Desgleichen Ihre Lungen, den Röntgenbildern und den Lungenfunktionstests nach zu schließen.«
»Dann ist meine Lebenserwartung …«
»Halten Sie sich in dieser Verfassung, und Sie werden wahrscheinlich hundert Jahre alt. Sie treiben doch Sport, nehme ich an?«
»Dreimal die Woche.« Jeff hatte in mehr als einer Hinsicht von seiner Voraussicht der Fitnesswelle der späten 70er Jahre profitiert. Er besaß nicht nur Aktien von Adidas, Nautilus und der Holiday-Health-Spa-Kette, er machte auch seit über zehn Jahren von ihrem Angebot vollen Gebrauch.
»Nun, hören Sie nicht auf damit«, sagte der
Weitere Kostenlose Bücher