Replay - Das zweite Spiel
sich eine Mulde gebildet hatte, in der sie aufrecht stehen blieb.
»Hast du eine große Erbschaft gemacht, oder etwas in der Art? Ich meine, die meisten Jungs, die ich kenne, könnten nicht mal einen Job bei so einer Firma in New York bekommen … oder sie würden ihn nicht haben wollen.«
»Nein, ich hab sie selbst aufgebaut, von Grund auf.«
Er lachte, entspannte sich allmählich, zum ersten Mal seit Jahren überzeugt von seinen Leistungen und stolz darauf. »Ich hab mit ein paar Wetten eine Menge Geld gewonnen, Pferderennen und so was, und das hab ich alles in die Firma gesteckt.«
Sie musterte ihn skeptisch. »Wie alt bist du eigentlich?«
»Dreiundzwanzig.« Er hielt einen Herzschlag lang inne, machte sich klar, dass er zu viel von sich selbst sprach und nicht genug Neugier an ihr bekundete. Sie konnte ja nicht wissen, dass er sie bereits kannte und besser über sie Bescheid wusste als sie selbst an diesem Punkt ihres Lebens. »Was ist mit dir? Was studierst du?«
»Soziologie. Hattest du in Emory Wirtschaft als Hauptfach oder was?«
»Geschichte, aber ich bin ausgestiegen. In welchem Semester bist du?«
»Im Herbst im letzten. Wie groß ist deine Firma denn nun? Ich meine, hast du eine Menge Leute, die für dich arbeiten? Hast du ein Büro direkt in Manhattan?«
»Ein ganzes Gebäude, an der Park Avenue. Kennst du New York?«
»Du hast also dein eigenes Gebäude, an der Park Avenue. Das ist nett.« Sie sah ihn nicht weiter an, sondern malte rund um die Flasche Gänseblümchenschnörkel in den Sand. Jeff erinnerte sich an einen Tag, Monate bevor sie geheiratet hatten, als sie unerwartet mit einem Strauß Gänseblümchen vor seiner Tür aufgetaucht war. Damals stand die Sonne hinter ihrem Haar, und in ihrem Lächeln lag der ganze Sommer.
»Nun, es … hat eine Menge Anstrengung erfordert«, sagte er. »Und was hast du vor, wenn du mit der Schule fertig bist?«
»Oh, ich dachte daran, vielleicht ein paar Warenhäuser zu kaufen. Klein anzufangen, weißt du.« Sie faltete ihr Handtuch, sammelte ihre Sachen von der Decke auf und stopfte sie in einen großen blauen Strandbeutel. »Vielleicht könntest du mir zu einem guten Deal mit Saks Fifth Avenue verhelfen, hm?«
»Hey - warte, bitte geh nicht. Du glaubst, ich verarsche dich, ist es das?«
»Vergiss es einfach.« Sie stopfte das Buch in den Beutel und schüttelte Sand von der Decke.
»Nein, sieh mal, ich mein’s ernst. Ich hab dich nicht beschwindelt. Meine Gesellschaft heißt Future Incorporation. Vielleicht hast du sogar schon von …«
»Danke für das Bier. Vielleicht klappt’s beim nächsten Mal.«
»Hey, bitte, lass uns einfach noch ein bisschen miteinander reden, okay? Ich hab das Gefühl, als würde ich dich kennen, als hätten wir vieles gemeinsam. Kennst du das Gefühl, du wärst mit jemandem in einem früheren Leben zusammen gewesen oder …«
»Ich glaube nicht an solchen Unsinn.« Sie warf sich die gefaltete Decke über den Arm und wandte sich Richtung Highway zu den parkenden Autos.
»Hör mal, gib mir doch eine Chance«, sagte Jeff, neben ihr hergehend. »Ich weiß genau, dass wir eine Menge Gemeinsamkeiten entdecken werden, wenn wir uns erst kennen lernen. Wir werden …«
Sie drehte sich auf ihren bloßen Füßen um und funkelte ihn über die Sonnenbrille hinweg an. »Wenn du nicht aufhörst, mir nachzurennen, rufe ich nach dem Bademeister. Und jetzt hau ab, Freundchen. Gabel dir jemand anders auf, verstanden?«
»Hallo?«
»Linda? Hier ist Jeff, Jeff Winston. Wir haben uns heute Nachmittag am Strand getroffen. Ich …«
»Wie um Himmels willen bist du an die Nummer gekommen? Ich hab dir nicht mal meinen Nachnamen gesagt.«
»Das ist unwichtig. Hör zu, ich schicke dir eine kürzlich erschienene Nummer von Business Week . Es steht ein Artikel über mich drin, mit Foto. Seite achtundfünfzig. Du wirst sehen, dass ich nicht gelogen habe.«
»Du hast auch meine Adresse ? Was für eine Masche ist das eigentlich? Was willst du von mir?«
»Ich will dich einfach bloß kennen lernen und möchte, dass du weißt, wer ich bin. Zwischen uns ist so vieles noch offen, so viele wunderbare Möglichkeiten …«
»Du bist verrückt! Ich meine es, wie ich’s sage - du bist ein Psychopath!«
»Linda, ich weiß, es hat schlecht angefangen, aber gib mir doch die Gelegenheit, es zu erklären. Lass uns die Zeit, offen und ehrlich aufeinander zuzugehen und herauszufinden …«
»Ich will dich nicht kennen lernen, wer immer du auch sein
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