Replay - Das zweite Spiel
magst. Und es ist mir egal, ob du reich bist, es ist mir egal, ob du der gottverdammte J. Paul Getty bist, okay? Lass - mich - einfach - in - Ruhe!«
»Ich habe Verständnis dafür, dass du verärgert bist. Ich weiß, dass das alles ziemlich seltsam für dich klingen muss …«
»Wenn du diese Nummer noch einmal anrufst oder bei mir auftauchst, rufe ich die Polizei. Ist das deutlich genug?«
Das Telefon knallte laut in Jeffs Ohr, als sie auflegte.
Er hatte die Chance bekommen, den größten Teil seines Lebens neu zu gestalten - jetzt hätte er alles dafür gegeben, diesen Tag wiederholen zu können.
Die Mirassou-Weinberge südöstlich von San Jose wimmelten von Pflückern, die die Hänge abernteten und sich mit großen Körben voll frischer grüner Trauben auf den Köpfen wie Blattschneideameisen zur Zerkleinerungsmaschine und den Pressen vor dem alten Weinkeller hinabschlängelten. Die Hügel waren mit großzügig voneinander getrennten Reihen von Rebenspalieren besetzt, und zwischen den Backsteinhäusern standen die Eichen und Ulmen in oktoberlicher Farbenpracht.
Diane war den ganzen Tag lang böse auf ihn gewesen, und die ländliche Umgebung und die geheimnisvolle Kompliziertheit der Weinkellerei hatten wenig dazu beigetragen, sie zu besänftigen. Jeff hätte sie an diesem Morgen nicht mitnehmen sollen. Er hatte geglaubt, sie würde von den beiden jungen Genies fasziniert sein oder wenigstens Gefallen an ihnen finden, doch er hatte sich geirrt.
»Hippies waren das, weiter nichts. Dieser schlaksige Bursche ging barfuß , um Himmels willen, und der andere sah aus wie ein … ein Neandertaler!«
»Ihre Idee hat eine Menge für sich, auf ihr Aussehen kommt es nicht an.«
»Also, wenn sie aus ihrer blöden Idee irgendetwas machen wollen, sollte ihnen jemand sagen, dass die 60er Jahre vorbei sind. Ich kann einfach nicht glauben, dass du darauf hereingefallen bist und ihnen das ganze Geld gegeben hast.«
»Es ist mein Geld, Diane. Und ich habe dir schon einmal gesagt, dass alle geschäftlichen Entscheidungen meine Sache sind.«
Er konnte ihr keinen Vorwurf machen; ohne den Vorteil des Vorauswissens mussten die beiden jungen Männer mit ihrer Garage voller gebrauchter Elektronikteile tatsächlich als ungeeignete Kandidaten für einen Glückstreffer erscheinen. Doch in fünf Jahren würde diese Garage in Cupertino, Kalifornien, berühmt sein, und Steve Jobs und Steve Wozniak würden sich als die lukrativste Anlage des Jahres 1976 erweisen. Jeff hatte ihnen eine halbe Million Dollar gegeben, darauf bestanden, dass sie auf den Rat eines im Ruhestand lebenden jungen Marketingleiters von Intel hörten, den er vor kurzem kennen gelernt hatte, und ihnen gesagt, sie sollten tun, was immer sie wollten, solange sie es nur weiterhin ›Apple‹ nannten.
Er hatte ihnen neunundvierzig Prozent des neuen Unternehmens überlassen.
»Welcher Mensch möchte schon einen Computer im Haus haben? Und wer sagt dir eigentlich, dass diese schmuddligen Jungs überhaupt wissen, wie man einen baut?«
»Reden wir nicht mehr davon, einverstanden?«
Diane verfiel in ihr übliches verdrießliches Schweigen, und Jeff wusste, dass das Thema selbst dann nicht erledigt wäre, wenn sie von jetzt an kein Wort mehr darüber verlören.
Er hatte sie vor einem Jahr hauptsächlich aus Bequemlichkeit geheiratet, kurz nachdem er dreißig geworden war. Sie war eine dreiundzwanzigjährige Angehörige der oberen Zehntausend aus Boston, Erbin einer der ältesten und größten Versicherungsfirmen des Landes, auf eine schrille Art attraktiv und in der Lage, sich bei jeder beliebigen Zusammenkunft, bei der das individuelle Vermögen der Teilnehmer mehr als siebenstellig war, annehmbar aufzuführen. Sie und Jeff kamen so gut miteinander aus, wie man es von zwei Menschen erwarten konnte, die wenig mehr gemeinsam hatten als ihre Vertrautheit mit Geld. Diane war jetzt im siebten Monat schwanger, und Jeff hoffte, das Kind werde das Beste in ihr zum Vorschein bringen und ein festeres Band zwischen ihnen schmieden.
Die junge blonde Frau in dem maßgeschneiderten marineblauen Kostüm führte sie in das Hauptgebäude der Weinkellerei, zu dem Probierraum im vorderen Teil des verwinkelten Hauses. An den Wänden standen rautenförmige Regale voller Weinflaschen, durchbrochen von weich erleuchteten Nischen, in denen neben Schnittblumen und aufrecht stehenden Flaschen Fotos der Weinberge zu sehen waren. Jeff und Diane stellten sich an die Rosenholzbar in der Mitte des
Weitere Kostenlose Bücher