Reptilia
Beutel Schoko-Erdnüsse. Nach einem kräftigen Schluck aus der Feldflasche ging es mir besser. Die Biologin setzte sich zu mir und schnappte sich einige von den bunt umhüllten Kugeln. »Haben Sie dieses Ritual verstanden?«, fragte sie. »Ich muss gestehen, dass mir das irgendwie unheimlich war.«
Ich nickte. »Noch bedenklicher aber finde ich, dass er seinen Traumfänger abgelegt hat.«
»Seinen was?«
»Seinen Glücksbringer. Er hat ihn immer mit sich getragen, egal wohin er ging. Sogar beim Tauchen hatte er ihn dabei. Dass er sich jetzt endgültig von ihm getrennt hat, bedeutet nichts Gutes. Wir sollten auf der Hut sein.« Ich schüttelte den Kopf.
»Was ist da unten auf dem Grund des Sees eigentlich geschehen«, fragte Elieshi. »Erzählen Sie es mir. In aller Ruhe und der Reihe nach.«
Es dauerte eine Weile, bis ich alles berichtet hatte.
»Sie haben also wirklich den Eingang zur Höhle gefunden«, murmelte sie, während sie eine weitere bunte Kugel mit den Zähnen zerknackte. »Kein Wunder, dass sich die Signale in meinen Aufzeichnungen an dieser Stelle so sehr verstärkt haben.« Sie war völlig in Gedanken versunken. »Ich muss versuchen, die Laute besser voneinander zu trennen. Vielleicht gelingt es mir, ein Muster zu erkennen. Das könnte sich als überaus wichtig herausstellen.«
»Sie meinen, Sie wollen seine Sprache erlernen?«
»So ungefähr. Wir haben während des gesamten Angriffs das Tonband und die Videokamera laufen lassen. Wenn ich beides synchronisiere, kann ich vielleicht aus den Lauten und den dazu gehörenden Aktionen ein Persönlichkeitsprofil entwickeln. Dann wüssten wir, was ihn beunruhigt, erregt oder wütend macht. Und welche Laute einem Angriff vorausgehen.«
Ich nickte. Sollte der Plan wirklich funktionieren, hatten wir eine gute Chance, Mokéle besser zu verstehen.
» Geniale Idee. Genauso sollten wir es machen«, lobte ich. »Und während Sie mokélisch lernen, werde ich mir mal das Innerste unseres Freundes vornehmen. Ich muss Ihnen gestehen, dass mir einiges an diesem Wesen ausgesprochen seltsam vorkommt. Ich kann es kaum erwarten, einen Blick auf seine DNS zu werfen.« Ich reichte ihr meine Hand. Elieshi erhob sich mit einem Lächeln, das nicht über ihren Schock hinwegtäuschen konnte. Doch jetzt hatten wir wenigstens etwas zu tun.
Wir gingen ins Ausrüstungszelt, warfen den Stromgenerator an und setzten uns an unsere Plätze. Die Biologin widmete sich ihren Tonbandaufnahmen und tauchte sofort ab in ihre eigene Welt. Ich schnappte mir die Kühlkammer, die den Pfeil enthielt und legte sie vor mir auf den Tisch. Der Pfeil selbst verfügte über ein ebenso simples wie geniales Patent. In seinem Inneren befanden sich fünf Kammern, die sich beim Aufprall auf Mokéles Haut gleichzeitig mit Flüssigkeit und Gewebe gefüllt hatten. Sie ließen sich separat öffnen, so dass man jeweils eine Probe analysieren konnte, ohne die anderen zu kontaminieren. So weit, so gut. Ich schob den Pfeil zunächst zur Seite und widmete mich dem Aluminiumkoffer, in dem das Analysegerät lag, das Lady Palmbridge mir mitgegeben hatte. Das Herzstück des Gensequenzierers, den sie mir am Morgen nach dem Dinner persönlich vorgeführt hatte, bestand aus einem Mikroprozessor, der verschiedene Genstränge miteinander vergleichen und gezielt nach bestimmten Informationen suchen konnte.
Ich ließ die Verschlüsse am Koffer aufschnappen und hob den Deckel. Unvorstellbar, wie klein das Gerät war. Was früher ein ganzes Labor gefüllt hatte, befand sich nun im Inneren dieser silbrig glänzenden Metallhülle. Vorsichtig hob ich den Apparat heraus, dessen größter Teil aus einem mit Flüssigkeit gefüllten Tank bestand, in dem Restriktionsenzyme herumschwammen, die dazu dienten, bestimmte Abschnitte der DNS herauszuschneiden. Die Analyse des kompletten Genstranges wäre viel zu zeitraubend gewesen, und außerdem suchte ich ja nur nach dem Teil, auf dem die Informationen über das Immunsystem lagen. Die herausgeschnittenen Teile wurden von dem Gerät der Länge nach sortiert, radioaktiv markiert und sichtbar gemacht. So entstand ein Muster, das für jedes Lebewesen einmalig war.
Der winzige Sequenzierer von PGE führte all diese Arbeitsschritte selbsttätig aus. Die eigentliche Analyse, für die man früher drei oder vier einzelne Testanordnungen und mehrere Tage benötigt hatte, wurde nun in einem einzigen Arbeitsschritt erledigt.
Ich blickte voller Bewunderung auf das Gerät. Dieser zwergenhafte
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