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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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und Egomo neben uns. Keiner sagte ein Wort. Alle starrten betroffen auf Stewart Maloney, der seinen toten Freund in den Armen hielt und sanft hin und her wiegte. Das Gesicht des Jägers war grau. In seinen Augen lag ein fiebriger Glanz. Elieshi legte ihm ihre Hand auf die Schulter, um ihn zu trösten, doch ein kurzer Blick seinerseits signalisierte ihr, dass es besser war, ihn jetzt nicht anzusprechen, geschweige denn zu berühren.
    » Wir sollten ihn begraben«, sagte ich trotzdem. »Es beginnt langsam dunkel zu werden, und in der Dämmerung kommen die Raubtiere ans Wasser.«
    Er nickte und wischte sich mit dem Ärmel über das schmutzige Gesicht. Er warf einen kurzen Blick auf das zerstörte Flugzeug, als wollte er sich vergewissern, dass auch dort nichts mehr zu retten war. Dann erhob er sich und trug seinen Freund zurück in unser Lager. Wir folgten ihm in einer schweigsamen Prozession.
    Als wir das Camp erreichten, hatten wir alle Tränen in den Augen. Maloney wählte einen geeigneten Platz zu Füßen eines Kapokbaums und begann mit dem Klappspaten ein Grab auszuheben. Es schien für einen normal gewachsenen Menschen viel zu kurz zu sein, doch dann blickte ich auf die verstümmelte Leiche und verstand. Maloney bettete seinen Freund in die Erde, band sich sein Traumfänger-Amulett ab und legte es ihm auf die Brust. Dazu sprach er einige Worte, die ich nicht verstand, und ergänzte sie durch Gesten, die an die rituellen Beschwörungsgesten indianischer Medizinmänner erinnerten. Ohne abzuwarten, ob einer von uns auch noch etwas sagen wollte, bedeckte er den Leichnam mit Erde, zog sein Bowie-Messer und stieß es in den Baum. Mit kurzen, präzisen Schnitten ritzte er etwas in die Rinde. Kerbe um Kerbe fügte sich aneinander und entblößte das darunterliegende, rot schimmernde Kambium. Als er zurücktrat, sah ich, dass dort nur ein einziges Wort stand.
    Nyngarra!
    Die Buchstaben sahen aus, als wären sie mit Blut geschrieben worden. Ich konnte mir nicht erklären, was sie bedeuteten, aber das Wort schien Unheil zu verheißen. Hilfe suchend blickte ich zu Elieshi, aber ihrer Reaktion entnahm ich, dass sie damit genauso wenig anfangen konnte. Maloney schien sich nicht erklären zu wollen, und ich zog es vor, ihn nicht danach zu fragen. Mit einigen knappen Bewegungen reinigte er das blitzende Messer an seiner Hose. Ich rechnete damit, dass er es einstecken würde, aber dann tat er etwas, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Mit größter Ruhe entblößte er seinen Unterarm und zog die scharfe Klinge über die Haut. Sofort trat Blut aus der Wunde. Er nahm etwas Erde vom Boden und rieb sie auf die Schnittfläche. Es musste höllisch wehtun, aber Maloney zuckte nicht einmal mit der Wimper.
    Plötzlich fielen mir die Worte wieder ein, die Sixpence im Dschungel an mich gerichtet hatte. Er hatte gesagt, die Narben seien die Seelen verstorbener Freunde. Schaudernd dachte ich daran, dass seine Arme mit Narben übersät waren.
    Und jetzt war eine weitere hinzugekommen.
    Elieshi trat zu ihm. Tröstend legte sie ihre Hand auf seine Schulter, doch er schüttelte sie ab wie eine lästige Fliege. Ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen, ging er in sein Zelt, zog den Eingang zu und ließ sich für den Rest des Abends nicht mehr sehen.
    Ratlos standen wir eine Weile am Grab, dann gingen wir bedrückt zur Feuerstelle. Trotz der Bedrohung, die immer noch von dem See ausging, waren wir erstaunlich gefasst. Wir spürten, dass der Zorn Mokéles für den Moment gebannt war. Sixpence’ Opfer hatte uns eine Frist eingebracht. Doch wie lange würde sie währen und was kam danach?
    Die Erinnerungen an die Geschehnisse des heutigen Tages begannen durch die äußeren Schichten meines Bewusstseins zu dringen und sich zu einer immer höheren Mauer aus Fragen und Ängsten aufzustapeln. Ich spürte, wie meine Hände unruhig wurden und meine Finger zu kribbeln begannen. Ich steckte sie in die Hosentasche, doch das Gefühl ließ nicht nach, sondern begann sich auf meine Beine auszuweiten. Sie fingen an zu zittern, und hätte ich mich nicht hingesetzt, ich wäre an Ort und Stelle umgekippt.
    »Mein Gott, Sie sind ja kreidebleich«, sagte Elieshi, die neben mir stand. »Der Kreislauf. Atmen Sie ein paarmal kräftig durch, ich hole Ihnen unterdessen etwas, um Ihren Blutzuckerspiegel wieder in die Höhe zu treiben.« Sie verschwand im Proviantzelt und kam mit einer Hand voll Süßigkeiten wieder.
    Ich griff nach einem Müsliriegel und einem

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