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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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ersten OP erholen.“
    „O Gott, was wurde ihr …?“
    „Ich weiß nicht, konnte noch nicht mit ihr sprechen, seit sie abgerufen wurde.“
     
    Die Gassen und Pfade boten den Anblick eines Jammertals. Mehr als die Hälfte der Bewohner von Repuestos -Süd waren invalide. Sie bewegten sich auf Krücken oder im Rollstuhl. Zwei Einarmige liefen Hand in Hand. Wer weiß, wie viele unter ihnen zudem längst auch schon Opfer der chirurgischen Räuberei an inneren Organen waren.
    „Es treibt sie hinaus“, sagte Gerd, „in ihren Stuben halten sie es nicht aus. Die geschundenen Körper rebellieren doch hin und wieder bei aller Gelassenheitsmedizin, die man den Amputierten angedeihen lässt. Ich weiß von Hannes, der keine Beine mehr hat, gestern aber wenigstens noch einen Arm hatte, dass es einen tröstet, auf Schritt und Tritt anderen Versehrten zu begegnen, es suggeriert eine Art Normalität. Er ist seit heute früh im OP, sie nehmen ihm soeben den zweiten Arm ab. Von der Reha aus kommt er als glatter Rumpf nicht hierher zurück, sondern nach Repuestos -Nord, wo die Rümpfe betreut und zur Blut- und Organentnahme am Leben erhalten werden.“
    Die Knie versagten Edmund den Dienst wie seinerzeit. Er knickte ein und hielt sich an einer Laterne aufrecht. Sein Overall war am Rücken schweißdurchnässt und dicke Perlen standen auf seiner Stirn. Das ist alles nicht wahr, das ist ein böser Traum, gleich wache ich auf, daheim, neben Lydia, und es war gestern, dass ich die Arbeitshefte in der Elf einsammelte.
    Hannes! Es gab nur einen Hannes in Repuestos . Ein junger Mann, ein lieber Kerl, ein Träumer. Er träumte vom Staat der Proletarier, eine Woche vor seiner Überführung nach Süd, am Ruder im Fitnesssaal West, an Edmunds erstem Vormittag.
    Wochenlang war Edmund rückhaltlos auf alle Einzelheiten der Maßnahmen durch die Kerkerobrigkeit vorbereitet worden, hatte alles vernommen, was den Spendern in Repuestos -Süd blühte. Doch – die Botschaft vernahm er wohl, allein ihm fehlte der Glaube – , der Glaube an Unglaubliches, und er durchlief Süd, wie aus einer Wolke gefallen.
    „Herr Konrad! Edmund! Reiß dich zusammen, bau nicht ab! Die denken am Ende, du hättest vorhin in der Toilette deine Vorsuppe ausgekotzt, und lasten dir das als Vergehen an mit sofortiger Konsequenz ... Edmund, bitte!“
    Gerds Stimme holte ihn zurück.
    „Gerd, ich glaube, ich verliere hier den Verstand.“
    „Du wärst nicht der Erste. Versuche aber bitte, das zu unterlassen. Ich stand selbst schon kurz davor. Vor zwei Wochen – in der Kardiologie.“
    „Was war da?“
    Gerd rieb sich die Stirne.
    „Ein andermal … da drüben ist Gieblers Salon. Adieu!“
     
    Adalbert Giebler konnte noch nicht lange in Süd sein. Edmund erinnerte sich an das blasse Gesicht mit den auffallend roten Lippen. Er hatte ihn drüben einige Male im Atelier gesehen, da schrieb er intensiv Seite um Seite für den Schredder. Der Friseur schien sich an ihn ebenfalls zu erinnern. Er begrüßte Edmund mit:
    „Du also jetzt auch hier. Adalbert Giebler“, und gab ihm die Hand.
    „Edmund Konrad. Schreibst du immer noch fleißig – oder gibt es hier kein Atelier?“
    „Nein. Doch. Ich mein‘, ich schreibe nicht mehr, aber ein Atelier gibt es hier auch. Und du, wirst du hier schreiben?“
    „Weiß ich noch nicht. „
    „Haare schneiden?“, fragte Giebler, seine Stimme klang freundlich und der Ton war es auch.
    „Ja bitte. Und recht kurz.“
    Giebler band ihm einen Umhang um und verrichtete seine Arbeit schweigend und mit Sorgfalt. Hinterher erstand Edmund zum üblichen Nulltarif ein Rasierwasser und eine Packung Poly Diadem, schwarz, und eine Flasche Körperlotion.
     
    In der Krähengasse begegnete er Antje Meisner, die kleine Schachspielerin aus West, wie sie sich von einer einarmigen Frau mit einer Umarmung verabschiedete, die in den Magnolienpfad entschwand. Antje kam auf ihn zu, streckte ihm beide Hände entgegen. Sie sagten nichts, sahen sich an und ihre Augen weinten.
    „Trinken wir bei Max einen Kaffee zusammen?“
    Sie hakte sich einfach bei ihm unter. Sie musste seit zwei Wochen in Süd sein.
    „Seit wann bist du hier?“, wollte sie wissen.
    „Ganz neu … Sag mal, die Frau, die du da umarmt hast, war das nicht Nicole?“
    „Ja, das war sie. Wir sind Freundinnen geworden.“
    Erstaunlich – oben käme eine Freundschaft zwischen zwei Menschen so unterschiedlicher Gesinnung nie zustande. Nicoles Amputation ging ihm nahe. Sie war zwar eine Fremde

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