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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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Meeresgetier bewegte sich unter Pflanzen und zwischen Gräsern. Zwei bauchige Fische, tiefrot und königsblau, schwammen neugierig auf die Betrachter zu. Edmund war fasziniert und vergaß für Augenblicke die Wirklichkeit.
    Das Café Kuba erschien ihnen wie eine Kleinausgabe des „Palmenhofs“. Das Lokal war gut besucht, aber es war noch ein Tischchen frei. Sie bestellten Kaffee. Am Nebentisch spielten drei junge Männer Karten. Sehr leise, wohl mit Rücksicht auf die übrigen Gäste, die, teils mürrisch, teils nachdenklich in den Kuchen- oder Tortenstücken herumstocherten. Die Bedienung, jung, schön und traurig, brachte ihnen den Kaffee. An einem der hinteren Tische wurden Stimmen laut.
    „Kannst du verstehen, in welcher Sprache die sich unterhalten?“
    „Nein“, antwortete Edmund, „aber unterhalten ist gut! Hör doch nur!“
    Die beiden Männer sprachen nicht mehr laut, sondern brüllten sich jetzt an und plötzlich sprang einer von seinem Stuhl hoch und packte den anderen am Revers, schüttelte ihn und brüllte noch lauter. Wie aus dem Boden geschossen erschienen vier Betriebsschützer und führten die beiden im Polizeigriff aus dem Lokal.
    „Was passiert mit denen?“, fragte Angela leise. Edmund zuckte mit den Schultern.
    „Nichts Gutes!“, bemerkte einer der drei Kartenspieler vom Tisch nebenan. Er musste ein besonders gutes Gehör haben. „Reden darf man, was man will, wie und worüber man will, sogar schreien oder brüllen. Selbst auf Repuestos und seine Lenker schimpfen, doch handgreiflich werden, das ist keinem geraten.“
    „Sind Sie schon länger hier?“, fragte Edmund.
    „Seit siebenundzwanzig Tagen, das sind siebenundzwanzig Nächte zu viel“, antwortete der junge Mann, drehte sich wieder zu seinen Kumpels um und die drei setzten ihr Kartenspiel fort.
     
    Sie verließen das Café und ertrugen verzagt die ständige Begegnung mit traurigen und verzweifelten Blicken, vor allem von werdenden Müttern in verschiedenen Stadien der Schwangerschaft.
    Sie passierten den Parcivalturm an der breiten Treppe. Zwei in schock orangefarbenen Overalls wie die Wächter vor der Treppe eilten im Sturmschritt an ihnen vorbei. Offensichtlich galt für sie das Gebot zu wandeln nicht.
    „Wachablösung, denk ich mal“, vermutete Edmund. „Mich würde interessieren, welche Geheimnisse da oben im Turm verborgen sind und überhaupt in der Ebene über uns.“
    „Frau Weinlein sprach von technischen Anlagen, Genaueres wusste sie nicht. Vielleicht sind dort …“
     
    Frau Angela Schlösser!
     
    Sie fuhren mächtig zusammen.
     
    Sie begeben sich jetzt in Ihre
    Kemenate zum Empfang neuer
    Anweisungen.
     
    Angela wurde leichenblass. Ihre Hände krallten sich in den Ärmel von Edmunds Overall.
    „Nur Mut“, sagte er, „das kann nur bedeuten, dass Gustav geschasst ist und heute oder morgen kommt.“
    Sie biss sich auf die Lippen, nickte und wandelte davon. Edmund sah ihr versonnen hinterher. Nun war wohl auch Gustav geliefert. Was hatte er, Edmund, mit Gerd, Angela und Gustav gemeinsam und überhaupt mit allen in diesem Gefängnis? Er zweifelte nicht daran, dass sie ausgewählte Zielpersonen waren. Nicht mehr, seit er erfahren hatte, dass Gustavs Eintreffen vorher angekündigt und Angela bei ihrer Ankunft bereits in eine Doppelkemenate eingewiesen worden war. Doch nach welchen Kriterien? Nach äußeren Merkmalen suchte er vergebens. Beruf und Freizeitinteressen kamen ebenso wenig infrage, auch Politik wohl nicht. Angela, so hatte er herausgehört, war schwarz gefärbt, Gustav grün, Gerd rot und er selbst gelb. Bunter ging es nicht. Eine Gemeinsamkeit musste es aber doch geben! Religion vielleicht? Zettelten Verrückte einen modernen Religionskrieg an? Mit diesem Kostenaufwand? Vorstellen konnte er sich das nicht. Ebenso wenig, was man mit all den Menschen im Schilde führte, auf deren Gesundheit man doch penibel achtete? Tötungsabsichten konnte man da ausschließen.
    Edmund kehrte resigniert in seine Zelle zurück,
    ließ sich auf das Bett fallen und blieb – todmüde – hellwach.
     
     
     
    ***
     
     
    Der Schreinermeister Gustav Ketteler aus Frankfurt-Sachsenhausen war in schierer Verzweiflung. Seine von allen geschätzte Heiterkeit war ihm abhanden gekommen, seit Freitagmorgen – seit Angela durchgebrannt war. Sie hatten in der Nacht zuvor Verlobung gefeiert und den Termin für die Hochzeit bestimmt. Angela hatte ihm offenbart, dass sie in froher Hoffnung sei. Und am Morgen darauf war sie nach

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