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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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könnte doch eine Wende eintreten. Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, wieder auf die Welt zu kommen ...“
    „Hören Sie auf, diesen Anstaltsanzug aufzuknöpfen! Mir ist nicht danach, mit Ihnen zu ... ich glaub‘, ich muss kotzen.“ Es würgte ihn. Er rannte hinaus und erbrach seine Currywurst samt Cola in den Geranienpfad. Es zeigte sich wiederum, dass der große Bruder niemals schlief. Eine Putzmaschine rollte heran und beseitigte die Schweinerei.
     
    Edmund schluckte in seiner Kemenate zwei Aspirin, wartete, bis der Kopfschmerz verflog, wandelte zum Wellness-Zentrum und gönnte sich eine Sauna. Als er die verließ, lief ihm Antje Meisner über den Weg, die Nachbarin aus hunderteinundzwanzig, und überredete ihn zum Schachspielen. Der Sinn stand ihm nicht danach, aber er wollte die kleine Frau nicht verletzen und folgte ihr zur Spielhalle. Das Muster auf dem Brett flimmerte vor seinen Augen. Er konnte sich nicht konzentrieren, verlor jede Partie. Nach dem vierten Spiel gab er auf und verbuchte den Tag als Erfolg, als er sah, wie sich die kleine Frau über ihre Siege freute. Auf dem Weg zur Adlergasse begegnete ihm Angela. Die kam von ihrer Spezialgymnastik zurück und sah elend aus. Die Schwangerschaft setzte ihr ziemlich zu.
    „Ich bin sehr müde“, sagte sie, „und ich möchte heute abend nicht zum Essen gehen, wie wir verabredet hatten. Wir treffen uns morgen in der Bowlingbar – einverstanden?“
    „Gern. So gegen vier?“
     
    Am Morgen danach hatte Edmund im Gegensatz zu den bisherigen Montagen eine Erklärung dafür, dass eine große Anzahl der Spender das Pflichtprogramm nur mühsam bewältigte. Es waren schlichtweg verkaterte Absolventen der Orgien im „Pussikat“. Das Mittagessen nahm er heute mit Gerd im „Tulpenkorb“ ein und wandelte von dort direkt zu seiner Kemenate. Bis zu seiner Verabredung mit Angela war noch viel Zeit. Er tippte den kleinen Weckalarm auf halb vier ein und streckte sich auf dem Bett aus, doch der Schlaf wollte nicht kommen. Die Gedanken über einen Rückweg nach oben spukten immer wieder durch seinen Kopf. Ein Aufzug, der einen herunterbrachte, musste einen auch wieder heraufbringen können, überlegte er. Von allen Hindernissen waren die Beobachtungsposten das größte Problem. Man musste sie austricksen. Als schwarzer Mann? Er dachte – nicht zum ersten Mal – über eine Verwandlung nach. Es war ihm darum zu tun, mit jemandem darüber zu sprechen – er versprach sich davon, dabei einen Durchblick durch die verworrenen Vorstellungen zu bekommen. Eine Übersicht – und so sehnte er den Nachmittag und das Treffen mit Angela herbei. Auf Gerd konnte man derzeit nicht zählen.
     
    Angela hatte sich erholt und wollte dennoch lieber ins „Interim“ rüber.
    „Ich kann jetzt keine Kugel schieben und mir isses hier auch zu laut.“
    „Okay – ich möchte ohnehin etwas mit dir besprechen.“
    In Helgas Teestube setzten sie sich in die Nähe des Lautsprechers und ließen sich von Chopin berieseln. Zwar hieß es, dass man nicht belauscht würde, aber konnte man dem trauen?
    „Um was geht es?“
    „Ich habe eine Idee, wie ich hier herauskomme … ich werde alles auf eine Karte setzen.“
    „So wie Gustav? Er hat nichts davon, wenn du ihm Gesellschaft leistest.“
    „Ich wähle einen anderen Weg. Nämlich den, auf dem ich hierhergekommen bin. Dazu brauche ich einen Magnettrenner, um die blau-weiße Tür im ‚Orchideenhaus‘ zu überwinden. Möglicherweise kann ich einen solchen Schlüssel in drei bis vier Wochen herstellen, Werkzeug und Material habe ich bereits beschafft bis auf eine Feile, die ich erst noch herstellen muss. Auf dem Papier ist das Projekt fast fertig. Ich arbeite daran und hoffe nur, dass meine Berechnungen der Maße stimmen. Wenn alles fertig ist, nutze ich deine Idee, du erinnerst dich, die Beobachtung der Nigerianer …?“
    „Du irrst – die kam von Gerd.“
    „Jedenfalls schwärze ich mich ein und schleiche bei Nacht davon.“
    „Wie soll das gehen, das Einschwärzen?“
    „Mit einer Paste aus Hautcreme, Bodylotion, Zahnpasta, Kohletabletten und schwarzer Haarfarbe – beschaffbar – und in kleinen Portionen ausprobiert.“
    „Und wie ginge das weiter, wenn du als schwarzer Mann die Magnetpole getrennt und die Tür hinter die zugemacht hast?“
    „Ich schleiche durch die Baderäume zum Liftschacht. Wenn ich den erreicht habe, ist die Schlacht halb gewonnen. Mit etwas Glück ist sogar der Aufzug unten. Dann steige ich in

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