Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
Kaffee zu mir nach Hause zu kommen, um ungestört alles durchzugehen?“
Beide stimmten zu.
„Wäre nicht schlecht, Beate und Lydia kämen mit, Frauen und ihre Intuition …“
Sie waren unterdessen vor der alten Kirche angelangt, wo sie ihre Fahrzeuge abgestellt hatten, und wünschten einander Gute Nacht.
Am Sonntag kurz vor drei – Marion war gerade dabei, den Kaffeetisch zu decken – läutete das Telefon. Koko kündigte einen zusätzlichen Gast an.
„Ihr habt doch nichts dagegen ...? Es ist Dr. Leitmeier. Er war gekommen, um mit mir über die Entführungen seiner Kinder zu sprechen, dabei fielen ihm Marions Bilder auf und nun will er unbedingt eins erwerben.“
„Marion freut sich über jeden potenziellen Kunden“, erwiderte Horst, „und Dr. Leitmeier ist uns willkommen.“ Schließlich war der Arzt ein Betroffener und passte in die Runde.
Als die Gäste eine Viertelstunde später eintrafen, durchströmte Kaffeeduft die Wohnung. Noch während der Begrüßungszeremonie entdeckte Leitmeier am Ende des Flurs Marions „Mainhatten-Skyline“ und lief schnurstracks auf das Bild zu.
„Das ist es!“, rief er begeistert aus, „ist das noch zu haben?“
Marion horchte auf. Offenbar hatte er den Preis unten links gesehen und der schreckte ihn nicht ab. So schnell hatte sie noch nie eine neue Arbeit an den Mann gebracht. Sie erwiderte seine Frage mit Nicken.
„Meine Frau liebt die Gegenwartsmalerei, besonders Frankfurter Motive. Vielleicht kann ich ihr damit eine Freude machen, auch wenn sich ihre Gedanken zur Zeit, wie Sie verstehen werden, nur um unsere Kinder drehen.“
„Wer könnte das nicht verstehen“, sagte Lydia, die soeben ihre Stola an der Garderobe ablegte.
Der Arzt betrachtete unentwegt das Bild, haderte aber mit seiner Kaufentscheidung. Marion schlug ihm vor:
„Nehmen Sie es mit, Dr. Leitmeier, auf Probe sozusagen ... Gefällt es Ihrer Frau Gemahlin nicht oder es findet sich bei Ihnen zu Hause nirgendwo ein geeigneter Platz dafür, bringen Sie es einfach zurück.“
Als sie endlich alle um den Kaffeetisch saßen und zum Thema kamen, schrillte das Telefon. Am Apparat war Fiffi, der Informant, von dem selbst Hauptkommissar Raabe nicht mehr als den Spitznamen kannte. Der Hausherr schaltete den Lautsprecher ein, damit die anderen mithören konnten. Fiffi berichtete im Flüsterton von einem von der Polizei gesuchten Dealer, der beobachtet hatte, wie ein Mann mit dem Fahrrad durch Bornheim fuhr und von einem Passanten angehalten und in ein Gespräch verwickelt wurde. Auf den Radfahrer passte die Beschreibung des seit Kurzem vermissten Egon Kanzel. Die beiden seien in die „Drehscheibe“ gegangen, eine Kneipe in der Arnsburger, gegenüber der Buchhandlung Schutt. Die Krönung dieser Info lag darin, dass der Dealer zufällig wusste, wo der Mann arbeitete, der den Radfahrer angehalten hatte, nämlich im Reisebüro Silverbird in der Hanauer Landstraße. Er beschrieb ihn als hochnäsigen Typen, etwa eins achtzig, schlank, mit grauweißem Krollekopp. Das war für Raabe die Information des Tages. Aber Fiffi wusste noch mehr. Noch heute würde sich ein merkwürdiges Individuum mit seinem Auftraggeber An der Alten Warte in Kassel treffen, um eine Geldsumme entgegenzunehmen, die im Zusammenhang mit einem Schülermord stehen soll. Fiffi folgerte, dass damit ja nur der Schüler Scholz gemeint sein könne. Noch den Hörer in der Hand haltend sprang Raabe wie elektrisiert auf.
„Komm, Knöpfle, ab nach Kassel – sofort!“
„Aaaber …“, protestierte Marion.
„Tut mir leid, Schatz. Wir dürfen den Mörder von Hans Scholz nicht verpassen.“
„Ihr Mann hat recht“, sagte Leitmeier, „und was den Krollekopp angeht, den kenne ich. Das ist Emil Tutzing. Er stammt aus Hanau und ist Geschäftsführer in diesem Reisebüro. Ich halte ihn für absolut integer, kenne ihn gut, bin seit Jahren dort Kunde.“
Raabe und Knöpfle hörten das schon nicht mehr, die Vorplatztür schlug soeben hinter ihnen zu.
„In einem Reisebüro in der Hanauer Landstraße, gibt’s in Kronberg keines?“, staunte Lydia vorlaut, als ginge sie das etwas an.
„Wieso Kronberg – wir wohnen in Königstein, doch ehe wir dorthin zogen“, erwiderte der Arzt, als sei er Rechenschaft schuldig, „wohnten wir am Zoo. Damals war ich im Krankenhaus in der Königslacher tätig – bin Silverbird treu geblieben. Ich glaube nicht, dass an der Aussage dieses Dealers was dran ist.“
Koko erhob sich. „Ich werde rasch mal
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