Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
„Dachte mir, dass einer zurückkommt, das Ding holen …“
Der Alte ließ ihn vor der geöffneten Tür stehen und Hans fragte sich, mit wem der ihn wohl verwechsele. Seine unheilvollen Ahnungen verdichteten sich, als der Mann ihm eine Maus an einem meterlangen Kabel in die Hand drückte.
„Ohne das Ding – Maus heißt das, gell? – ohne die Maus können Sie den Computer nicht prüfen, gelle?“
Unter Rehbeins Schädeldecke surrte es. Zu spät! Er suchte nach einer schnellen Lösung, dennoch in die Wohnung zu gelangen, vielleicht traf seine Befürchtung ja nicht zu. „Herr ...“
„Schwarz.“
„Ah! Herr Schwarz! Sie sind Theresas Vater?“
„Machen Sie Witze oder Komplimente. Natürlich bin ich der Großvater. Opa Schwarz. Theresas anderer Großvater, der vor einem Jahr gestorben ist, hieß Weiß, allerdings auf Polnisch, nämlich Bilawa, ist das nicht lustig? Brauchen Sie sonst noch etwas?“, fragte er mit einem kurzen Blick auf die Maus in Rehbeins Hand. „Ich glaube nicht, dass sonst noch was zurückgeblieben war.“
„Herr Schwarz, ich bin nicht wegen des Computers hier, ich bin gekommen, Frau Schwarz zu besuchen, ist sie denn nicht hier? Freitags kommt sie doch immer heim.“
„Ach! So ist das!“ Er nahm Rehbein die Maus wieder weg und beäugte ihn misstrauisch. Er schien zufrieden mit dem, was er halbwegs sah, und antwortete:
„Ja, freitags kommt Theresa heim, heute wird es aber etwas später werden, weil sie nach Feierabend einen Krankenhausbesuch macht. Wenn Sie Zeit genug haben, können Sie hier auf sie warten.“
„Sehr gerne – danke.“
Schwarz führte ihn in ein modern eingerichtetes Zimmer. Designermöbel. Mahagoni, Glas, Chrom. Irgendwo fiepte der Hund. Der Alte bot Rehbein einen Sessel an und legte die Maus auf die Glasplatte des Schreibtisches.
„Sind Sie ein Freund von Theresa, Herr ... Wie war doch noch mal Ihr Name?“
„Rehbein, Hans Rehbein. Nein, Frau Schwarz kennt mich nicht. Ich bin auf Empfehlung von Dr. Scheinfeld hier, der meint, das sie mir in einer Vermisstenanzeige weiterhelfen kann. Ich bin Privatdetektiv.“
Aus der Verlegenheit heraus war ihm eingefallen, dass in der DKD der Vorgesetzte der Laborantin Scheinfeld hieß. Ein Treffer ins Schwarze, der alte Mann war beruhigt. Der Hund fiepte jetzt beängstigend. Schwarz zauberte ein Trinkglas vor Rehbein auf den Tisch, deutete auf die Kühlbox zwischen zwei Sesseln. „Bedienen Sie sich, wenn Sie etwas trinken möchten, ich muss mit Zorro Gassi gehen, ich glaube, es pressiert.“
Er eilte zu Rehbeins Freude mit seinem Hund auf die Straße hinunter. Unverkennbar hatte dort auf dem abgewinkelten Teil des Schreibtischs der Computer gestanden. Diverse Kabel hingen lose herunter. Er versprach sich nichts davon, aber man konnte ja nie wissen. In Windeseile filzte er die komplette Wohnung, Garderobe, Schränke und Kommoden. Nichts. Er trank ein Glas Mineralwasser und ging. Auf der Straße traf er Herrn Schwarz mit dem Hund an der Leine. Es war zu spät, in den Schatten zu treten, der Alte hatte ihn bereits entdeckt. Gut so – vielleicht konnte er ihm noch eine Auskunft entlocken. Herr Schwarz kam schwatzend auf ihn zu:
„Dachte mir schon, dass es Ihnen zu lang gedauert hat, bin einer alten Freundin begegnet, die ebenfalls ihren Hund spazieren führt, und wir haben die Zeit verplaudert, bitte entschuldigen Sie.“
„Sie müssen sich wirklich nicht entschuldigen, wo ich doch einfach so bei Ihnen hereingeschneit bin. Da fällt mir ein, Sie hielten mich für einen der Männer, die den Computer abgeholt hatten, sehe ich ihm denn ähnlich?“
„Ach wissen Sie – untersteh‘ dich, Zorro!“, unterbrach der Alte sich selbst und zerrte Zorro weg, der Rehbein gerade ans Bein pinkeln wollte, „so genau hab ich sie mir nicht angeguckt, aber der eine war in etwa so groß und schlank wie Sie, der andere eher klein und dick. Aber keiner von beiden hatte so gute Manieren wie Sie, haha!“
„Waren die grob oder unhöflich?“
„Kann man eigentlich nicht sagen, nur eben so, wie Techniker halt sind. Die vom Computerdienst in der Bachgasse bilden da keine Ausnahme. Aber sie sind immerhin auf Theresas Anruf – sie hatte sie von Wiesbaden aus angerufen, weil mit ihrem Computer etwas nicht stimmte – gleich gekommen. Das muss man ihnen hoch anrechnen.“
Zorro zog an der Leine, die Herren verabschiedeten sich voneinander. Bevor Rehbein losfuhr, ließ er sich von der Auskunft die Telefonnummer vom Computerdienst
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