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Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)

Titel: Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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geschlafen.
    »Wo sind die anderen alle?«, frage ich.
    Hunter und Bram wechseln einen kurzen Blick. Bram versucht ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Raven und Tack sind beim nächtlichen Fallenstellen«, sagt er und hebt eine Augenbraue. Das ist ein Running Gag, eine Sprachregelung, die wir uns im alten Stützpunkt ausgedacht haben. Raven und Tack hatten ihre Liebesbeziehung fast ein Jahr geheim halten können. Aber einmal konnte Bram nicht schlafen, ging spazieren und erwischte die beiden. Als er sie zur Rede stellte, platzte Tack heraus: »Wir waren Fallen stellen!«, obwohl es fast zwei Uhr morgens war und alle Fallen schon früher am Tag untersucht und gestellt worden waren.
    »Und wo ist Julian?«, frage ich. »Und Alex?«
    Es herrscht erneut kurzes Schweigen. Jetzt gibt sich Hunter Mühe, nicht zu lachen. Er ist definitiv betrunken – das erkenne ich an den roten Flecken auf seinen Wangen.
    »Draußen«, sagt Bram und dann kann er nicht anders und prustet los. Im selben Moment fängt auch Hunter an zu lachen.
    »Draußen? Zusammen?« Ich stehe verwirrt auf und werde langsam wütend. Als keiner von beiden antwortet, hake ich nach: »Was machen sie da?«
    Bram versucht sich wieder einzukriegen. »Julian wollte kämpfen lernen …«
    Hunter beendet den Satz für ihn. »Und Alex hat sich bereit erklärt, es ihm beizubringen.« Sie brechen wieder in Gelächter aus.
    Mir wird am ganzen Körper erst heiß und dann kalt. »Was zum Teufel?«, platze ich heraus und die Wut in meiner Stimme bringt sie endlich zum Verstummen. »Warum habt ihr mich nicht geweckt?« Ich richte die Frage vor allem an Hunter. Ich rechne nicht damit, dass Bram mich versteht. Aber Hunter ist mein Freund und sensibel wie er ist, muss er die Spannung zwischen Alex und Julian bemerkt haben.
    Einen Moment sieht Hunter schuldbewusst aus. »Komm schon, Lena. Da ist doch nichts dabei …«
    Ich bin zu aufgebracht, um zu antworten. Ich nehme eine Taschenlampe vom Regal und gehe zur Treppe.
    »Lena, sei nicht sauer …«
    Ich übertöne den Rest von Hunters Worten, indem ich extra laut aufstampfe. Idiot, Idiot, Idiot.
    Der Himmel draußen ist wolkenlos und helle Lichtpunkte glitzern überall. Ich umklammere die Taschenlampe fest mit einer Hand im Versuch, all meine Wut durch die Finger aus mir hinausströmen zu lassen. Ich weiß nicht, was Alex für ein Spiel spielt, aber ich habe es satt.
    Der Wald ist ruhig – keine Spur von Tack oder Raven, keine Spur von sonst jemandem. Als ich lauschend in der Dunkelheit stehe, wird mir bewusst, dass die Luft ganz warm ist; es muss inzwischen Mitte April sein. Bald ist es Sommer. Eine Welle aus Erinnerungen steigt in mir auf: Hana und ich, die uns mit ausgepresstem Zitronensaft die Haare spülen, um sie aufzuhellen, wie wir Limo aus dem Kühlschrank in Onkel Williams Laden klauen und mit nach Back Cove nehmen; Muschelabendessen auf der alten Holzveranda, als es zu heiß ist, um drinnen zu essen; wie ich schwankend auf meinem Fahrrad hinter Gracies Dreirad herfahre und versuche, sie nicht zu überholen.
    Wie jedes Mal bringen die Erinnerungen einen tiefen Schmerz mit sich. Aber daran bin ich inzwischen gewöhnt und ich warte einfach, bis das Gefühl vergeht, was es schließlich auch tut.
    Ich knipse die Taschenlampe an und lasse den Strahl durch den Wald streifen. In dem blassgelben Licht sehen die Bäume und Sträucher aus wie gebleicht, surreal. Ich schalte die Taschenlampe wieder aus. Wenn Julian und Alex irgendwo zusammen hin sind, habe ich wenig Hoffnung, sie zu finden.
    Ich will gerade wieder reingehen, als ich einen Schrei höre. Angst durchfährt mich. Das war Julians Stimme.
    Ich stürze mich in das Dickicht rechts von mir, dränge in die Richtung, aus der ich den Schrei gehört habe und schwinge dabei die Taschenlampe, um den überwucherten Pfad von Kletterpflanzen und Kiefernzweigen zu befreien.
    Kurz darauf komme ich auf eine große Lichtung. Einen Moment bin ich verwirrt, glaube, ich wäre ans Ufer eines weitläufigen silbernen Sees gestolpert. Dann sehe ich, dass es ein Parkplatz ist. Ein Haufen Trümmer an einem Ende kennzeichnet das, was früher mal ein Gebäude gewesen sein muss.
    Alex und Julian stehen schwer atmend etwa einen Meter von mir entfernt und funkeln sich an. Julian hält sich die Hand an die Nase und Blut rinnt zwischen seinen Fingern hindurch.
    »Julian!« Ich trete auf ihn zu. Julian hat den Blick weiterhin auf Alex gerichtet.
    »Mir geht’s gut, Lena«, sagt er. Seine Stimme

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