Requiem (Amor-Trilogie) (German Edition)
Das geschieht mit einigen Gefangenen. Ihre Identität, ihre Geschichte, ihr ganzes Leben wird ausgelöscht. Puff . Ein Tastendruck, eine zugleitende Metalltür und es ist, als hätte es sie nie gegeben.
Debbie quasselt weiter. »Nur weg mit ihnen, sage ich, und sie sollten dankbar sein, dass wir sie nicht einfach auf der Stelle erschießen. Haben Sie gehört, was in Waterbury passiert ist?« Sie lacht, und es klingt zu laut in dem stillen Zimmer. Kleine Schmerzexplosionen gehen in meinem Kopf los.
Am Samstagmorgen wurde in nur einer Stunde ein riesiges Lager voller Widerständler außerhalb von Waterbury dem Erdboden gleichgemacht. Nur eine Handvoll unserer Soldaten wurde verletzt.
Debbie wird wieder ernst. »Wissen Sie was? Ich glaube, das Licht ist oben im Zimmer ihrer Mutter besser. Meinen Sie nicht?«
Ich stelle fest, dass ich nicke, und bevor ich weiß, was ich tue, gehe ich schon los. Ich gleite vor ihr die Treppe hinauf. Ich führe sie zum Schlafzimmer meiner Mutter, als würde ich treiben oder träumen oder als wäre ich tot.
lena
N
ach Alex’ Verschwinden macht sich eine trübe Stimmung unter uns breit. Es gab Probleme mit ihm, aber er war einer von uns, einer aus unserer Gruppe, und ich glaube, alle – außer Julian – bedauern den Verlust.
Ich laufe wie benommen umher. Trotz allem war seine Anwesenheit, die Tatsache, ihn zu sehen, zu wissen, dass er in Sicherheit war, ein Trost für mich. Wer weiß, was ihm jetzt, wo er allein ist, passieren wird? Es steht mir nicht mehr zu, ihn zu vermissen, aber die Trauer ist da, nagt an mir.
Coral ist blass, schweigsam und hat weit aufgerissene Augen. Sie weint nicht, aber sie isst auch nicht viel.
Tack und Hunter reden davon, Alex nachzugehen, aber Raven macht ihnen schnell klar, dass das eine Schnapsidee ist. Er hat zweifellos viele Stunden Vorsprung und eine einzelne Person, die sich schnell zu Fuß vorwärtsbewegt, ist noch schwerer zu finden als eine Gruppe. Es wäre Zeit-, Ressourcen- und Energieverschwendung.
Wir können nichts weiter tun , sagt sie und weicht dabei meinem Blick aus, als ihn ziehen zu lassen .
Also tun wir das. Plötzlich gibt es einfach nicht genug Lampen, um die Schatten zu vertreiben, die jetzt häufig bei uns auftauchen, die Schatten anderer Menschen und anderer Leben, die an die Wildnis verloren gegangen sind, an diesen Kampf, an diese zweigeteilte Welt. Ich kann nicht umhin, immerzu an das Lager zu denken, an Pippa und an die Reihe Soldaten, die wir durch den Wald ziehen sahen.
Pippa hat gesagt, wir könnten innerhalb von drei Tagen mit den Kontaktpersonen der Widerstandsbewegung rechnen, aber auch der dritte Tag neigt sich langsam dem Ende entgegen, ohne dass sie kommen.
Wir werden täglich hibbeliger. Es ist nicht direkt Angst. Wir haben genug Lebensmittel, und nachdem Tack und Hunter in der Nähe einen Fluss gefunden haben, auch genug Wasser. Der Frühling ist da, die Tiere sind unterwegs und wir haben erfolgreich mit dem Fallenstellen begonnen.
Aber wir sind vollkommen abgeschnitten – wir wissen nicht, was in Waterbury passiert ist. Oder was im Rest des Landes geschieht. Als wieder ein neuer Morgen wie eine sanfte Welle über die alten, hoch aufragenden Eichen gespült wird, liegt der Gedanke viel zu nahe, dass wir die einzigen Menschen auf der Welt sind.
Ich halte es drinnen, unter der Erde, nicht länger aus. Jeden Tag, nachdem wir zu Mittag gegessen haben, was wir so auftreiben konnten, wähle ich eine Richtung und laufe los. Ich versuche, nicht an Alex und seine Nachricht an mich zu denken, stelle aber normalerweise fest, dass ich an nichts anderes denken kann.
Heute gehe ich Richtung Osten. Es ist eine meiner liebsten Tageszeiten: dieser perfekte Zwischenmoment, wenn sich das Licht geradezu flüssig anfühlt wie ein träger Sirupstrahl. Trotzdem werde ich den unglücklichen Knoten in meinem Innern nicht los. Ich werde den Gedanken nicht los, dass unser Leben immer so weitergehen wird: Fliehen, Verstecken, verlieren, was wir lieben, uns unter der Erde verkriechen und nach Essen und Wasser suchen.
Das Blatt wird sich nicht wenden. Wir werden niemals in einem Triumphzug in die Städte zurückkehren und in den Straßen unseren Sieg verkünden. Wir werden uns einfach hier draußen mehr schlecht als recht durchschlagen, bis es nichts mehr zum Durchschlagen gibt.
Die Geschichte von Salomo. Komisch, dass Alex ausgerechnet diese Geschichte aus dem Buch Psst ausgewählt hat, die mich so beschäftigt hat, nachdem
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