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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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aus dem Hintergrund, wieder ganz Vater. »Um Gottes willen, wir sind doch nicht pingelig.«
    »Danke«, sagte ich artig.
    An diesem Morgen musste es sein: Ich nahm zwei Schlaftabletten und döste irgendwann auf dem Sofa ein. Später muss ich mich halb bewusstlos in mein Bett gequält haben, denn als es erst schellte und dann jemand wie wild gegen die Haustür schlug, wurde ich dort wach und musste mich zerschlagen und ohne Brille die Treppe hinuntertasten.
    Da stand ich in der Tür und spürte ziemlich schmerzhaft die Kälte an sämtlichen, üblicherweise bedeckten Körperteilen. Ich hatte meinen Bademantel vergessen. Und zu allem fragte ich auch noch dümmlich: »Ja, bitte?«
    Die Baronin ist eine sehr zierliche Frau, schlank und schmal. Sie wirkt größer, als sie wirklich ist, weil ihr Haar mächtig und lang in wilden Wellen um ihr Gesicht weht, ein Löwenhaupt. Wie so viele Frauen, die in der Modebranche sind, sieht man sie nie aufgetakelt. Sie trug ihre üblichen Jeans zu einem blaukarierten Holzfällerhemd, darüber eine schwarze Lederjacke, die bis zu ihren Fellstiefeln herunterhing. Sie stand direkt vor mir, starrte mich an und sagte nur: »O Gott!« Dann begann sie schallend zu lachen.
    »Wie spät ist es denn?«, fragte ich, immer noch nicht Herr der Situation. Dann sah ich, wie Frau Spill gegenüber die Gardine beiseite riss. Ich bedeckte beidhändig meine Blöße und drehte mich so schnell wie möglich herum. Das war zu viel, mir wurde schwindlig, und ich musste mich am Türrahmen festhalten.
    Die Baronin erstickte fast an ihrem Lachanfall. Schließlich brachte sie mit Mühe heraus: »Eigentlich bin ich hier, um zu arbeiten.« Dann zog sie die Tür hinter sich zu und sagte glucksend: »Ich glaube, ich mache dir erst mal einen Kaffee, ja?«
    »Das ist sehr gütig«, sagte ich und schritt so gemessen wie möglich die Treppe hinauf. Ich hörte, wie sie kichernd in der Küche verschwand und mit irgendwelchem Geschirr herumklapperte. Kurz darauf fing sie tief und hübsch zu singen an: »Armer Gigolo, schöner Gigolo …«
    Ich duschte, rasierte mich und versuchte vergebens mich an die Gesichter der Staatsanwälte zu erinnern. Stattdessen sah ich die ganze Zeit das Gesicht von Guttmann vor mir.
    Kennen Sie eigentlich Metzger, Willi Metzger?
    Was hatte er gewollt, weshalb war er wirklich gekommen? Wer war Alfred Lewandowski in Wirklichkeit gewesen? Dr. Steiner? Breuer, Otto Breuer?
    »Kaffee ist fertig«, rief die Baronin von unten.
    Krümel tanzte neben mir die Treppe hinunter, und als sie die Baronin sah, versteckte sie sich hinter meinen Beinen.
    »Tut mir Leid, ich muss geschlafen haben wie ein Toter.«
    »Oh«, sagte sie strahlend, »das war ein durchaus heiterer Tagesanfang. Der Kaffee steht vor dem Kamin. Du musst Holz nachlegen. Was wollten übrigens die Bullen heute Nacht?« Sie zündete sich eine Gauloise an, hustete etwas und sagte dann leichthin: »Du hast dich am Telefon ein bisschen gehetzt angehört.«
    »Ach, es war eigentlich gar nichts Besonderes«, sagte ich. »Sie wollten nur eine Auskunft.«
    »Ach so«, sagte sie. Sie glaubte mir kein Wort.
    Ich setzte mich an den Kamin und sah sie über meine Kaffeetasse hinweg an. Irgendwann in ihrer Jugend hatte sie einen Baron geheiratet, das aber sehr schnell als Fehler begriffen und zu den Akten gelegt. Sie war seit vier Jahren recht erfolgreich im Moderessort, und sie gehörte zu den Frauen, die ganz wortlos deutlich machen, dass sie zum Leben keinerlei Hilfestellung brauchen. Sie mochte ein paar Jahre älter sein als dreißig, und sie war eine ausgesprochene Zierde ihres Geschlechtes.
    »Es geht um Ledertaschen und Gürtel«, sagte sie. »Zum Teil will ich sie an Models fotografieren, zum Teil aber auch einfach so. Auf Steinen, in Moos, in langen Waldgräsern und so. Hier ist übrigens der Scheck, ich brauche dein Haus eine Woche, macht zwei Tausender.«
    »Danke.« Ich faltete den Scheck zusammen und steckte ihn ein. »Du solltest erst einmal in den Steinbruch gehen. Du findest da rotbraune Vulkanbrocken, groß wie eine Faust oder zwei, drei Tonnen schwer. Dann rotgeäderten Basalt. Westlich davon einen Buchenhochbestand mit langen Gräsern und großen Moosteppichen …«
    »Was heißt das, westlich davon?«, fragte sie. Sie hatte ein ganz eigentümliches Lächeln.
    »Ich gebe dir eine Karte mit, es ist alles nur zehn Minuten entfernt. Was noch?«
    »Wenn ich zusätzliches Licht brauche?«
    »Wir nehmen Lastwagenbatterien auf Alfreds Trecker mit.

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