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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sah ein bisschen so aus, als wären die grünen Marsmännchen gelandet. Ich legte mich hinein, stopfte mir die Extra Dry von Savinelli, starrte gegen die Decke und fühlte mich großartig. Dann ging ich zurück und holte die kleine Heizbatterie. Ich probierte sie aus und verließ nach zehn Minuten fluchtartig die Behausung, weil es so heiß wurde, dass sogar der Schnee in der Umgebung schmolz. Die Baronin passte noch immer auf.
    »Wie spät ist es?«
    »Elf. Wir haben über unseren Zoff vergessen, uns mit Lebensmitteln einzudecken.«
    »Ich besitze eine Tafel Schokolade und Müslistangen. Wann glaubst du, werden sie kommen?«
    »Ich denke, kurz nach Mitternacht.«
    »Was werden sie machen, wenn niemand öffnet?«
    »Die Tür eintreten, was sonst? Kennst du den Flurnamen dieses kleinen Berges? Weinberg heißt er.«
    Sie setzte das Glas ab, und sah mich an. »Weinberg! Eine gute Flasche Wein wäre mir jetzt recht.«
    »Jetzt geh und zieh dir den Trainingsanzug an, es wird langsam kalt.«
    »Wir können doch den Motor eine Weile laufen lassen.«
    »Weißt du, wie still es hier ist? Wie weit man einen Motor hört?«
    »Schon gut.« Sie verließ den Wagen, und ich nahm das Glas.
    In einigen Fenstern brannte noch Licht. Die Leute saßen noch vor dem Fernseher und hatten keine Ahnung, welche Geschichte um sie ablief. Und wenn ich sie ihnen erzählte, würden sie zuhören, sogar staunen, aber sie würden denken, der Baumeister spinnt.
    Die Baronin kehrte zurück.
    »Es ist so warm in dem Zelt, dass man nackt drin liegen könnte.«
    »Ich schick dir ein paar Eichhörnchen.«
    »Ist schon was passiert?«
    »Nichts. Nimm die Decken mit und schlaf ein bisschen.«
    »O nein, ich schlafe nicht, ich will nichts versäumen.« Sie legte den Kopf an meine Schulter. »Versprichst du mir, mich nicht mehr zu leimen?«
    »Ich verspreche es. Stopf mir bitte eine Pfeife, Zubehör ist im Jackett.«
    Sie stopfte sehr sorgfältig die nummerierte Bari und steckte sie mir in den Mund. »Wie kannst du eigentlich so sicher sein, dass sie kommen?«
    »Weil ich ein Schnüffler bin und einen sechsten Sinn habe.«
    »Wollen wir um irgendetwas wetten?«
    »Meinetwegen, aber du verlierst.«
    »Wenn sie kommen, zahle ich unsern Urlaub unter Palmen.«
    »Einverstanden. Und wenn sie nicht kommen, zahle ich.«
    Sie kamen um ein Uhr, und sie kamen mit sechs Autos. Drei Wagen rasten von der Ortsmitte heran, zwei vom Ortsrand. Ein Geländewagen brach vom Nachbargrundstück durch meine Hecke und stand wie eine Planierraupe im Garten.
    »Schreib bitte mit, was ich sage. Es sind zwei BMW, drei Opel, ein Mercedes-Geländewagen. In jedem Wagen sind drei Zivilisten, also insgesamt achtzehn Männer. Sie verteilen sich vor dem Haus. Ein Mann in einer Lederjacke klingelt. Jetzt geht links bei Melzers im Schlafzimmer das Licht an. Der Mercedes war wohl zu laut, als er durch die Hecke brach. Jetzt regt sich auch bei Grüners etwas. Ja, Leute, geht raus und seht dem Staat bei der Arbeit zu. Der Mann in der Lederjacke klingelt noch immer. Mutter Melzer hat das Licht vor dem Haus angemacht, sie kommt mit ihrem Sohn Alfred heraus. Sie gehen die wenigen Meter die Straße lang. Prima, Grüners sind auch vor dem Haus. Jetzt löst sich ein Mann aus dem Trupp, geht zu Grüners und redet mit ihnen. Dann geht er zurück. Der mit der Lederjacke stemmt sich gegen die Tür. Jetzt gehen sie rein. Hoffentlich springt Krümel einem an die Eier!«
    Becks Leute blieben nur fünfzehn Minuten im Haus. Offensichtlich hatten sie genau gewusst, was sie suchten. Ich sah, dass sie die hellen Kartons meines Bildarchivs, die großen Ordner meiner Manuskripte und alle vier Schreibmaschinen herausschleppten.
    »Wozu denn die Schreibmaschinen?«, fragte ich ungläubig.
    »Beck ist ein Spießer, er will sich rächen«, erwiderte die Baronin ruhig.
    Die Männer verluden das Zeug, setzten sich in die Wagen und verschwanden.
    Der Geländewagen fuhr der Einfachheit halber durch den schönen Bohlenzaun, den ich gebaut hatte.
    »Wenn ich das Schwein erwische, verpasse ich ihm eine.«
    »Sie sind Vollidioten. Können sie irgendetwas gefunden haben, was gegen dich spricht?«
    »Nichts, da ist nichts.«
    »Dann reg dich nicht auf.«
    »Denk daran, dass du alles fotografierst. Wir gehen jetzt runter.«
    Sie trottete hinter mir her. Ich fühlte mich elend und hätte sie am liebsten an die Hand genommen und wäre mit ihr in das warme Zelt gegangen.
    Oberhalb der Schule begann der Hund der Witwe Klein zu kläffen.

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