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Requiem für einen Rockstar (German Edition)

Requiem für einen Rockstar (German Edition)

Titel: Requiem für einen Rockstar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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liess nichts anbrennen, obwohl er praktisch auf jedem Pressebild mit seiner Freundin abgelichtet wurde. Die «Basler Zeitung» schloss mit der unsäglichen Bemerkung, dass die Polizei wieder einmal nur im Dunkeln tappe. Sie zitierte Staatsanwalt Borer aus der Pressekonferenz, liess es aber nicht dabei bewenden, sondern kommentierte jedes Zitat ziemlich unverblümt. Ferraris Laune stieg mit jeder Zeile, die er las.
    «Schön, dass Sie sich darüber amüsieren können, Ferrari!»
    «Ah, guten Morgen, Herr Staatsanwalt. Ich habe Sie gar nicht klopfen hören.»
    «Sie waren auch viel zu vertieft in die Lektüre.»
    «Nicht gerade anständig, was die da schreiben.»
    «Nicht anständig!», schrie der vor Wut beinahe platzende Staatsanwalt. «Eine Frechheit ist das! Eine bodenlose Unverschämtheit! Ich habe bereits bei der Chefredaktion interveniert. Die reden sich auf die Pressefreiheit heraus. Das ist ein Komplott gegen mich, Ferrari! Da will jemand meine Karriere beenden!»
    «Die ja erst am Anfang steht.»
    «Ich kann auf Ihre sarkastischen Bemerkungen verzichten, Ferrari. Dieser Artikel schadet mir. Sehr sogar. Gerade jetzt, wo ich als Nationalrat im Gespräch bin.»
    «Das wusste ich nicht. Meine Gratulation!»
    «Papperlapapp. Sparen Sie sich Ihr Gesäusel. Da steckt ein Linker oder ein Grüner dahinter!»
    «Oder beide.»
    «Genau! Beide Lager stecken dahinter. Die wollen mich fertig machen, damit es ihre Kandidaten leichter haben. Aber nicht mit mir! Nicht mit einem Borer!»
    Er drehte sich um und stiess mit der verdutzt blickenden Nadine zusammen.
    «Nicht mit mir! Das schwöre ich Ihnen!»
    Er drängte sich an Nadine vorbei und warf die Tür ins Schloss.
    «Spinnt der?»
    «Ihm ist eine Laus über die Leber gelaufen.»
    Der Kommissär zeigte auf die «Basler Zeitung».
    «Ich verstehe. Eine ‹BaZ›-Laus! Wenn man eine Viertelstunde an einer Pressekonferenz ohne Unterbruch redet und dabei nichts sagt, musst du dich nicht wundern, dass dich jemand auf die Schippe nimmt.»
    «Er will für den Nationalrat kandidieren.»
    «Aha, daher weht der Wind. Dann kann er sich neben meinen Paps ins Parlament setzen. Und wir bekommen einen neuen Staatsanwalt. Schade, gerade jetzt, wo ich mich langsam an ihn gewöhne.»
    Die polizeilichen Routineuntersuchungen hatten nichts Neues ergeben. Gegen John Lauscher lag nichts vor. Nicht einmal eine Anzeige wegen Ruhestörung oder wegen einer Schlägerei. Geschweige denn ein Eintrag im Strafregister. Ein absolut unbeschriebenes Blatt. Soweit Nadine in der kurzen Zeit herausfinden konnte, existierte auch kein Testament. Hanno Helmers hatte ihr die Adresse des Notars angegeben, der die Band in juristischen Fragen beriet. Dieser hatte lakonisch bemerkt, dass man in diesem Alter noch nicht ans Sterben denke. Es sei wohl selten, dass jemand mit fünfunddreissig bereits ein Testament aufgesetzt habe. Johns Eltern würden somit alles erben.
    Nadine fuhr nach ihrem kurzen Rapport mit dem Auto ins Gundeldingerquartier, um sich mit John Lauschers Eltern zu unterhalten. Keine gute Idee! Verdammter Mist, keine freien Parkplätze. Sie fuhr mehrmals um den Block. Alles besetzt. Wäre ich doch mit dem Tram gefahren, wie Francesco mir geraten hat. Nach zehn Minuten wurde endlich ein gelber Parkplatz frei. Eigentlich nur zum Ein- und Ausladen von Gütern bestimmt, aber was solls, dachte Nadine, besser als gar nichts. Das Haus in der Pfeffingerstrasse, in dem die alten Lauschers wohnten, hatte schon bessere Zeiten gesehen. Sie klingelte im dritten Stock. Als sie hörte, dass oben jemand ein Fenster öffnete, trat sie einige Schritte zurück.
    «Ja, bitte?»
    «Nadine Kupfer! Wir haben zusammen telefoniert.»
    «Ich öffne gleich die Tür. Kommen Sie doch bitte hoch.»
    Das Treppenhaus war gepflegt, aber ziemlich dunkel. Schrecklich gemusterte Tapeten zierten die Wände. Wie früher bei meinen Eltern, erinnerte sich Nadine. Sie ging die knarrende, enge Holztreppe bis zur dritten Etage hinauf. Auf jedem Stock eine Wohnung. Mehr nicht. Oben wurde sie bereits von einer kleinen, sympathischen Frau Anfang sechzig erwartet.
    «Treten Sie doch bitte ein. Mein Mann kommt sofort.»
    Sie deutete Nadine an, sich im Wohnzimmer an den Tisch am Fenster zu setzen. So alt sind die Leute noch gar nicht. Und doch wirkt hier drin alles uralt. Eher so, wie bei meinem Grossvater, sinnierte Nadine. Polstergruppe, Esstisch mit vier Stühlen, Wohnwand aus Eiche, Fernsehtisch mit Farbfernseher und kleiner Stereoanlage

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