Requiem für einen Rockstar (German Edition)
Bühne auf?»
«Sie spielen. Es wird ein Abschiedskonzert für John geben. Wir sind übrigens eingeladen. Backstage, versteht sich. Du weisst ja, dein Wunsch ist mir Befehl.»
Nadines Begeisterung hielt sich in Grenzen. Eigentlich schade, dachte der Kommissär. Wir sollten uns ein paar Illusionen bewahren und das Träumen nie aufgeben. Sonst wird das Leben einfach zu eintönig. Das Bühnengerippe stand kurz vor der Fertigstellung. Die Crew hatte durchgearbeitet und sass erst jetzt beim Mittagessen. Nadine und Ferrari überquerten den Rasen und betraten die Katakomben des Stadions. Arnold Schuster sass mit Toto in seinem Büro.
«Ah, die Kommissäre!»
Toto erhob sich und schob ihnen zwei Hocker hin.
«Nicht beim Essen?»
«Nein. Meine Jungs sind froh, wenn ihr Sklaventreiber beim Essen ausser Reichweite ist. So können sie ungestört lästern. Das hebt die Stimmung und die Arbeitsmoral. Schnaps?»
Ferrari roch an der Flasche.
«Kirsch?»
«Eigenbrand», verkündete Schuster voller Stolz und füllte einen Becher bis zur Hälfte.
«Sie auch, Frau Kommissärin?»
«Nein danke. Höchstens ein Glas Mineralwasser. Ich trinke nicht während der Arbeitszeit.»
Habe den Wink wohl verstanden, überhöre ihn aber grosszügig, dachte Ferrari.
«Wow! Was ist denn das für ein Zeug!», hustete der Kommissär.
«Scharfes Wässerchen, nicht wahr?»
Toto schien den harten Stoff leichter zu verdauen. Er kippte den Inhalt des Bechers in einem Zug runter. Nadine nippte an ihrem Mineralwasser, ihre Miene verfinsterte sich.
«Wir wollten Sie fragen, ob Ihnen noch etwas eingefallen ist», trieb sie das Gespräch voran.
«Nein. Gar nichts», antwortete Schuster mit einem kleinen Zungenschlag. «Hätte mir etwas einfallen sollen, hübsche Frau?»
«Schon gut. Ich glaube, das bringt hier nicht mehr viel. Gehen wir, Francesco?»
«Nun sei doch nicht so ungeduldig, Nadine. Ich trinke noch den Schnaps aus, dann können wir gehen.»
«Ja, nun sei doch nicht so ungeduldig», wiederholte Schuster.
Nadine stand kurz vor einem weiteren Wutausbruch. Genau das, was ich jetzt brauche. Zuerst macht mich der Macho im «Acqua» an. Als wäre das nicht genug, sitze ich nun hier in netter Gesellschaft, führe anregende Gespräche und schaue zu, wie sich mein Chef langsam volllaufen lässt. Sie erhob sich kopfschüttelnd und schaute sich im Raum um. Das konnte ja nicht schaden.
«Noch einen Schnaps, Herr Kommissär?», lispelte Schuster.
«Nur noch einen klitzekleinen.»
Toto hielt seinen Becher ebenfalls hin.
«Arbeiten Sie schon lange bei den Devils, Toto?»
«Seit Tourbeginn. Hanno hat mich engagiert. Fürs Grobe», lachte er und lehrte den Becher in einem Zug.
«Fürs Grobe?»
«Bühne in irrem Tempo aufbauen, nach dem Konzert wieder abbauen, verladen und mit den sechs Trucks zum nächsten Ort fahren. Wir sind moderne Nomaden! Zwanzig Konzerte in ganz Europa. Immer am Limit! Meine Aufgabe ist, das Team zu motivieren und anzutreiben. Das kann ich ziemlich gut. Ich bin der geborene Sklaventreiber.»
«Er ist der Sklaventreiber. Wie der Feldweibel im Militär. Prost, du Mutter der Kompagnie», lallte Schuster.
«Na ja, so schlimm ist es auch wieder nicht. Es ist ein spannender Job. Der viel Einsatz und Perfektion verlangt. Denken Sie, was passiert, wenn die Bühne bei einem Auftritt nicht standhält? Das gäbe eine Katastrophe. Piet kommt von oben geflogen wie Tarzan an der Liane …»
«Macht er das denn?»
«Haben Sie die Devils noch nie live gesehen?»
«Nein.»
«Das gehört zum Schluss des ersten Teils», mischte sich Nadine ein. «Piet kommt zusammen mit einem Fan, eigentlich immer eine junge Frau, die vor dem Konzert in einem Auswahlverfahren ausgesucht wird, wie vom Himmel geflogen und singt den letzten Song vor der Pause. Das fährt voll ein.»
«Ich hätte es nicht besser erzählen können, Frau Kommissärin. Und jetzt stellen Sie sich einmal vor, dass irgendwo ein Teil nicht richtig montiert ist. Piet fällt mitsamt dem Fan auf die Bühne und bricht sich das Genick. Dann bin ich dran und wandere für einige Jahre hinter schwedische Gardinen. Zum Glück hat bisher alles bestens geklappt.»
Nadine öffnete einen Garderobenschrank. Drei Basketball- und zwei Baseballbälle purzelten heraus.
«Vorsichtig!», rief Schuster erstaunlich klar. «Du machst mir meine Sammlung kaputt. Immer brav einräumen. Stell die Bälle wieder schön neben den Schläger.»
Nadine brummte etwas.
«Was hast du gesagt?»
«Nichts.
Weitere Kostenlose Bücher