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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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kaum zu hören waren. Städtische Geisterunterhaltungen.
    In der Schule belauschte Robert die älteren Jungen, die über Mädchen redeten. Sie saßen auf der Mauer an der Steinbrücke und beobachteten die Mädchen, die von der High School nach Hause gingen. Diese Mädchen trugen hochhackige Schuhe und Nylonstrümpfe, sie wohnten in den Häusern um Windsor Hill und Drumalane. Häuser, deren Namen an Toreinfahrten standen. The Laurels. Auf dem Heimweg blieb Robert manchmal stehen, blickte die Einfahrten hoch und fragte sich, welches Leben sich hinter den Lichtern und windzerzausten Büschen verbergen mochte.
    Die High School hatte einen Tennisclub hinter den Gebäuden um Windsor Hill. Ein grün gestrichener Pavillon mit Blick über die Plätze. Robert und Will verbargen sich hinter diesem Pavillon, um die Mädchen beim Tennisspielen zu beobachten.
    »High School Lawn Tennisclub«, meinte Will, »wenn die Zeiten anders wären, dann würden die vor mir Schlange stehen. Ich bin der Junge, der ihnen gibt, was sie wollen.«
    Es war Wills Idee, hochzuklettern und durch die Fenster in die Umkleidekabine zu sehen. Auf die gleiche Weise brachte Will Robert dazu, in der Schule Schwänze und Mösen auf die Innenseiten der Toilettentüren zu zeichnen. Robert brauchte Stunden dazu, deshalb sagte ihm Will, er mache etwas falsch. Die Zeichnungen, die Robert anfertigte, hatten keinerlei Ähnlichkeiten mit den plump gezeichneten Sexualorganen in den anderen Kabinen. Roberts Hieroglyphen, mit Tinte ausgeführt, waren gewissenhaft von Anatomietafeln aus Büchern der Bücherei abgezeichnet.
    Will lag auf der grasbewachsenen Böschung auf dem Bauch und sah auf die Mädchen hinunter, die Tennis spielten.
    »Stell dir die Möse bei der vor. Die Titten von der da.«
    Möse. Riesentitten. Will redete immer ungehobelt. Robert wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Der Geruch des gemähten Grases, die Mädchenstimmen, die einander riefen. Forty-love. Deuce. Die Hofsprache der Tennisplätze. Flinke Gestalten in Weiß, die durch die Dämmerung rannten.
    Es war Will, der mit der Spannerei anfing. Die Durchgänge hinter den Häusern um die Drumalane Road hochsteigen in der Hoffnung, im Fenster eines Schlafzimmers eine Frau zu sehen, die sich auszog. Die Welt bevölkern mit einsamen Hausfrauen und anderen Archetypen kleinstädtischen Begehrens.
    »Die ganze Stadt treibt es«, sagte Will, »ich hab’s dir als Erster gesagt. Du würdest es sonst ja gar nicht glauben.«
    Will versuchte Robert zu überzeugen, dass die Welt da draußen vor Sex knisterte, ein beständiges Geraschel und Geflüster. Seidenunterwäsche.
    Im Oktober gingen sie immer nach Einbruch der Dunkelheit nach draußen. In der Luft hing der Geruch nach Feuerwerk, übelriechend und schweflig. Will verlangte, dass Robert in eines der Häuser eindrang, indem er ein Fenster aufdrückte. Will drängte ihn die ganze Zeit über, stachelte ihn auf. Er besaß ein Brecheisen, das er in den Schuppen gefunden hatte, und er zeigte Robert, wie man es zwischen Tür und Rahmen zwängte.
    Sie wählten ein Haus am Ende einer der typischen Reihenhauszeilen.
    »Du gehst rein«, sagte Will, »ich steh Schmiere.«
    »Nach was suche ich überhaupt?«
    »Na, nach allem! Juwelen. So was in der Art. Alles, was wir verkaufen können. Beim Stausee wohnt dieser Kerl, mein Dad sagt, der wär ein Hehler.«
    Will verwendete Gangstervokabular, weil er wusste, dass Robert sich leicht in einer mystischen Unterwelt verlor.
    Robert setzte das Brecheisen an der Hintertür des Hauses an und spürte, wie der Türrahmen nachgab. Weiter kam er nicht. Er hörte ein Geräusch hinter sich. Er drehte sich um und sah einen Polizisten namens Johnston hinter sich stehen. Johnston war ein schwer gebauter Mann, gefürchtet in der ganzen Stadt.
    »Was sucht denn der ungezogene Balg von Agnes McGladdery nachts in Drumalane mit einem Brecheisen in der Hand?«
    Johnston nahm Robert das Brecheisen ab und fing an, mit einer Taschenlampe auf ihn einzudreschen. Johnstons Lampe hatte ein Gummigehäuse, dessen Dichtung dick mit Blei umwickelt war. Die Prügel waren gründlich und brutal. Johnston nahm sich vor allem die fleischigen Stellen vor, Schultern, Schenkel und Hintern. Durch den Schmerz hindurch merkte Robert, dass sich Johnston auf die Muskulatur konzentrierte, um etwas Bleibendes zu hinterlassen. Robert begriff, dass Schmerz eine Methode kannte, dass man sich tiefer und tiefer in etwas Krankhaftes hineinsteigern konnte.
    »Läufst

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