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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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Überwachung rund um die Uhr belegen.«
    »Was soll das denn für Polizeiarbeit sein?«, fragte McCrink.
    »Kennedy nimmt an, dass wir ihn so weichklopfen. Am Ende wird er aufgeben. Und uns zur Mordwaffe führen.«
    »Kennedy ist ein Vollidiot«, sagte Johnston, »McGladdery wird doch nicht so blöd sein, sich mit einer Horde Bauerntölpel im Schlepptau auch nur in die Nähe der Mordwaffe zu wagen. Ein paar zusätzliche Männer kann ich trotzdem brauchen.«
    Die wochenlange Überwachung von Robert McGladdery erregte das Interesse der nationalen Medien. Reporter von Londoner Zeitungen interviewten ihn. Er wurde als »Bodybuilding-Fanatiker« beschrieben und beschwerte sich über die Polizeischikane, wie er sich ausdrückte. Vom Daily Mail wurde er mit nacktem Oberkörper fotografiert, Hanteln in den Händen, die er aus Betonklötzen und einer eingegossenen Metallstange selbst gemacht hatte.
    Das Bild zeigt einen gut aussehenden jungen Mann, der seine Muskeln spielen lässt. Mit seinen nackten Fäusten wirkt er wie die altmodische Darstellung eines Boxers ohne Handschuhe, wie eine Figur aus einer anderen Zeit, in gestelzter Pose.
    »Der arbeitet bereits an seiner Verteidigung«, sagte Speers.
    »Woran erkennen Sie das?«, fragte McCrink.
    »Er hat uns erzählt, dass die Kratzer in seinem Gesicht vom Expander stammen. Wenn er sich selbst als Hochleistungs-Bodybuilder darstellt, stärkt das seine Aussage.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob er so schlau ist.«
    »Da haben Sie vielleicht recht. Ein schlauer Kandidat würde nicht der ganzen Welt zeigen, wie sehr er die Aufmerksamkeit genießt, die er bekommt. Wenn mich jemand im Visier hätte für das, was dem Mädchen angetan wurde, würde ich den Kopf senken und schön brav mein Maul halten.«
    »Der kleine Bastard gefällt sich sehr, kein Zweifel.«
    »Ich durchschau ihn nicht.«
    »Wenn wir doch bloß einen Lügendetektor hätten.«
    Speers interessierte sich für die Verwendung von Technologie und Forensik bei Ermittlungen. Der Polygraf sah irgendwie selbstgemacht aus, der filigrane Arm und der sich drehende Zylinder strahlten eine spinnenartige Autorität aus. Speers hatte die von Polygrafen erstellten Messungen in Kriminologiebüchern studiert. Herzschlag und Absonderungen, wissenschaftlich gemessen, die aufgezeichnete Schuld.
    Roberts Verhalten, seit er wusste, dass er unter Verdacht stand, blieb McCrink ein Rätsel. Die gespielte Tapferkeit. McCrink wusste aus Erfahrung, dass diejenigen, die die größte Verachtung zur Schau stellten und keine Anzeichen dafür zeigten, irgendwann aufzugeben, am Ende ihre Schuld eingestanden. Aber nicht Robert. Angeber. Extrafeiner Heini.
    Speers teilte die örtlichen Beamten in vier Mannschaften mit je zwei Mann ein. McGladdery wurde an sieben Tagen die Woche vierundzwanzig Stunden überwacht. Robert schien die Überwachung von Anfang an auf eine durchtriebene, wissende Weise willkommen zu heißen. Die ganze Stadt schien Teil eines offenen Intrigenspiels zu sein. Leute traten aus Geschäften, um zuzusehen, wie die Detectives Robert folgten. Sie latschten grollend hinter ihm her. Robert sorgte dafür, dass sie aussahen wie Dummköpfe. Sie selbst verstanden sich eigentlich als Verfolger in einer Welt voller Schatten, mit Verdächtigen, die versuchten, ihnen zu entkommen, Hüter des Gesetzes auf dem Pfad der Gerechtigkeit. Stattdessen standen sie vor dem Arbeitsamt, während Robert unterschrieb, und Männer in der Schlange Arbeitsloser ihnen spöttische Blicke zuwarfen. Wenn Robert aus dem Gebäude trat, spielte er den Überraschten und machte für die Zuschauer eine große Sache daraus. Fotografen der nationalen Presse trieben sich in den Straßen herum. Einheimische wurden fotografiert und befragt.
    »Er ist ein unverschämter kleiner Scheißer«, sagte Speers.
    »Kann man so sagen.«
    McCrink schaute dem Treiben schweigend zu. Er hätte McGladdery am liebsten geschüttelt und ihm erklärt, dass der Mord an Pearl Gamble keine Kulisse war, vor der er sein Leben darstellen konnte, sondern ein Schlund, der seine Existenz verschlingen würde.
    Die Zigeuner hatten bei den aufgegebenen Kohlensilos auf der Südseite des Beckens eine Art Außenposten ihres Lagers. Sie lebten unter Segeltuchplanen, die zwischen Eisenbahnschwellen aufgespannt waren, und in Zelten aus Tuchbahnen. Man sah Lumpensammler und Schrotthändler. Halb verhungerte Doggen streiften durch das Lager, nachts waren lahme, gescheckte Pferde angekettet. Männer tranken Äther

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