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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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blutbesudelter Erde aus dem Feld gegraben. Ich weiß nicht genau, was er sich dabei gedacht hat.«
    Das Scheppern des Eimergriffs, der vom Stoppelfeld getragen wurde, während die Nacht anbrach. Der nasse, kalte, befleckte Eimer. Voll bis zum Rand.
    »Im Labor haben sie bis jetzt keinerlei Spuren als Beweis gefunden. Keine Fingerabdrücke. Keine Haut unter den Fingernägeln. Sie suchen nach Haaren auf ihrer Kleidung. Wenn er keine Spuren auf ihrem Körper hinterlassen hat, dann bestimmt an sich selbst. Sie ist verblutet, sagt der Pathologe. Die ganze Sache macht mir Kopfzerbrechen.«
    »Warum?«
    »Weil er keine Fingerabdrücke hinterlassen hat, keine physischen Spuren.«
    »Warum macht dir das Sorgen?«
    »McGladdery hat ihr aufgelauert, weil sie ihn in der Halle zurückgewiesen hat. Er hat sie geschlagen, ausgezogen, dann hat er auf sie eingestochen und sie gewürgt. Er hat sie fast eine halbe Meile weit weggeschleppt. Und dabei hat er keine physischen Spuren an ihr oder am Tatort hinterlassen. Das ergibt keinen Sinn.«
    »Vielleicht war er einfach nur sehr vorsichtig.«
    McCrink gab keine Antwort. Er dachte an die Londoner Nackt-Morde. Die Vorsicht, die der Täter bei jedem einzelnen der Morde hatte walten lassen. Die Art und Weise, wie er spurlos vom Tatort verschwunden war. Er wollte nicht erwischt werden, aber dahinter verbarg sich noch mehr. Es war wichtig, dass er sich nicht in die Geschichte drängte, die er für seine Opfer erfunden hatte, die befreit war vom Durcheinander in deren Leben und in eine für sie eigens erdachte Dunkelheit hinüberglitt.
    »Wir müssen McGladderys Haus durchsuchen«, sagte McCrink, »um an die Kleider zu kommen, die er in der Nacht anhatte.«
    »Schon geschehen, Sir«, sagte Johnston, »wir haben den Durchsuchungsbefehl, an dem Tag, an dem Sie in der Stadt waren, bei einer kurzfristigen Sitzung im Polizeigericht von Newry gekriegt.«
    »Ich erwarte, dass man mir so was mitteilt.«
    »Sie haben nicht gefragt.«
    »Was haben Sie gefunden?«
    »Einen schwarzen Anzug. McGladdery behauptet, dass er ihn zum Tanz getragen hat. Wir wissen’s besser. Keine Mordwaffe.«
    »Das hier haben wir in seinem Haus auch gefunden«, sagte Speers.
    Er hielt einen kleinen Stapel von Büchern und Magazinen in die Höhe. Die Magazine waren schlecht gedruckt, das Papier billig. Die pornografischen Geschichtchen waren mit schlecht entwickelten Schwarz-Weiß-Aufnahmen verdrossener Aktmodelle mit Fünfzigerjahre-Frisuren bebildert. Die Umschläge der Romane zeigten Strichzeichnungen junger Frauen, die sich in gespieltem Entsetzen duckten. Auf einem war eine Frau abgebildet, deren Blick in die Ferne gerichtet war. Sie trug eine Baskenmütze und eng anliegende Stiefel. Sie wirkte niedergeschlagen, aber aufreizend.
    »Schauen Sie sich das nur an, Sir«, sagte Johnston, »kostet nichts. Davon gibt’s noch mehr. Gehört alles zum Dienst. Nicht, dass einer behauptet, die Polizei von Newry lebe in Sachen Nacktheit und Perversion hinterm Mond.«
    »Alles deutet auf McGladdery. Daran gibt es keinen Zweifel«, sagte Speers, »er hat offensichtlich nicht bekommen, was er in jener Nacht wollte, dann hat er es sich eben geholt.«
    »Wir haben mit dem Sänger der Band geredet. Bevor McGladdery mit dem Mädchen getanzt hat, hat er um den Song It’s Now or Never gebeten. Er hat das Mädchen sein ganzes Leben lang gekannt. Sie war nicht scharf drauf, mit ihm zu tanzen. Nach Aussage von Zeugen hatte er seine Pfoten überall, und sie wollte, dass er aufhört.«
    »Und das Motiv?«
    »Ein sexuelles. Wie Sergeant Johnston schon gesagt hat, hat er nicht bekommen, was er wollte. Er ließ sich von seiner Gier übermannen. Hat dem Mädchen auf dem Heimweg aufgelauert, dann hat er sie angegriffen.«
    »Es gab keinen sexuellen Übergriff.«
    »Sie war splitternackt«, sagte Johnston, »sie hat sich aus dieser Welt verabschiedet, wie sie sie betreten hat. Er ist nur nicht weitergegangen, weil er gestört wurde oder weil er sich die Ware nur ansehen wollte, ohne sie zu kaufen. Es gibt welche, die auf so was stehen.«
    Agnes McGladdery hatte den Polizeibeamten die Tür geöffnet, und sie hatten ihr den Durchsuchungsbefehl ausgehändigt.
    »Hab gedacht, ihr seid der Trupp von der Staatslotterie«, sagte sie.
    McCrink hatte schon mit anderen Angehörigen in der gleichen Situation zu tun gehabt. Mehr an kläglicher Bereitwilligkeit als einen geistesgegenwärtigen flotten Spruch konnte man nicht erwarten. Er nickte grimmig, lächelte

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