Requiem: Roman (German Edition)
»grünlichen« Anzug getragen habe. Eine Mechanikerin namens Edith Henry sagte aus, dass Robert einen »dunklen« Anzug getragen habe. Die Verkäuferin Maureen Mattiere sagte aus, dass der Anzug, den McGladdery trug, »dunkler« gewesen sei als derjenige im Gericht.
Teddy Coban sagte aus, dass Robert eine »kurze, beige Windjacke« getragen habe und sein Anzug »hellblau« gewesen sei. Heather Sybil-Kenny, die Leinenstoffe entwarf, sagte aus, dass Robert einen »schokobraunen kurzen Übermantel mit Lederknöpfen« trug und einen »wasserblauen Anzug, der viel leichter war als derjenige im Gericht«. Patrick Morrow sagte ebenfalls aus, dass der Anzug, den McGladdery trug, »viel leichter« gewesen sei als der im Gericht.
Die Strategie der Staatsanwaltschaft war es, Robert nachweisen zu können, dass er log, als er behauptete, einen schwarzen Anzug getragen zu haben. Die Geschworenen wurden gebeten, zu dem Schluss zu kommen, dass er einen hellblauen Anzug getragen hatte und dass er diese Tatsache verschleiert hatte, weil der Anzug vermutlich voller Blut war und er ihn versteckt oder zerstört hatte.
Esther Henning sagte aus, dass Robert einen »hellen Anzug« getragen habe. Samuel Moffit sagte aus, dass er einen Mann sah, der sich in den Büschen vor der Eingangstür herumtrieb, wo Fahrräder abgestellt waren. In jener Nacht war ein Fahrrad gestohlen worden, und man ging davon aus, dass der Mörder es benutzt hatte, um zum Damolly Cross zu gelangen, wo er auf Pearl lauerte. Moffit sagte aus, dass er dachte, der Mann, der sich herumtrieb, habe einen »Gabardinemantel« getragen.
Brown nahm jeden der dreizehn Zeugen ins Kreuzverhör. Er wies sie darauf hin, dass sie sich vielleicht irrten. Er sprach leise und ruhig und entschuldigte sich fortwährend. Er versuchte, die Zeugen von Gewissheiten abzubringen, die sie sich hart erarbeitet hatten. Er wusste, wie schwierig es war, als Zeuge aufzutreten, zu ausgewählten Aspekten von Pearls letzten Stunden eine Aussage zu machen, sich mit der unheilschwangeren Atmosphäre jenes Tanzabends mitten im Winter zu beschäftigen, mit jenen vom Tod überschatteten Stunden in der Halle des Oranier-Ordens.
»Da stimmt ebenfalls was nicht«, sagte McCrink im Freien. Er stand mit Margaret auf dem Gehsteig. Es war Abend, Regen wurde über die Fahrbahn geweht, der Rauch importierter Billigkohle, der den Regen verunreinigte, hing in der Luft.
»Was stimmt nicht?«
»Die erinnern sich alle zu deutlich. Augenzeugen sind sonst nicht so zuverlässig.«
»Denkst du, man hat sie dazu angestiftet?«
»Das glaub ich nicht. Aber manchmal erinnern sich die Leute an etwas, von dem sie denken, sie sollten sich dran erinnern.«
Sie standen im Regen, Fußgänger eilten an ihnen vorbei, die Köpfe unter den Schirmen und Hüten gesenkt, die Gesichter angespannt.
*
Nach Einbruch der Dunkelheit lagen Hughes und Robert meist wach und redeten. Sie sprachen leise, damit die Wärter sie nicht hörten. Sie redeten über Dinge aus ihrer Kindheit, an die sie sich erinnerten. Die nacherzählten Geschichten waren wie Gegenstände, die durch häufiges Berühren weich und glatt geworden waren. Bleibende Vertraulichkeiten bei ausgeschaltetem Licht. Das war ein anderer Robert, sagte Hughes später. Er hörte Hughes zu, interessierte sich für den Stoff und die dicht gewobenen Erzählungen aus der Kindheit. Robert erzählte ihm von Will Copeland. Die Art Freunde, die sie gewesen seien. Blutsbrüder. So, wie Männer Sachen erledigten, sagte Robert. Sie erkannten, dass es Dinge gab, die lebenslang hielten, Freundschaften.
»Will sieht mich richtig«, sagte Robert, »all die Sachen, die wir zusammen gemacht haben. Wir waren Blutsbrüder.«
»Ich hab gehört, dass sich die Anklage bei ihm gemeldet hat«, sagte Hughes, »ich würd nicht mein Haus darauf verwetten, dass er zu dir hält.«
»Die Wahrheit wird ans Licht kommen, du wirst schon sehen«, sagte Robert.
Er sei so von sich selbst überzeugt gewesen, dass man ihm glaubte, sagte Hughes später. Er sagte immer wieder, alles, was er machen müsse, sei, in den Zeugenstand zu treten, um sich zu verteidigen.
In späteren Jahren kam Hughes immer wieder auf diese Nächte zurück. Er sagte, dass sie wie Männer aus der Vergangenheit gewesen seien, die sich am Feuer Geschichten erzählten, mit leiser Stimme erzählte, versponnene Geschichten, die man als Andenken an den anderen weitergab, als tradierte Weisheit der eigenen Zugehörigkeit.
*
Auch am dritten Tag
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