Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
Vom Netzwerk:
brachte die Sachen zum Haus der Gambles, wo Mrs Gamble sie als Pearls Eigentum identifizierte. Die Polizei wurde gerufen, und die Suche nach Pearl begann.
    Der Jugendliche erzählte, wie er an der Straße auf den Streifenwagen gewartet habe. Er sagte aus, dass er fünf Windhunde mit Maulkorb an der Leine gehabt habe. Die Staatsanwaltschaft ging näher auf die Windhunde ein, für die Jagd gezüchtete Geschöpfe, die Schnauzen hinter Lederbändern verborgen, weshalb sie aussahen wie mittelalterliche Bluthunde. Ein Bild, das der Staatsanwalt entwarf und das wie eine schlechte Vorahnung in der Luft hing.
    In Verbindung mit dem Fund von Pearls Leiche wurde auch Johnston als Zeuge aufgerufen. Er trug die volle Uniform, Gurt mit Schnalle und Messingknöpfen, seine Stiefel waren auf Hochglanz poliert, im Holster trug er einen schweren Revolver der Marke Smith & Wesson. Johnston betrat den Zeugenstand, sein Tonfall war streng. Er strahlte eine Autorität aus, die man nur mit einer Gerichtsbarkeit in Verbindung bringt, die mit Menschen nichts mehr zu tun hat. Er berichtete, wie andere Teile von Pearls Kleidung am Rande des Stoppelfelds gefunden wurden. Ein schwarzer Seidenschal, ein zweiter brauner Schuh, ein Paar schwarze Schuhe. Ihre Handtasche, ihre Bürste, ihr Kamm. Zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens sollte Ronnie erklären, dass Pearl ein Paar braune Schuhe mitgenommen hatte, um darin nach Hause zu gehen. Ihr »Rock, ihre Bluse und Unterwäsche« lagen verstreut auf dem Stoppelfeld. Johnston beschrieb, wie er einen Blutfleck auf der Erde entdeckt, Eimer und Schaufel geholt und die blutgetränkte Erde in den Behälter gefüllt hatte. Pearls Leiche wurde um 12 Uhr 20 beim Weir’s Rock gefunden. Die Fotos des Schauplatzes und von Pearls Leiche wurden den Geschworenen übergeben. McCrink wusste, was sie sich ansahen, er kannte das besondere Licht bei Aufnahmen dieser Art. Man konnte erkennen, wie sich die Gedanken der Geschworenen von den Fotos rückwärts zum Angriff und zur grässlichen Tat der Nacht vorarbeiteten. Die verstreuten Kleider führten zur Leiche und zur Unterwäsche, raschelnde Unterwäsche . Dann konnte man sehen, wie die Blicke der Geschworenen zu Robert auf der Anklagebank schweiften, der dasaß, als wäre er nur beiläufig in die Vorfälle verwickelt.
    Johnston sagte aus, wie er Robert verhört hatte. Er beschrieb die »Hautabschürfungen« unter seinem rechten Auge, die Schnitte an Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand.
    Der Pathologe erläuterte die Einzelheiten der Todesursache. Der Tod war nicht durch die Stichwunden eingetreten, von denen eine das Herz durchbohrte, sondern durch Zuschnüren ihres Halses.
    Geschlagen, erdrosselt, erstochen.
    Johnston sagte über die umfassende Observation von Robert in den zwei Wochen nach dem Mord aus. Brown befragte ihn über den Vorfall am Fluss, bei dem Robert triefend nass auf die Polizeiwache gebracht worden war. Johnston bestand darauf, trockene Kleider seien der einzige Grund gewesen, weshalb Robert auf die Wache gebracht worden sei. Er bestritt, Robert eine Pistole an die Schläfe gehalten und ihm gesagt zu haben, dass er ihm »sein Gehirn wegbläst«, wenn er nicht ins Auto steige.
    Robert hörte der juristischen Beweisführung aufmerksam zu, während das Material präsentiert wurde, und studierte Lehrbücher. Wenn Zeugen in den Zeugenstand gerufen wurden, lehnte er sich mit ernster Miene in seinem Stuhl zurück. McCrink, der ihn vom Zuschauerrang des Gerichtes aus beobachtete, fand, dass er wie ein Unschuldiger posierte, bestrebt, dass die Geschworenen die Bestürzung eines fälschlicherweise angeklagten Mannes sahen, dass er gleichzeitig aber auch auf die Theatralik des Gerichts reagierte, das Schauspiel der Gesten, der Rhetorik. Der Tänzer, der Bodybuilder. Robert fühlte die Aufmerksamkeit des Publikums, ohne sich bewusst zu sein, welchen Preis diese Aufmerksamkeit hatte, ohne den Blutzoll zu erkennen.
    Robert hatte Brown, seinen Kronanwalt zuvor nie in seiner Robe gesehen. Er fand, dass er wie eine mittelalterliche Figur aussah, ein mit Perücke und Gehrock gekleideter Diener. Jeder Einzelne im Gericht erschien ihm wie eine Figur aus der Sagenwelt. Ein Gefühl, das in den sieben Tagen des Prozesses immer nachdrücklicher wurde. Die Leute auf den öffentlichen Rängen wirkten klein und weit entfernt, während die Leute, die vor den Richter gerufen wurden, in ihrer Bedeutung zu wachsen schienen. Er schaute zu Richter Curran empor und

Weitere Kostenlose Bücher