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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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Programm vor sich. Und so wie die Mannschaft derzeit kickt, ist es ziemlich utopisch, die Spiele in Stuttgart, München und Hamburg zu gewinnen.« Der Wagen hatte sich bis zur Kreuzung vorgearbeitet, und Anne bog rechts ab. Doch schon unter der Eisenbahnbrücke staute sich der Verkehr erneut. »Du hast mir noch gar nichts von deinem Besuch bei Rosenberg erzählt.«
    »Da gibt es nichts zu erzählen«, antwortete Beaufort »Ich war heute Mittag in der JVA, aber David wollte mich nicht sehen.«
    »Wieso das denn? Wo du ihm sogar noch einen guten Anwalt besorgt hast.«
    »Ich vermute, er ahnt, dass ich nicht ganz unschuldig an seiner Festnahme bin. Hätte ich bloß nichts zu Ekki gesagt. Ein feiner Kumpel bin ich.« Beaufort drehte den Kopf weg und schaute aus dem Beifahrerfenster, ohne etwas wahrzunehmen. Anne tätschelte seinen Oberschenkel.
    »Nimm es nicht so schwer. Schlimmstenfalls sitzt er so lange, bis der Mörder wieder zuschlägt.«
    »Ein schrecklicher Gedanke. Und wenn er es nicht mehr tut?«, fragte Beaufort zögernd.
    »Das glaubst du doch selbst nicht. Haben wir nicht gerade erst festgestellt, dass der Täter immer risikobereiter wird?« Noch eine Ampelschaltung, dann würde es der Journalistin gelingen, endlich links abzubiegen. »Nehmen die in der Soko deine Argumente denn ernst?«
    »Das weiß ich eben nicht. Wenn ich nur endlich Nachricht von Ekki bekäme! Ich habe zuletzt heute Morgen mit ihm telefoniert. Da hatte er mit dem neuen Leiter der Sonderkommission noch nicht gesprochen. Er hat gesagt, er ruft mich an oder schreibt wenigstens eine SMS, wenn er dort war.«
    Beaufort zog sein Handy aus der Gesäßtasche. Normalerweise steckte er es in seine Sakkotasche, aber für das Fußballspiel hatte er auf sein übliches Outfit verzichten müssen – Anne hatte ihm Freizeitkleidung verordnet. Es war keine neue Nachricht eingegangen, und auch die Mailbox war leer. Dann wählte er Ekkis Nummer, aber der meldete sich nicht. Enttäuscht legte er sein Mobiltelefon in die Mittelkonsole.
    »Wahrscheinlich gehen die Beamten hunderten von Hinweisen nach. Da kann es sein, dass deine nicht unbedingt an erster Stelle stehen.«
    »Meinst du, sie lassen David bis übermorgen wieder frei? Er wird doch für die Aufführung des Requiems gebraucht.«
    Anne zuckte mit den Schultern, da traute sie sich keine Prognose zu. Nachdem sie abgebogen war, ging es zügig voran. Zweimal musste sie ihre Parkberechtigung vorzeigen, wurde dann aber anstandslos auf den Presseparkplatz gelotst.
    »Vergiss deine Jacke und deinen Schal nicht«, sagte sie beim Aussteigen zu Frank, »es kann empfindlich kalt werden im Stadion. Ich habe sogar Thermounterwäsche an.«
    »Erstaunlich irgendwie, dass mein neuer Schal ausgerechnet schwarz-rot gemustert ist«, sagte Beaufort spöttisch angesichts der schwarz-rot gekleideten Heerscharen, die aufs Stadion zueilten.
    »Reiner Zufall«, grinste Anne und zupfte das Kleidungsstück an seinem Hals zurecht. Er gab ihr einen Kuss, und Hand in Hand reihte sich das Pärchen in den Strom der Fußballfans ein. Während sie an der Außenseite des Zeppelinfeldes entlanggingen, rückte das Frankenstadion immer mehr ins Blickfeld. Vor ihnen erhob sich ein moderner, geschwungener Bau mit grauen Betontribünen und blauen Außenpfeilern, die die weißen Dächer stützten. Mit dem ursprünglichen städtischen Stadion von 1928 im preisgekrönten Bauhaus-Stil hatte die heutige Arena mit ihren rund 45 000 Sitzplätzen nach mehreren Generalsanierungen keine Ähnlichkeit mehr. Und dennoch war das der Ort, an dem sich bei den Reichsparteitagen der Nationalsozialisten die Hitlerjugend versammelt hatte und als Kanonenfutter auf den kommenden Krieg eingeschworen worden war, wusste Beaufort. »Ihr müsst lernen, hart zu sein, Entbehrungen auf euch zu nehmen, ohne jemals zusammenzubrechen«, hatte Hitler einst von den Jungen verlangt. Hier schrie er 1935 auch die berühmt-berüchtigte Forderung heraus, dass der deutsche Junge »schlank und rank« zu sein habe, »flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl«. Jetzt ertönte dort aber keine Marschmusik, sondern die Club-Hymne »Die Legende lebt«, die von tausenden Fußballfans mitgesungen wurde.
    Als die beiden an den langen Schlangen vor dem Hauptzugang aufs Stadiongelände vorbeigingen und auf den weit weniger frequentierten Eingang zur Haupttribüne zusteuerten, fiel Beaufort der große Schriftzug easyCredit-Stadion ins Auge. Das Namensrecht war für etliche

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