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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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Kriegsspiele und Militärmanöver stattgefunden hätten. Doch wurde dieser Teil des Geländes nie vollendet, das halbfertige Märzfeld nach dem Krieg wieder eingeebnet und darauf zum Teil der neue Stadtteil Langwasser gebaut. Es blieb auch noch genug Platz für die Messe, die sich dort seit 1974 immer weiter ausbreitete und höchst erfolgreich war. Der Messestandort Nürnberg hatte es mittlerweile unter die weltweiten Top 15 geschafft. Die Große Straße wurde nur am rechten und linken Rand befahren, dafür waren je zwei Fahrbahnen ausgewiesen. Da sie eine Sackgasse war, herrschte kaum Verkehr. Ihre breite Mitte diente bei Veranstaltungen und Messen hauptsächlich als Parkplatz, dort konnten bequem vier Reihen Autos quer zur Fahrbahn stehen. Im Moment war nur eine Handvoll Fahrzeuge hier geparkt.
    Anne stieg aus und blickte die Große Straße hinauf in Richtung Norden. An ihrem Ende, direkt neben der Kongresshalle, stachen ihr ein Riesenrad und eine Achterbahn ins Auge. Dort war der Volksfestplatz, zu dem sie nachher noch gehen würde. Erst jetzt nahm sie die laue Frühlingsluft wahr. Die Journalistin entschied sich, noch ein paar Minuten auf Beaufort zu warten, schloss die Augen, streckte ihr Gesicht dem blauen Himmel entgegen und genoss den ersten warmen Sonnenschein nach drei Regentagen.
    Ein Taxi hielt neben ihr. Beaufort zahlte und stieg aus. Er trug ein dunkelgraues Cashmere-Sakko, hatte ziemlich verstrubbelte Haare und sah gerade unglaublich gut aus, fand Anne. Beaufort dachte Ähnliches über seine Freundin, als er sie die Sonne genießen sah und ihren kurzen Rock bemerkte, der Annes lange Beine perfekt zur Geltung brachte.
    Die beiden umarmten und küssten sich.
    »So schnell sieht man sich wieder«, strahlte Beaufort.
    »Ich dachte mir, dass dich die Angelegenheit hier interessieren könnte. Vielleicht hat es etwas mit der Leiche in der Ehrenhalle zu tun.«
    »Ich habe sogar auf mein Frühstück verzichtet, um zu dir zu kommen.« Er sah sich um und schaute skeptisch Richtung Norden. »Der Luitpoldhain ist allerdings ziemlich weit weg von hier, noch hinter dem Volksfestplatz. Das dürften fast zwei Kilometer sein.«
    »Jetzt sollte uns erst mal das Gebäude da interessieren.« Anne deutete auf den etwa 15 Meter entfernten wuchtig hohen Bau aus Glas und Stahl am Rand der Großen Straße, auf dem die Wörter ›Kongress-Center Ost‹ und ›Halle 7‹ prangten. Soeben trat ein Mann in schwarzem Anzug vor die Eingangstür und winkte ihr zu. Sie erwiderte den Gruß fröhlich und sagte zu Beaufort: »Das ist Hubertus von Hohenstein, der Sprecher der Messegesellschaft. Halt dich ein bisschen im Hintergrund, ja? Ich kann dich schlecht als Praktikant ausgeben.«
    »Ach, Hubertus von Hohenstein«, sagte er ironisch, »der scheint sich ja mächtig zu freuen, dich zu sehen. Ich weiche nicht von deiner Seite.«
    Anne zuckte mit den Schultern, und sie setzten sich in Bewegung.
    An der obersten Treppenstufe empfing sie der Messesprecher und schüttelte Anne ausgiebig die Hand. »Frau Kamlin, wie schön, Sie zu wiederzusehen! Wo haben Sie denn Ihre originelle Ente gelassen?«
    »Die wurde zuletzt immer reparaturanfälliger, leider. Sie war ja schon ein richtiger Oldtimer. Ich musste sie gegen ein fahrtüchtigeres Modell austauschen.«
    »Aber wenigstens die Farbe haben Sie beibehalten. Dieses Gelb passt gut zu Ihnen. Es ist so fröhlich und optimistisch.« Er lachte begeistert, und Anne stimmte mit ein. Nur Beaufort schaute leicht säuerlich drein.
    »Und wen haben wir hier?«, wandte sich von Hohenstein freundlich an ihn.
    »Pagens-techer, Daniel Pagens-techer«, sagte Beaufort im breitesten Hamburgerisch, wobei er über einen spitzen Stein stolperte, indem er das s vom t sorgfältig getrennt aussprach. »Ich bün ein Koolleege vom Noorddeutschen Rrundfunk. Wir machen da rregelmäßich so gegenseitiche Visitatioonen.«
    »Kommen Sie aus Hannover? Die haben da ja eine imposante Messe.«
    »Nee, aus Hamburch, aaber ich glaup, unsere Messe is bes-timmt nicht so grrooß wie Ihre.«
    Sie schüttelten sich die Hände.
    »Wie geht es denn Antje?«
    »Wie bidde?«
    »Na, dem Walross, Ihrem Logo.«
    »Ach, diiie Antje! Jaa, die is ges-torben.«
    Anne hätte es fast umgehauen, als Frank den Mund aufmachte. Sie kämpfte schwer damit, nicht loszulachen. Diese kabarettistische Ader hatte er ihr bislang immer vorenthalten.
    Derweil übte Hubertus von Hohenstein unverdrossen weiter Konversation.
    »Und wie gefällt es Ihnen hier in

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