Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Koch
Vom Netzwerk:
sich in die Kissen sinken.
    Ausgerechnet Tyler.
    Er hatte ihn doch früher schon berührt, auch im Gesicht, so was blieb gar nicht aus, doch niemals hatten seine Finger dabei derart gekribbelt.
    Der letzte Schlag gegen seinen Kopf. Oder der Tritt in den Rücken. So musste es sein. Ein Nerv war verletzt oder eingeklemmt. Darum prickelten die Finger so. Es würde wieder verschwinden. Nervös suchte er nach einer plausiblen Erklärung. Natürlich ging das wieder weg. Genauso wie dieses komisch flatterige Gefühl in seiner Magengrube, das er hatte, als er nach so langer Zeit Tys ungeschminktes Gesicht sah. Es hatte nichts zu bedeuten! Gar nichts!
    Aber etwas anderes war wichtig.
    Ryan musste ihn zeichnen. Jetzt sofort. Solange es noch frisch in seinem Gedächtnis verhaftet war. Ohne auf seine schmerzenden Rippen zu achten, zog er einen seiner Zeichenblöcke unter der Bettdecke hervor. Riss den Bleistift ab, den er daran geklemmt hatte. Die geprellte Hand tat furchtbar weh, doch er biss die Zähne zusammen.
    Vorsichtig zog er die Knie an, legte den Block darauf. Mit schnellen Strichen skizzierte er Tyler. Die Strähne hinters Ohr geschoben, ein samtig braunes Auge, sein Piercing. Die Narbe deutete er nur an. Die ersten Entwürfe gefielen ihm nicht. Entweder war der Ausdruck in seinem Gesicht nicht richtig, oder etwas anderes stimmte nicht. Verdammt! Es konnte doch nicht so schwer sein! Es war doch nur Tyler. Ein Auge und langes Haar! Sein Mund. Wieder zerknüllte er frustriert das Blatt, schmiss es zu den anderen auf die Erde.
    Einen Versuch hatte er noch. Ein letztes Blatt. Er schloss die Augen. Da war es wieder, ganz deutlich sah er es. Und er zeichnete. Seine Finger flogen nur so übers Papier. Als er fertig war, stockte ihm für einen Moment der Atem. Diesmal stimmte alles. Er hatte ihn genau getroffen. Den Ausdruck in seinem Auge. Zuerst war da Überraschung gewesen. Doch dann wechselte es. Es ging so schnell, dass es fast nicht zu sehen war. Doch es hatte sich tief in ihn hineingebrannt.
    Schmerz. Hoffnung. Und dann – erneuter Schmerz.
    Er hatte also recht gehabt mit seiner Behauptung. Tyler versteckte sich tatsächlich hinter diesem Prinzen der Finsternis . Wieder berührte er Tylers Wange mit den Fingerspitzen. „Was habe ich dir bloß angetan?“

 
Zwölf
    Ich lümmelte auf dem Sofa in der Garage herum, die Beine übereinandergeschlagen auf einer Holzkiste. Nach etwas mehr als einer Woche Bettruhe hatte Ryan hier alles wieder in Beschlag genommen und werkelte weiter am Wagen. Jetzt griff er zu Maske und Exzenterschleifer. Begann, die rechte Flanke des Mustangs abzuschleifen. Hin und wieder verzog er zwar noch das Gesicht, doch die schlimmsten Blessuren waren verschwunden, die Schmerzen schienen vergessen. Alles wieder gut.
    So war er schon immer gewesen. Ein Stehaufmännchen. Mister Sonnyboy.
    „Ryan Sonnenschein.“ Ja, ich war etwas gehässig, ich gebe es zu.
    „Im Gegensatz zu dir, oder was? Ist es das, was du ihm übel nimmst? Er lebt sein Leben weiter und du nicht?“ Dads prompter Einwurf kam mühelos gegen den Lärm des Exzenters an.
    „Was weißt du denn schon von meinem Leben, he?“, flüsterte ich so pampig, wie ich konnte, ohne laut zu werden. „Oder von Ryans? Meines gefällt mir so, wie es ist.“
    „Klar!“, höhnte Dad. „Dir gefällt es, deprimiert und ausgegrenzt zu sein. Das schwärzeste aller Schafe in dieser Stadt. Du scheinst nur eines zu vergessen: ich hänge jetzt schon eine ganze Weile mit dir ab, weiß also so einiges aus deinem jämmerlichen Leben.“
    „Mann, halt doch die Klappe!“ Ich schaltete auf Durchzug. Dieses Thema wurde mir jetzt doch zu persönlich. „Dein Gequatsche nervt!“
    „Ich sag’ doch gar nichts.“ Ryan hatte sich die Schutzmaske vom verschwitzten Gesicht gerissen und sah verwundert zu mir herüber. „Was ist los?“
    Ich spürte, wie mir unter der Schminke heiß wurde. Ich war so in Gedanken, ich hatte gar nicht bemerkt, dass der Exzenter nicht mehr lief.
    Fehlte mir noch, dass der mich für verrückt hielt. „Verdammt noch mal!“, fauchte ich. „Was glotzt du so? Mach einfach weiter und lass mich in Ruhe!“
    Ryan sah mich an, ein verletzter Ausdruck huschte über sein Gesicht, dann zuckte er die Achseln und brummelte etwas. Was, konnte ich nicht verstehen, denn gleichzeitig schob sich Ryan die Schutzmaske wieder vors Gesicht. Erneuter Lärm erfüllte die Garage.
    „Sind wir vielleicht etwas gereizt?“, fragte Dad amüsiert.
    „Bin ich gar

Weitere Kostenlose Bücher