Rescue me - Ganz nah am Abgrund
meinte, er hätte jetzt lange genug in der Garage rumgehangen, es sei Zeit für eine Abwechslung. Und damit er auch den Ernst der Veranstaltung erkannte, hatte sie ihm mit der Sperrung des Collegefonds gedroht. Bevor alles bezahlt sei. Also hatte er sich vorläufig in sein Schicksal ergeben. Allerdings hatte Ryan noch einen anderen Verdacht. Vermutlich wollte sie ihn mit dieser Aktion bloß von Tyler fernhalten. Hatte wohl Angst um sein Seelenheil! Mütter! Musste sie sich immer einmischen?
„Was soll ich denn hier?“, maulte er und gab dem Stuhl, der ihm im Weg stand, einen Stoß. „Wer will schon in dieser Einöde rumhocken! Ich bestimmt nicht!“
„Hör auf zu meckern!“ Natürlich hatte sie ihn gehört. „Als du klein warst, bist du gerne hier gewesen. Zieh deine Badehose an und geh schwimmen, wenn dir zu warm ist.“ Ungerührt stellte sie die Kiste mit Lebensmitteln auf den kleinen Tisch und begann diese auszuräumen. Brot und Aufschnitt, Pasta und ein Glas mit Basilikum Pesto, etwas frisches Gemüse, einen Plastikbehälter mit Fleisch und einen Schokoladenkuchen. Doch selbst der konnte ihn nicht trösten.
Verdammt. Er war nicht mehr klein! Auch wenn er gerade so ein Bedürfnis verspürte, rumzuzetern wie ein Kleiner.
Ryan wusste, mit seiner Mutter konnte er nicht diskutieren. Er ergriff seine Tasche und verschwand damit in dem winzigen Zimmer, in dem er schon früher immer schlafen musste. Die Wände waren mit dunkel gebeiztem Holz verkleidet, ein ausgeblichener und zerschlissener Läufer bedeckte den Fußboden. Das Mobiliar bestand nur aus einem uralten Hochbett und einem schiefen Regal für Klamotten. Auch hier drin war es brütend heiß. Er stieß das kleine Fenster hoch, es klemmte. Immer noch.
Wenn er über die dichten Büsche hinweg nach draußen schaute, konnte er Wasser sehen. Er reckte den Hals etwas. Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees schien auch jemand zu sein. Ein Mann stand da und angelte. Ob er Glück hatte, vermochte Ryan nicht zu erkennen.
Die Mühe, seine Tasche auszupacken, machte er sich nicht. Warf sie einfach aufs untere Bett und machte, dass er wieder raus an die Luft kam. Seine Klamotten klebten ziemlich unangenehm an seinem Körper, und mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Vom See her kam meistens ein kleines Lüftchen, es würde diese Hitze etwas erträglicher machen. Und wer wusste es schon, vielleicht würde er ja doch einen Sprung vom Steg wagen.
Seine Mutter hatte auf der Veranda, die einmal um die Hütte herumging, schon die Gartenmöbel bereitgestellt. Nun lag sie auf einer der beiden Liegen, mit Sonnenhut und Brille bewaffnet, und las. Als sie ihn kommen hörte, schaute sie auf.
„Na, siehst du!“, rief sie zufrieden. „Es gibt tatsächlich auch ein Leben außerhalb der Garage. Dein Dad hat es auch immer vergessen.“
Missmutig schmiss er sich in den klapprigen Liegestuhl, der daraufhin drohend krachte. Was zum Teufel sollte er jetzt drei Tage mit sich selber anfangen? Es gab keinen Mustang. Und keinen Tyler.
Tyler. Dem hatte er nur eine ganz kurze SMS schreiben können, bevor der Empfang abriss. Hier am Wildwood Lake gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder ein schlechtes Netz oder gar keins. Hoffentlich stieg er durch den kryptischen Text auch durch!
„Es ist nicht nur der Wagen, Mom.“ Mit Tyler zusammen hätte er gerne eine Rudertour gemacht. Oder wäre im See geschwommen. Egal, was sie unternommen hätten, sie wären wenigstens zusammen gewesen. Team TyRy. Er rang sich ein Lächeln ab. „Das verstehst du nicht.“
„Nein, natürlich nicht. Ich bin ja auch schon alt und war noch nie verliebt.“ Seine Mutter linste über den Rand ihrer Sonnenbrille und lächelte liebevoll. „Ach Schatz, natürlich verstehe ich dich. Doch ich finde, du solltest auch mal wieder etwas Zeit mit mir verbringen, wer weiß, ob wir in diesem Jahr noch die Gelegenheit dazu bekommen werden. Tyler ist am Montag auch noch da. Und außerdem wirst du in einem Jahr sonst wohin aufs College gehen. Und dann sehen wir uns erst recht nicht mehr.“ Sie seufzte. „Dann hab ich nur noch meine Arbeit.“
Da sprach sie ein Thema an, welches ihn schon länger beschäftigte. „Du solltest es wie Peg machen“, schlug er vor. „Such dir einen netten Freund. Dann bist du nicht mehr alleine.“ Und er müsste nicht so dämliche Trips machen. „Einen mit einer Werkstatt am besten. Oder mit einem Autohaus. Wie wär’s?“
„Ich denke nicht. Ich bin
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