Rescue me - Niemand wird dich schützen
sie besser sein, wenn sie hoffentlich allein war.
Sie drückte den Knopf, um das Laufband anzuhalten, stieg hinunter und ging zum Kühlschrank. Den Mann, der hinter ihr Gewichte stemmte, würdigte sie keines Blickes. Nachdem sie sich mit einem kleinen Handtuch Gesicht und Oberkörper abgerieben hatte, holte sie eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank, trank sie in einem Zug halb leer und schraubte sie wieder zu. Dann atmete sie tief durch.
Hinter ihr wurde es still. Jordan hatte sein Gewichtheben beendet, und Eden zwang sich, sich zu ihm umzudrehen.
Abermals überraschte er sie. Seine gelassene Miene und Haltung gaben durch nichts zu erkennen, dass er vor weniger als einer halben Stunde noch überaus erregt gewesen war.
Sie hörten gleichzeitig auf, denn sobald Eden merkte, dass er Schluss machte, tat sie es auch. Ohnehin hielt sie es keine Sekunde länger aus, von ihm beobachtet zu werden.
Also zeigte sie auf die Tür zu ihrem Gästebad. »Wenn du willst, kannst du da drinnen duschen.«
Mit einem Lächeln, das ihr bis in die Zehenspitzen fuhr, verschwand Jordan durch die Tür.
Für einen Moment stand sie wie versteinert da und starrte auf die geschlossene Tür. Derweil schossen ihr Bilder durch den Kopf, die sie nicht sehen wollte.
Gott steh mir bei! Eden nahm die Wasserflasche wieder aus dem Kühlschrank und schüttete auch den Rest herunter wie ein dehydrierter Hafenarbeiter. Im Stillen verfluchte sie ihre Dummheit, lief in ihr Bad und hoffte inständig, dass es stimmte, was man über Erregung und kaltes Wasser sagte.
Unter dem kühlen Duschstrahl stellte Eden sich einigen Fakten. Vor langer Zeit hatte sie festgestellt, dass ihr eine eingestandene Schwäche nicht zum Verhängnis werden konnte. Sie war nach wie vor von Jordan fasziniert. Na bitte. Jetzt war es heraus und konnte ihr somit nicht mehr zusetzen. Und sollte sie nicht eigentlich froh darüber sein? Wie lange hatte sie bezweifelt, überhaupt noch ein so normales Gefühl wie beispielsweise sexuelles Interesses zu besitzen? Sie hatte geglaubt, derlei Regungen wären brutal aus ihr herausgeprügelt worden. War es da nicht gut zu wissen, dass sie sich nach alldem doch noch ein bisschen Normalität bewahrt hatte?
Sie stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und redete sich weiter gut zu. Jordan war ein gut aussehender, charismatischer Mann, und sie wusste, wie heiß seine Küsse sein konnten. Sie war zu vertraut damit, wie er schmeckte, wie er duftete und wie wundervoll sich sein Mund auf ihren Brüsten, ihrem Geschlecht angefühlt hatte. Ihr war bekannt, wie … Heiliger Strohsack!
Sie wusste doch genau, dass Jordan nur kurze Zeit für LCR arbeiten und danach wieder verschwinden würde. Bis dahin würde sie ihm keinerlei Anlass mehr geben, ihre Professionalität infrage zu stellen. Eden St. Claire ließ sich nicht unterkriegen!
Nachdem sie Verstand und Körper auf eine Linie gebracht
hatte, öffnete Eden die Tür und ging ins Wohnzimmer. Mitten im Zimmer blieb sie stehen, als sie Jordan erblickte. Sein feuchtes Haar schimmerte schwarzblau unter der Esszimmerlampe. Und sein träges, lässiges Lächeln radierte mit einem Wisch alles aus, was sie sich eben zurechtgelegt hatte.
»Ich habe schon mal den Korb ausgepackt und den Tisch gedeckt. Das ist hoffentlich okay.«
Sie bekam kein Wort heraus.
»Eden, geht es dir gut?«
Nachdem sie sich im Geiste einen Tritt in den Hintern gegeben hatte, nickte sie und zwang sich, auf den Tisch zuzugehen. »Ja, mir geht es bestens. Ich überlegte nur gerade, ob ich gestern dran gedacht habe, Kaffee zu kaufen.«
Eine weitere bescheuerte Ausrede, aber zum Glück funktionierte sie, denn er grinste. »Das will ich hoffen. Kaffee wäre prima zu dem Dessert, das ich mitgebracht habe.«
»Ich sehe schnell nach.« Sie rannte förmlich zum Küchenschrank, riss ihn auf und sah hinein. Da er jeden Moment misstrauisch werden würde, schnappte sie sich die Kaffeedose und wandte sich ab.
Konnte sie das wirklich machen?
Sie musste!
11
Alfred stützte den Kopf in die Hände. Es war seit Stunden dunkel, doch er hatte die Lampe neben sich nicht eingeschaltet. Der prachtvolle Schreibtisch, den er sich vor Jahren anfertigen ließ, vermochte ihm keinen Trost zu spenden, und der bequeme Ledersessel, den Inez ihm schenkte, nachdem sie ihre erste Million gemacht hatten, war keine Wohltat für seinen müden Körper. Sein Herz blutete, und sein Wille war fast gebrochen, denn sein ältester Sohn war tot. Verantwortlich dafür
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